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Modellbau
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mini-sail
e.V. |
mb-07-29.htm; 11.2007
© erschienen in SchiffsModell 9/2006
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Gemüseewer „F r i e d a”
Baubericht von Dieter Kutsche
F r i e d a / E l f r i e d e
ein Ewer von der Lühe, auch Obst oder Gemüseewer genannt.
Die hölzernen Ewer unter Segeln waren die Packesel auf der Niederelbe. Bei diesen Schiffen gab es
Bautraditionen, die ihre Vorgaben durch die Eigenarten der Werften, oder die der Fahrtgebiete
erhielten. Die Baustile wurden von den Schiffbauern und den künftigen Eignern bestimmt. Die
Baumaße orientierten sich vornehmlich an den zu befahrenden Flüssen, Kanälen, Schleusen und
Häfen. Nach Einführung des Eisens in den Schiffbau wurden schon in den 70er Jahren des vorigen
Jahrhunderts eiserne Ewer gebaut, aber diese hatten noch einen hölzernen Boden. So wurde erst
1899 (nach J. Kaiser) der erste volleiserne Ewer bei Jacobs in Moorrege gebaut, der Werft auf der
dann auch 1904 der Giek-Ewer Elfriede entstand. Er wird auch Lühe-Ewer genannt, weil er für den
Obsttransport aus den Gebieten an der Lühe geplant war und somit eine Länge haben mußte, mit der
auf dem Oberlauf des Flusses noch gewendet werden konnte zu dem Namen "Frieda" komme ich noch
später zurück.
„Frieda” auf großer Fahrt, ohne
Toppsegel
Der künftige Verwendungszweck "Obsttransport" bestimmte ein weiteres bauliches Merkmal der
Elfriede. Obwohl der Rumpf aus Stahl gebaut worden war, wurden das Deck und die Lukensülls aus
Holz gefertigt, damit im Laderaum ein stabileres Klima herrschen kann. Charakteristisch für die
Stahlewer ist das Rundgattheck, an dessen steilem Steven das Ruder hängt, weiches mit einer Pinne
bewegt wird.
Hafen in Sicht
Rundgatts verdrängten die sonst auch bei eisernen Ewern üblichen Segelschiffhecks. Sie boten bei
der ohnehin schon eingeschränkten Länge (Alstermaß, Lühemaß, Lägerdorfermaß, etc.)eine bessere
Nutzung des umbauten Schiffsraums.
Die Elfriede hat eine Länge von 14,75m. Zwischen den Steven und eine Breite über alles von
4,75 m. Das Längen/Breiten-Verhältnis von 3,2 ist sehr niedrig, bei den meisten Ewern ist es um 4
oder sogar darüber. Außerdem ist die Elfriede sehr völlig gebaut. An der Küste würde man sagen,
sie ist eine breite, dicke Flunder. Am 20. Januar 1904 unterschrieb der Schiffer C. Wilhelmi aus
Bützfleth und der Schiffbauer J. Jacobs aus Moorrege eine Vereinbarung über den Bau eines
eisernen Ewers, zu einen Preis von 5.100 Mark. Der sich aber um 100 Mark erhöhte durch den Einbau
eines Schraubenstevens. Er war damit der kleinste volleiserne Ewer, den Jacobs je baute,
wahrscheinlich der kleinste seines Typs überhaupt. In den Jahren von 1904 bis etwa 1980 hatte der
sonst so schmucke Segler viele Eigner und Umbauten über sich ergehen lassen müssen, bis ihn das
Altonaer Museum erwarb.
Bug der „Frieda”
Zum Bau der Frieda
Das Modell wurde wie üblich in Spantbauweise über Kopf auf einem Hellingbrett hergestellt. Die
12 Spanten wurden aus lO mm Sperrholz, Bug und Hecksteven aus lO mm Buche erstellt. Nach dem die
Spanten ausgerichtet und fixiert waren, begann das Beplanken, mit 3mm Eichenplanken. In der Mitte
des Rumpfes wurde eine Vertiefung von 35x27x2 cm ausgearbeitet, um darin später eine abnehmbare
Bleiplatte (Ballast) aufnehmen zu können. Das Gewicht der gegossenen Bleiplatte, die mit drei
Madenschrauben im inneren des Rumpfes beim segeln gehalten wird, beträgt 10 kg. Der fertig
gebaute Rumpf wurde dann mit einer dünnen Glasgewebematte und Epoxydharz versiegelt. Auch der
Innenraum wurde mit Epoxydharz Versiegelt. Danach bekam der Rumpf sein Stahlkleid, in Form von
dünnen Alublechen. Die Nieten wurden mit einem Zahnrad, aus einem alten Wecker, das ein bißchen
umgeändert wurde, durch gedrückt.
Das Heck des Ewers
Jetzt kam die Zeit um mir langsam Gedanken zu machen, was ich so alles in den Rumpf einbauen
wollte. Eine Segelwinde für das Ruder, das an Deck über Taljen geschoren wird. Eine zweite für
die Vorsegel, die dritte für das Großsegel. Das charakteristische der Plattbodenschiffe sind aber
seine Seitenbretter, die ein Abdriften beim Segeln verhindern sollen. Wie steure ich die
Seitenbretter an? Jetzt ist guter Rat angesagt. Mit Mechanik, habe ich nicht viel am Hut. Auch
nach Rückfragen unter Classic-Kollegen, kam ich nicht weiter. Mir blieb nichts anderes übrich,
als noch einmal in die Tasche zu greifen und noch zwei Segelwinden zu kaufen, um beide
Seitenbretter unabhängig von einander zu bedienen.
