son-11-05.png Diverses
Sonstiges
mini-sail e.V.icon-ms-040

son-11-05.htm; 10.2011

Schnellstartanleitung für den Segeleinsteiger
Standardfragen und einfache Antworten.

von Ralph Sutthoff zusammengestellt


Frage: Was unterscheidet ferngesteuerte Segelyachten von manntragenden Booten?
Antwort: Für manntragende Boote und Modelle sind überwiegend die gleichen physikalischen Gesetze von Bedeutung. Gravierende Unterschiede gibt es nur in Bezug auf die Fernsteuerung und im Umgang mit Leinen.

Frage: Welche ferngesteuerten Segelyachten gibt es?
Antwort: Als „RC-Segelyacht” bezeichnet man ein für Fernsteuerung optimiertes Boote ohne manntragendes Vorbild. Das macht diese vergleichsweise schlicht wirkenden Boote zuverlässig und schnell. Meist handelt es sich um Wettkampfboote. Für echte „Modelle”, die einem manntragenden Schiff nachgebaut wurden, hat sich die Bezeichnung „Scale” Yacht durchgesetzt. Leider besteht ein Zielkonflikt zwischen Vorbildtreue und der Optimierung für Fernsteuerung. Trotzdem bekommen fortgeschrittene Modellbauer sogar historische Rahsegler zum vorbildgetreuen Segeln. Schließlich gibt es faszinierend schnelle Mehrrumpfboote, die aber kentern können und sich schon daher für Anfänger nicht eignen.

Frage: Fällt es schwer, das RC-Segeln zu erlernen?
Antwort: Um die Grundzüge des Segelns zu lernen muss man nicht gleich einen A-Schein machen. Fachbücher gibt es für kleines Geld im Antiquariat oder im Internet zu kaufen. Ansonsten hilft ein Gang in die Stadtbücherei. Viele Informationen und Lexika der segeltechnischen Fachbegriffe findet man im Netz, z.B. auf dieser Webseite. Jedem Anfänger sei ans Herz gelegt, viele Seglertreffen zu besuchen und mit den RC-Skippern zu plaudern. Gut lernt man durch Beobachtung. Einem aufmerksamen Beobachter wird auffallen, dass die Boote ganz unterschiedlich schnell segeln, „Höhe laufen” und mit Wind und Flaute fertig werden. Er wird vergleichen und sich Gedanken über die Ursachen der Unterschiede machen.

Frage: Kann ich alleine dem Wind als Antrieb trauen?
Antwort: Wind entsteht durch das Aufeinandertreffen von kalten und sonnenerwärmten Zonen. Deswegen weht er vormittags stärker als abends und im Frühjahr und im Herbst stärker als im Sommer oder Winter. Ein Segelboot wandelt die Kraft des Windes in Antriebskraft um. Es braucht nur ganz wenig Wind um fahren zu können. Oft reicht schon der Temperaturunterschied zwischen Ufer und Wasser aus, eine Luftströmung („Thermik”) zu erzeugen. So macht mancher Segler trotz spiegelglattem Wasser gute Fahrt. Segeln bei Starkwind bereitet nur dem Fortgeschrittenen Spaß und sollte anfangs besser vermieden werden. Entsprechendes gilt für eine absolute „Totenflaute”. Auf vielen RC-Segelrevieren muss mit drehenden und unterschiedlich starken Winden gerechnet werden.

Frage: Komme ich nur mit dem Wind überall hin und auch wieder ans Ufer zurück?
Antwort: Eingeschränkt ja. Ein Segler kann nämlich nicht wie ein Motorboot jeden beliebigen Kurs zum Wind steuern. Dreht man den Bug direkt gegen den Wind („toter Winkel”) bleibt es stehen. Will der Segler ein Ziel gegen den Wind erreichen, muss er es vergleichsweise umständlich im Zick-Zack Kurs ansteuern („aufkreuzen”). Der spitzeste mögliche Winkel „hart am Wind” liegt bei etwa 30 Grad. Segler sprechen von der Fähigkeit „Höhe zu laufen”.

Frage: Wie stelle ich die Segel richtig ein?
Antwort: Eine einfache Faustformel für die Segeleinstellung besagt: Die Segel stehen richtig, wenn die geöffneten Segel gerade so weit „dichtgeholt” werden, dass sie aufhören zu flattern („killen”).

