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son-04-19; 05/2001

Das Urteil

Aus I.G. mini-sail-Kurier 04 / 2001

paragraph.gifEinigen von uns, insbesondere den eher in südlichen Gefilden angesiedelten Mini-Sailorn mag ein Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) über das Befahren von Gewässern mit Modellschiffen Kopfzerbrechen bereitet haben (siehe auch Beitrag von Peter Schuster im Kurier 03/01, S. 15).

So wie ich das Urteil lese, brauchen wir uns keine Sorgen um die Ausübung unseres Hobbys machen, solange wir bei dem bleiben, was wir ohnehin nur wollen: Segeln! Aber damit Ihr Euch selbst ein Bild machen könnt, in welchen Bereichen es für uns von Bedeutung ist, hier das Urteil selbst und seine Begründung im Wortlaut (Warnung: schwerer Tobak, weil lupenreines Amtsdeutsch):

  1. Zum Begriff des Einbringens von Stoffen in oberirdische Gewässer i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4 WHG.
  2. Das Zuwasserbringen von motorgetriebenen ferngesteuerten Modellschiffen und das Befahren des Gewässers mit diesen Schiffen ist ein Einbringen von Stoffen in ein Gewässer und deshalb nach § 3 WHG erlaubnispflichtig und nicht als Gemeingebrauch freigestellt.

Der Kläger, der in seiner Freizeit ferngesteuerte Modelle mit Elektromotoren oder methanolbetriebenen Verbrennungsmotoren bastelt, begehrt die Feststellung der Genehmigungsfreiheit des Befahrens von Gewässern mit diesen Modellbooten, nachdem der Kläger vom Landratsamt gem. § 56 OwiG verwarnt worden war:
Er hatte am 16.10.1994 ein ferngesteuertes Modellmotorboot auf einem Baggersee ohne die erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis fahren lassen und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen. Das Befahren von Gewässern mit Booten, die mit einem Antriebsmotor ausgestattet seien, stelle keinen Allgemeingebrauch i.S. des Art. 21 Abs. 1 BayWG, sondern eine Benutzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 WHG dar, wofür eine behördliche Erlaubnis nach §§ 2, 7 WHG erforderlich sei. Gleichzeitig wurde dem Kläger für den Fall, dass er erneut ein Modellmotorboot ohne die erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis in ein Gewässer einbringt, ein Bußgeldbescheid angedroht.
Der Klage festzustellen, dass das Befahren von Gewässern mit seinen Modellbooten bis zu einer Länge von 1,5m auch dann nicht der wasserrechtlichen Gestattungspflicht unterliegt, wenn sie mit Elektromotoren oder mit Verbrennungsmotoren ausgestattet sind, die eine Leistung von weniger als 2 PS haben und mit Methanol betrieben, sowie mit synthetischen Ölen oder mit Rizinusöl geschmiert werden, gab das VG statt.
Es meint, dass das Zuwasserbringen der Modellboote des Klägers nicht mehr unter den Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 4 zu subsumieren sei. Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg.

Aus den Gründen:
Die Klage ist unbegründet. Das Befahren von Gewässern mit den im einzelnen vom Kläger bezeichneten Modellbooten stellt eine Benutzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 WHG dar, die nach § 2 Abs. 1 WHG einer behördlichen Gestattung bedarf.. Ob und wie weit dieses Befahren dem Eigentümergebrauch nach § 24 Abs. 1 WHG unterliegt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung; der Klägerbevollmächtigte hat das Klagebegehren in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof dahingehend klargestellt, dass es ihm ausschließlich um das Nichtvorliegen eines Benutzungstatbestandes nach dieser Vorschrift geht.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 WHG ist Benutzung im Sinne dieses Gesetzes das Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer. Wie alle Benutzungsarten des § 3 WHG setzt auch das Einbringen von Stoffen eine Handlung voraus, die sich nach ihrer objektiven Eignung unmittelbar auf ein Gewässer richtet und sich seiner zur Erreichung bestimmter Ziele bedient (vgl. BVerwG vom 16.11.1973, BayVBl 1974, 438).
Von einer Benutzung ist nur auszugehen, wenn es darum geht, die natürlichen Eigenschaften des Gewässers, z.B. auch seine Tragkraft für Wasserfahrzeuge, zur Förderung bestimmter menschlicher Zwecke auszunutzen (vgl. Sieder/ Zeitler/ Dahme/ Knopp, WHG, Rdnr. 3 zu § 2).
Dies ist beim Befahren eines Gewässers mit motorbetriebenen Modellbooten der Fall. Nicht erforderlich ist ein “Verbrauchen” oder “Verändern” des Wassers durch die Benutzung (vgl. Czychowski, WHG, 7. Aufl. 1998, Rdnr. 5 zu § 3).

