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Gedanken zum Reglement der NSS-Klassen
von Werner Quurck
Auf der WM in Pirna gab es ja einige Schwierigkeiten mit dem Regelwerk und seiner Auslegung. Im Internet habe ich mal das Wort „Rennwertformel” eingegeben und verschiedensten Formeln gefunden, aber wie man lesen kann, glücklich sind die „Großen” damit auch nicht. Die Formel für klassische Jachten kommt mit der Bewertung der Bauausführungen unserer Baubewertung recht nahe. Aber auch hier wieder das altbekannte große Problem des subjektiven Beurteilens der Bewerter/Schiedsrichter. Es herrscht auch hier die Meinung vor, daß doch das seglerische Können auf dem See den Sieger einer Regatta ermitteln soll und nicht nur die Formeln. Für mich gilt immer noch der alte Spruch, den ich mal an der Nordseeküste hörte: ”Der beste Steuermann steht immer an Land”. Was hier ja die Besserwisserei ausdrücken soll, ist bei uns Wirklichkeit. Wir stehen an Land und steuern unsere Jachten und auf See soll der Sieger ermittelt werden!
Die Baubewertung:
Hier soll der Erbauer den Nachweis führen, daß er all das, was der Bauplan hergibt, auch
richtig und maßstabsgetreu auf dem Modell dargestellt hat und in welcher Qualität. Feststellen
soll das eine Bauprüfungskommission und den einzelnen Kriterien entsprechend Punkte vergeben,
max. 100 Punkte. Die Bauprüfungskommission bestand früher aus fünf Bewertern und das jeweils
beste und schlechteste Ergebnis wurde gestrichen. Die restlichen drei Ergebnisse gemittelt und
somit stand das Punkteergebnis fest. Diese Kommission wurde aus Personalmangel auf drei Bewerter
reduziert, auch um die Kosten für den ausrichtenden Verein zu verringern.
In der A-Klasse sind fast nur noch Jachten am Start, die Nachbauten von Regattajachten der
letzten Jahre sind, reine Zweckkonstruktionen. Was will man hier groß am Bau bewerten oder einen
Rennwert einsetzen? Sie sind doch fast alle gleich gebaut.
Diese drei Bauprüfer geben nun ihr subjektives Urteil ab, welches von den Teilnehmern oft nur
sehr schwer oder gar nicht akzeptiert werden kann.
Ich selbst habe es schon erlebt, daß eine Baukastenjacht nur 2 Punkte auf der Ergebnisliste
weniger hatte als mein Modell. Wobei mein Modell vom Kiel bis zum Flaggenknopf ausschließlich auf
meiner Werft entstanden ist. Dies ist keine Wertung gegen eine Baukastenjacht, sondern gegen die
Bauprüfung. Setze ich mal für einen Baukasten ca. 300 Stunden an, so brauchte ich für meine Jacht
über 2000 Arbeitsstunden. Dies kommt durch eine Bauprüfung überhaupt nicht zur Anerkennung. Für
mich die Konsequenz, diese Art der Bauprüfung ganz abzuschaffen. Mein Vorschlag einer Bauprüfung
geht dahin, daß die Modelle einer Kommission vorgestellt werden. Diese Kommission begutachtet
nun das Modell, ob es vorbildähnlich gebaut ist. Diese Prüfung erfolgt nicht bei einer Regatta,
sondern wird national vorab durchgeführt.
Die Antwort lautet: JA oder NEIN
Ein positives Ergebnis wird in den Meßbrief eingetragen und gilt nun für alle nachfolgenden
Regatten. Ein negativ bewertetes Modell muß der Eigner nachbessern und dann bei nächster
Gelegenheit der Kommission nochmal vorführen.
Das Wort „vorbildgetreu” mag ich überhaupt nicht, denn es bedeutet, daß ich ein
Original nachbaue; wir aber bauen Modelle.
Ich meine, daß es immer subjektiv ist, was bei einer Bauprüfung herauskommt. Bei jeder neuen
Bauprüfung bekommt man eine andere Punktzahl.
Denn nur was man mit dem Zollstock oder der Stoppuhr feststellen kann, ist objektiv.
Der Rennwert:
Hier wird aus dem Gewicht, der Wasserlinienlänge und der Segelfläche ein Rennwert errechnet
und dieser fließt dann mit in das Ergebnis ein.
Das heißt, wenn eine Jacht z.B. zwei Mal als erste über die Ziellinie geht, weiß der Steuermann
noch lange nicht, welchen Platz er erreicht hat. Bei den kurzen Törns die wir segeln, ist eine
Vorgabe völlig überzogen. Vielleicht kann der Rennwert nach vier oder sechs Stunden ausgeglichen
werden, aber nicht in einer Stunde, es sei denn man würde mit seinem Modell mit hohem Rennwert
vielleicht drei Mal schneller sein, als eine Jacht mit kleinem Rennwert.
Bei den Regatten, bei denen ich als Organisator oder Teilnehmer dabei war, habe ich es noch
nie erlebt, daß immer die gleiche Jacht als erste über die Ziellinie rauscht. Aus dieser
Erfahrung halte ich einen Rennwert für verzichtbar.
Entscheidend sollte immer die Leistung auf der Regattastrecke sein. So hatte ich z.B. einmal
einen 23sten Platz und in der Ergebnisliste stand ich dann durch den Rennwert auf Platz 46.
Die Regattastrecke sollte auch nicht bis ins kleinste Detail vorgeschrieben sein. Eine Vorgabe
ist sicher notwendig, wie Bojen, Steg und Rettungsboot sowie Schiedsrichter, die gut mit dem
Regelwerk vertraut sind. Aber auch die örtlichen Gegebenheiten sind zu berücksichtigen, die der
Ausrichter einer Regatta hat.
Diese Ausführungen möchte ich gern zur Diskussion stellen. Ist es nicht möglich, unser schönes
Hobby auf recht einfache Weise zu gestalten, ohne jeden „Tampen” genau vorzugeben? So
weit wie in Xanten bei der Gaffelsegelregatta - wo wir nur den Start vorgeben und dann wird
gesegelt - möchte ich hier nicht gehen. Die Teilnehmer, die immer am letzten Augustwochenende zu
uns kommen, sind jedenfalls voll begeistert, wie stressfrei bei uns die Regatta verläuft.
Natürlich geht so etwas bei einer Weltmeisterschaft nicht, aber etwas mehr Gelassenheit wäre
schon wünschenswert.
Auf eine Resonanz zu meinem Beitrag würde ich mich freuen.
Werner Quurk