Frage: Was sind die wichtigsten Manöver?
Antwort: Geht das Boot mit dem Bug durch den Wind spricht man von einer Wende. Geht das Boot mit dem Heck durch den Wind, nennt man das eine Halse. Ein Segelboot bremst, indem man es in den Wind steuert („Aufschießer”) und die Segel öffnet („auffiert”). So legt man z.B. gekonnt an einem Steg an.

Frage: Wer hat auf dem Wasser Vorfahrt?
Antwort: Die wichtigsten Wegerechtsregeln lauten:
1. Motorboote weichen Segelbooten aus.
2. Bei Segelschiffen untereinander gilt:
a) „Backbord vor Steuerbord”
d.h., dass das Boot, bei dem die Segel auf der Steuerbordseite stehen, ausweichen muss und
b) „Lee vor Luv”
d.h. dass das Boot auf der windzugewandten Seite ausweichen muss
c) Wer Vorfahrt hat hält seinen Kurs damit er für den Ausweichenden berechenbar bleibt!
d) Verständige Dich am Ufer mit den anderen Seglern!

Frage: Welchen Gefahren drohen einem RC-Segelschiff auf dem Wasser?
Antwort: Andere als der Anfänger glaubt. Dazu ein paar Beispiele:
  1. Undichtigkeiten des Rumpfs infolge von Baufehlern führen zu Wassereinbrüchen und
    1. Problemen mit der Elektronik oder
    2. gleich zum Absaufen
  2. Segel reißen ein oder verlieren ihre Segellatten.
  3. Havarie zweier RC-Segelboote und anschließendem miteinander Verhaken
  4. Havarie mit anderen Booten oder sonstigen Hindernissen
  5. Wasserpflanzen beeinträchtigen die Fahrt oder machen sie sogar ganz unmöglich
  6. Wanten-, Stag- und/oder Mastbruch
  7. Ausfall der Ruderanlage
  8. Das Boot hat sich bei viel Wind soweit entfernt, dass man den Kurs mit bloßem Auge nicht mehr erkennen kann.
  9. Bei auffrischendem Wind oder dem Verlassen windgeschützter Bereiche läuft das Boot aus dem Ruder oder es verliert seine Manövrierfähigkeit.
    Dagegen sind zwei von Segellaien befürchtete Risiken statistisch irrelevant:
    1. Eine RC-Segelyacht (Monorumpf) kentert nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen. Und
    2. Die Chance, dass der Wind so plötzlich und vollständig einschläft, dass ein Segelschiff die kurze Distanz zum Ufer nicht mehr selbständig zurücksegeln kann, ist äußerst gering.

Frage: Wie komme ich als Anfänger am besten zu einem eigenen Boot?
Antwort: Wer den Bau eines Segelschiffes nicht schon als Selbstzweck betrachtet, sondern danach auch ambitioniert segeln möchte, der sammelt seine ersten Segelerfahrungen am besten mit einem preisgünstigen Gebrauchtboot. Schnell wird er lernen, worauf es beim Segeln ankommt und so bei seinem späteren Eigenbau viele Fehler vermeiden. Eine erfolgreiche Segelmodellbaukarriere beginnt bei Reparatur und Überholung eines Wracks, leitet über zu Bausätzen und endet irgendwann vielleicht beim Bau nach Plan. Man lernt selbst nach vielen Jahren ständig dazu.
Tendenziell brauchbare Segler finden Kaufinteressenten am ehesten in der Börse von RC-Network. Aus der allseits bekannten elektronischen Bucht fischt man dagegen selten echte Perlen. Meist stranden dort die Bastelwracks. Reparatur und Restaurierung kommen einen oft zeit- und geldintensiver als eine Neuanschaffung. Als Alternative ein Überlegung wert sind neue Montagebausätze oder Modelle, die (fast) nur noch aufgeriggt werden müssen („RTS” = engl.: ready to sail).

Frage: Woran erkenne ich als Anfänger ein solides Segelboot?
Antwort: Nachfolgend eine Checkliste mit Indizien zur Prüfung von Verkaufsangeboten.
Positive Indizien:
  • Baumaterialien aus GFK und CFK, ggf. Holz z.B. bei Klassikern Stabdeck bei klassischen Holzbooten;
  • Wanten und Stage aus Stahl oder Drahtlitze; umfangreiche Segel-Trimmmöglichkeiten, Baumniederholer oder ähnliche Vorrichtung;
  • Glatte, mehrbahnige Profilsegel mit Segellatten Segelnummer, Klassenzeichen und Nationalität im Segel;
  • Funktionstüchtiger Genuabetrieb, Pendelfock mit Fockausgleichsgewicht und Dierk, Verklicker (Windanzeiger) und andere Trimmhilfen, zweite Segelwinde oder Trimmservo
  • ein Angebot enthält detaillierte Angaben zu Verdrängung, Ballastanteil, Segelfläche, L.ü.a., KWL, Breite, Klasse oder Rennwert etc.
  • 100%ige Fahrbereitschaft