Ankerwindemit umlegbarem Klüverbaum
Weiter bekam die Frieda noch einen Hilfsmotor, samt Fahrtenregler, da ja vom Original her ein
Hilfsmotor vorgesehen war.
Nach dem die Winden, Motor und sonstige Kleinteile, alle ihren Platz gefunden hatten, begann
das Beplanken des Decks. Die einzelnen Planken sind aus 2 mm dicker Tanne. Die Kalfaterung
besteht aus schwarzen Wollfäden, die in die Zwischenräume der einzelnen Planken gedrückt wurde.
Nach dem die Fäden fixiert waren, bekam das ganze Deck einen mehrmaligen Anstrich mit verdünntem
G4 auf.
Blick von oben auf das Vordeck, mit Logisniedergang und
Obstkisten
Schon im Winter hatte ein Clubmitglied, nachfragen an das Altonaer Schifffahrtsmuseum gerichtet,
wo die „Elfriede” liegt und ob eine Chance besteht das Schiff zu besichtigen. Ein
Telefongespräch vom Museum gab uns die Auskunft daß die "Elfriede" zur Zeit in Wischhafen im
Hafen liegt und wir sie besichtigen dürften. Da der Winter in diesem Jahr aber, bis weit in den
Frühling sich verlagerte, mit viel Schnee und Eis und dadurch eine Fahrt in den hohen Norden
unmöglich machte, konnten wir keine Fotos von dem Ewer machen. Aber es juckte doch in den Fingern
den angefangenen Rumpf weiter zu bauen. So baute ich nach dem Plan (Poster) vom Museum meinen
Modellrumpf weiter.
Nachdem die Straßen wieder Schnee und Eis frei waren machten wir uns auf den Weg nach Wischhafen,
um dort etliche Filme zu verknipsen.
Schiffsjunge „Hinrich” mit seiner
Werkzeugkiste
Nach der Auswertung unserer Fotos entdeckte ich einige Unstimmigkeiten vom Plan zum Original. Da
ich aber nicht gewillt war, meinen fertig gebauten Rumpf abzuändern oder neu zu bauen, so änderte
ich was am einfachsten war, den Namen. So kam mein Ewer zu seinem Namen „Frieda”.
Auf dem Weg zum Markt
Die Elfriede, wie schon gesagt, besitzt nur einen Mast der in einem Mastkoker steht um den Mast
bei Brückendurchfahrten zu legen Es galt jetzt diesen und die zugehörigen Bäume, das sind der
Großbaum und die Gaffel her zu stellen. Aus Tanne wurde der erst viereckig und dann konische
Mast, auf einer Vorrichtung wie auch die anderen Bäume hergestellt. In einer weiteren Bauphase
den auch umlegbaren Klüverbaum.
Kapitel: Blöcke
Einmal ist über deren verschiedene Herstellung schon so viel geschrieben worden, daß ich nur
kurz auf meine 30 Blöcke, für den Ewer eingehen möchte. Die Maße der Blöcke gehen von 6 mm bis 22
mm, ein- und zweischeibige. Davon 12 mit Außenbeschlag.
Beiboot und Jütte – Vorrichtung zum Aufrichten des
Mastes
Nachdem die Blöcke alle hergestellt waren ging es daran sie an ihre vorgesehene stelle am Mast
anzuschlagen.
Nachdem die Arbeit abgeschlossen war, ging es an die Herstellung der Segel. Grundsätzlich nehme
ich für meine alten Arbeitsschiffe nur Baumwollstoffe für die Segel. Erst wurden für alle 4
Segeln Schablonen aus Pappe ausgeschnitten mit den für das Segel entsprechenden Dopplungen und
Nähte. Der Stoff wurde nun mit Zugaben zugeschnitten. Danach hieß es die Nähmaschine aus dem
Schrank zu holen. Erst ein paar Probenähte auf Stoffreste, um den richtigen Stich und Abstand bei
den Dopplungen herauszufinden. Die einzelnen Kleider sind bei meinen Segeln mit der sogenannten
„Falsche Naht“ genäht. Nach erfolgreichem Umgang mit der Nähmaschine war ich mit
meinem Resultat so einiger maßen zufrieden Jetzt kam das leidige Liektau an die Reihe, was einige
Stunden Arbeit bringt, aber weiter nicht ins Auge fällt. Genauso verhält es sich für die
Einzelnen aufgenähten Ösen.
Klau und Stag-Fockfall
Nach Fertigstellung der Segel ging es in die Lohe, das heißt bei mir, in die braune Textilfarbe.
Nach dem Trocknen und Bügeln wurden die Segeln an die Masten angeschlagen. Zuvor habe ich auf
meiner primitiven Reeperbahn, entsprechend dem Zweck, verschieden starke Taue geschlagen, die
jetzt zum Einsatz kamen.
Zwischenzeitlich waren die Kleinteile, die den Ewer als Obst- und als Gemüseewer kenntlich
machen sollten hergestellt. Das war vollbracht.
Topplicht
Was jetzt kam war die Erprobung auf dem Wasser. Aus Mitgliederkreisen der Classic wurde ich im
voraus schon auf das Fahrverhalten eines Plattbodenschiffes vorbereitet. Das sieht dann so aus:
Will ich eine Wende einleiten, so muß ich das Ruder, daß auch dem Maßstab 1:12 entspricht, schon
ein paar Minuten vorher legen ehe meine "Frieda" reagiert. Ansonsten ist der Ewer ein gutmütiger
Segler, zu sehen auf dem Wasser bei Freundschaftstreffen der "Classic" und auf dem eigenen
Vereinsgewässer.
Dieter Kutsche