Der Begriff des “Stoffes”, der im WHG nicht näher bestimmt ist, ist weit zu verstehen (Czychowski a.a.O. Rdnr. 26 zu § 3) und erfaßt jede Materie, die vor dem Einbringen in das Gewässer nicht vorhanden war (Sieder/ Zeitler/ Dahme/ Knopp, WHG, Rdnr. 17c zu § 3).
In diesem Sinn stellt sich auch das Zuwasserbringen eines motorbetriebenen Modellbootes als Voraussetzung und Beginn des Befahrens eines Gewässers als Einbringen eines festen Stoffes dar. Soweit das Einbringen von Booten und Schiffen in ein oberirdisches Gewässer nicht als eine Gewässerbenutzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 angesehen wird vgl. Czychowski a.a.O. Rdnr. 28 zu § 3), beruht dies auf der Prämisse, das Zuwasserbringen solcher Wasserfahrzeuge stehe im untrennbaren Zusammenhang mit dem gemeingebräuchlichen Befahren der Gewässer oder der Ausübung der Schifffahrt (vgl. Czychowski a.a.O. Rdnr.28 zu § 3 und Rdnr. 28 zu § 23; Sieder/ Zeitler/ Dahme/ Knopp, WHG, Rdnr. 18 zu § 3; Sieder/ Zeitler/ Dahme/ Knopp, BayWG, Rdnr. 3 zu Art. 27).
Das ist jedoch beim Befahren mit motorbetriebenen Modellbooten nicht der Fall. Mit solchen Booten werden Personen oder Sachen befördert (vgl. Sieder/ Zeitler/ Dahme/ Knopp, BayWG, Rdnr. 9 zu Art 27) noch ist dieses Befahren dem Gemeingebrauch unterstellt; nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BayWG ist lediglich der Betrieb von Modellbooten ohne eigene Triebkraft als Gemeingebrauch gestattet.

Eine Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 3 Abs 1 Nr. 4 WHG auf Stoffe, die zur Auflösung oder zu anderer wasserwirtschaftlicher Verbindung mit dem Wasser eingebracht werden oder Stoffen, die im natürlichen Sprachgebrauch nicht mit eigenen Begriffen bezeichnet werden (vgl. vgl. Czychowski a.a.O. Rdnr.26 zu § 3), ist im Wortlaut dieser Bestimmung nicht angelegt und steht auch im Widerspruch zur Regelung des § 17a S. 1 Nr. 2 Buchst. B WHG, wonach das vorübergehende Einbringen von Stoffen in ein Gewässer unter bestimmten Voraussetzungen genehmigungsfrei ist.
Der Gesetzgeber verstand unter den Stoffen i.S. d. § 17a WHG z.B. auch Behelfsbrücken, Rampen oder Bojen und damit einheitlich bezeichnete Gegenstände, die aus mehreren Stoffen zusammengesetzt sind (vgl. Ennuschat, UPR 1999, 179/181).
Vor allem widerspricht eine solche Beschränkung aber der Zielsetzung des WHG. Wie sich aus § 1a Abs. 1 WHG ergibt, der bei der Auslegung der sonstigen Vorschriften des WHG zu berücksichtigen ist (vgl. Sieder/ Zeitler/ Dahme/ Knopp, WHG, Rdnr. 3 zu § 1a), sind die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushaltes und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern und so zu bewirtschaften, dass sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen einzelner dienen und vermeidbare Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen unterbleiben.
Eine einengende Auslegung des Reglungsgehaltes des § 3 Abs. 1 Nr. 4 WHG, bei der solche, mit der Einwirkung auf ein Gewässer verbundenen Beeinträchtigung außer Betracht bleiben würde, läßt sich mit der Zielrichtung des § 1a Abs. 1 WHG nicht vereinbaren.

Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass durch den Betrieb von Motormodellbooten insbesondere wegen der relativ hohen erreichbaren Geschwindigkeiten und der Lärmentwicklung Nutzungskonflikte mit Badenden- wenn nicht sogar Gefährdungen von Badenden- sowie Störungen des Gewässers als Lebensraum für Pflanzen und Tiere auftreten können.
Insoweit unterscheidet sich der Betrieb von motorbetriebenen Modellbooten auch vom Fahren lassen z.B. mechanisch aufziehbaren Spielzeugbooten ohne eigene Triebkraft durch Kinder oder vom Werfen eines Steins in ein Gewässer, wobei allenfalls unerhebliche Beeinträchtigungen auftreten können.

Im übrigen ist auch der bayrische Gesetzgeber bei der Änderung des Bayrischen Wassergesetzes (...) davon ausgegangen, dass der Betrieb von Modellmotorbooten wegen seiner Auswirkungen auf das jeweilige Gewässer- nicht zuletzt auch in dessen Funktion als Lebensraum für wildlebende Tiere- keinen Gemeingebrauch darstellt, sondern der wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf (vgl. Sieder/ Zeitler/ Dahme/ Knopp, BayWG, Rdnr. 7e zu Art. 21). Nach Art 21 Abs. 1 S. 1 BayWG, i.V.m. Art. 22 BayWG gehört lediglich der Betrieb von Modellbooten ohne eigene Triebkraft zum Gemeingebrauch.
Darüber hinausgehend können die Kreisverwaltungsbehörden durch Rechtsverordnung und Allgemeinverfügung oder Anordnung im Einzelfall bestimmen, an welchen Gewässerteilen weitere Tätigkeiten der Sportausübung und Freizeitgestaltung, insbesondere auch das Betreiben von Modellbooten mit Motorantrieb, als Gemeingebrauch zulässig ist.


mini-sail ahoi
Peter Schuster

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