Negative Indizien:
  • Im Angebot wird die Höhe vorangestellt. (Richtige Kenngröße ist die Länge.)
  • Flautenschieber/Hilfsmotor (es sei denn ein echter Motorsegler)
  • Pinsellackierung, Zusatzstag zwischen Bugspitze und Masttopp,
  • Luftspalt zwischen Großsegel und Mast,
  • Fehlende oder schlechte funktionierende Schotensteuerung (s.u.),
  • Mast mit Vierkantprofil
  • Pendelfock ist ganz vorne an der Nock zum Deck angeschlagen,
  • elastisch weiche, labbrige, wellige oder zerknitterte Segel

Frage: Welches Boot ist für mich geeignet?
Antwort: Dazu einige Erwägungen.
  • Schiffe von 1 m Länge passen nicht nur aufgeriggt und fahrbereit in einen Kombi sondern lassen sich auch noch durch ein normales Treppenhaus tragen.
  • Mehrmaster müssen zwar etwas länger aufgetakelt werden, machen das Segeln technisch aber nur wenig komplizierter.
  • Ein Genuabetrieb (ein den Mast achterlich weit überlappendes Vorsegel) ist für Anfänger zu kompliziert.
  • Für den Anfang sollte das Boot eine Pendel- oder Selbstwendefock haben.
  • Kleinere Boote und Scale-Yachten sind in der Praxis anfälliger für Probleme und Baufehler.
  • Ein guter Einstieg kann ein ausgemustertes, nur durch die technische Entwicklung überholtes Regattaschiff sein („RC-Yacht”) sein.

Frage: Welche technischen Probleme gibt es bei Bau und Betrieb einer Segelyacht?
Antwort: Es gibt drei typische Probleme.
  1. Die Schiffe liegen nicht neutral auf dem Ruder, weil Segelschwerpunkt und Lateralplan nicht zueinander passen.
  2. Viele Schiffe sind mehr oder weniger undicht.
  3. Ausgesprochen fehleranfällig ist die ferngesteuerte Einstellung der Segel über Winden und „Schoten”. Grundsätzlich gibt es drei funktionierende Systeme:
    1. Direkte Einstellung über Segelverstellservo. Das ist ein starkes, langsames Servo mit etwa 180 Grad Einstellwinkel.
    2. Indirekte Einstellung der Schoten über eine Umlaufschot. Die eigentlichen Schoten hängen an einer vorgeschalteten Umlauf- oder Endlosschot, die von einer Segelwinde angetrieben wird.
    3. Die Schoten werden direkt von einer Segelwinde gesteuert, wobei das Aufwickeln auf die Windentrommel durch ein Gummiband (oder ähnliche leinenstraffende Vorrichtung) gesichert wird. Einige Hersteller sehen statt des Gummibands eine enge Haube über der Trommel vor. Diese Variante funktioniert nur unbefriedigend.
Systeme mit Segelwinden ohne Endlosschot, Haube oder Gummizug funktionieren überhaupt nicht! Der Bau einer Schotsteuerung von der Winde bis zum Segel, die unter allen Umständen optimal funktioniert braucht die Erfahrung vieler Jahre. Der Teufel steckt in den Details.
Davon abgesehen gibt es eine Reihe weiterer ferngesteuerter segeltechnischer Möglichkeiten, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen kann.

Frage: Welche Fernsteuerung brauche ich?
Antwort: Mit einem Computersender lassen sich die Stellwege der Winde am einfachsten begrenzen. Der linke Kreuzknüppel des Senders ist der Segelwinde vorbehalten und soll frei von Zugfedern selbständig seine zuletzt eingestellte Position beibehalten können. Längerfristig von Vorteil ist außerdem ein Sender mit einer Expo Funktion für das Ruder und einer erweiterten Ausstattung mit Proportionalschiebern, bzw. -drehknöpfen, Navysticks und einem Genuamodul.

Allen Segelanfängern wünsche ich einen erfolgreichen Einstieg in unser schönes Hobby.

Ralph Sutthoff
Seitenanfang Diverses/Sonstiges Neustart der Seite button7.gif
Nach so viel Theorie unten ein paar Bilder vom Hobby