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Aufsatz/Bericht
mini-sail e.V.icon-ms-040

son-09-02.htm; 11.2009

b00k.jpg Strandsegler „Marc I”

von Willi Pülmanns

Es war irgendwann im Zeitalter des Devon (benannt nach der englischen Grafschaft Devonshire), also in der Zeit von vor 416 bis 359 Millionen Jahren, als jenes grandiose Wunder eintrat, nämlich erste Wirbeltiere, primitive Amphibien betraten das Land.
Bis dahin hatte das Leben an Land aus Pflanzen und wirbellosen Tieren bestanden. Jetzt waren jene Kreaturen gefolgt, denen bis dahin nur das Wasser als Lebensraum zur Verfügung gestanden hatte und deren Entwicklung dann über die Reptilien, Dinosaurier, Säugetiere, zum frühen Menschen und letztlich zum Mini-Sailor geführt hat.
Über 350 Millionen Jahre später wiederholte sich das Ereignis. Ursprünglich auf das Wasser angewiesen, segeln Mini-Sail-Modelle jetzt auch an Land. Der Mini-Sail-Strandsegler ist entstanden, vielleicht auch hier der Beginn einer Entwicklung zur dominanten Spezies.

b01k.jpgGedacht als Mitbauprojekt für meinen jungen Freund aus der Nachbarschaft Marc Werner (10), soll dieser Segler seinen stolzen Besitzer auch dann die Möglichkeit geben, zu segeln, wenn man kein Wasser in der Nähe hat. Ein leerer Parkplatz, eine ruhige Sackgasse...eben eine schöne ebene freie Fläche und ab geht’s.
Der Vorteil ist: man kann nicht absaufen. Wenn mal was schief gehen sollte (oder besser fahren sollte), dann geht man hin, stellt das Gerät wieder auf und wieder los.

Der Strandsegler war in ca. 1 Woche fahrbereit, der Aufwand an Material, Zeit und Geld ist vergleichsweise gering. Ein paar Aluminium U-Profile und Alu-Blech, ein paar Messingrohre, eine M6-Gewindestange aus Messing für die Vorderradgabel, Rollen von Tretroller oder Inline-Skater.

b02k.jpgAus Alu-Profilen wird ein T zusammen geschraubt. Ein Messingrohr mit passenden Durchmesser für die Kugellager der Räder wird in das nach unten offene U der Alu-Profile gelegt, die den Querbalken des T bilden. Dort wo die Achse zur Mitte hin endet, wird sie und das Aluprofil durchbohrt und mit einer Schraube verbunden. Das Außenende des Alu-Profils wird mit Nylon-Faden umwickelt und dieser dann mit 2-Komponenten-Kleber eingeharzt. In den Faden wurde noch eine Kausch für die Wanten eingebunden. Die Achse wird nun durch die Schraube und die geharzte Wicklung in der Nut des Alu-Profils gehalten. Weitere Bohrungen im Profil schaffen die Möglichkeit, die Achse zu verstellen und damit die Spur zu verbreitern.

Das Vorderrad ist in einer Gabel gelagert, die einer Motorradgabel nachgebaut ist. Zwei speziell angefertigte Alu-Bleche geben der Gabel ihren Neigungswinkel. Das Servo für die Lenkung ruht auf zwei Holzstücken, die zwischen die beiden Bleche geklebt und geschraubt wurden, da, wo bei richtigen Motorrädern der Tank säße.

b03k.jpgAuf das Alu-T wird noch ein Dreieck aus Sperrholz aufgesetzt, das die Mastspur (Lochreihe, so daß der Mast mehrfach in Längsrichtung verstellt werden kann) und ein einfaches Kästchen für die Aufnahme der restlichen Fernsteuerung trägt.
Alles andere ist Takelung, bzw. Fernsteuerung, also wie gehabt.

Die erste Probefahrt zeigte, daß die Wanten und Stage nicht zu dünn bemessen werden sollten. Der Strandsegler war etwas zu zart besaitet. Immerhin hatte der Wind in Böen Stärke 6-7 Bft. (lt. Wetterwarnung) wodurch ein Want brach und der Mast umfiel. Ende der ersten Probefahrt.
Die Reparatur und Verbesserung (stärkere Verstagung) dauerte ca. 1,5 Stunden. Die zweite Probefahrt des Seglers am selben Tag ließ mich sofort an den Bau eines weiteren denken. Das Ding bringt Riesenspaß. Der Wind hatte immer noch nicht nachgelassen, aber derart verstärkt setzte der Segler dies nur noch in reine Geschwindigkeit um. Die Spurbreite war mit ca. 78 cm bei einer Länge von 88 cm völlig ausreichend. Einen kurzen Augenblick schien es, als wolle sich ein Hinterrad in die Luft erheben, fiel aber sofort wieder zurück.

b04k.jpgVor der ersten Fahrt hatte ich durch die besondere Art der Lenkung befürchtet, daß der Wendekreis wenigstens 3m beträgt. Diese Sorge erwies sich als unbegründet. Mit dem richtigen Anlauf und genügend Geschwindigkeit schien es, daß das Vorderrad nahezu auf einem Punkt verblieb und die Hinterachse um diesen Punkt herum driftete. Jedenfalls ergab sich dann ein Wendekreis von nicht mehr als einem Meter. Dabei bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr des Umkippens.

Fazit:
Das Ding ist nicht nur als Mitbauprojekt für Kinder geeignet, sondern ermöglicht auch außerhalb der Saison im Wortsinne „Trockenübungen”, die auch noch Spaß machen, und das alles bei geringem Zeit- und Materialaufwand.

Bei alledem bleibt noch Spielraum für weitere Verbesserungen. Einen Niederhalter für den Segelbaum, ein Segel mit verbessertem Schnitt sollen demnächst die „Am-Wind-Eigenschaften” weiter verbessern. Anstelle des einfachen Sperrholzaufbaus kann man hier seiner Phantasie freien Lauf lassen. Mal seh’n.


Bis denne
Willi


P.S.:
Wer sich jetzt wie gerädert fühlt, oder wie überfahren, dem sei versichert, ich bin nicht unter die Räder gekommen, sondern fahre total auf das Ding ab, und man fährt gut, wenn man nicht nur in verfahrenen Situationen nach dem Motto verfährt*: >>O fortunatos nimium sua si bona norint agricolas!<< (Lat.: Oh glückliche Landsleute, würden sie doch ihr Glück erkennen!**)

* im Gegensatz zu manch anderer Publikation habe ich hier mal (stellenweise) bewußt Unsinn geschrieben.
** aus: Asterix bei den Briten (Ausspruch eines mal wieder schiffbrüchigen Piraten)

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