Diverses
Recht |
mini-sail e.V. |
Modellboote und Wasserrecht
Und sie dürfen doch fahren.
Kaum ein vernünftiger Mensch wird beim betreiben von Modellbooten auf kleinen Gewässern auf den Gedanken kommen, daß damit ein rechtlich relevanter Sachverhalt verwirklicht wird.
Diese Art des Hobbys kann doch, so wird jeder sagen, kaum zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Umwelt führen. Und dennoch hat ein solcher Sachverhalt zu einem für Modellbootenthusiasten entscheidenden positiven Urteil geführt, das wegen seiner faktischen Präjudizwirkung allgemein bekannt werden soll.
Der Sachverhalt:
Unser Modellbootkollege, nennen wir ihn einfach P.P., fährt im Oktober 1994 ein ferngesteuertes
Modellboot auf einem Baggersee in der Nähe von Heimertingen (Bayern). Es ist ca. 1 m lang und mit
einem 2-Takt-Motor bestückt. Zuvor hatte sich P.P. selbstverständlich das Einverständnis des
Grundstückeigentümers für das Befahren seines Baggersees eingeholt.
Verwaltungsrechtliches Verfahren:
Dieses Verfahren von P.P. setzt ein sog. verwaltungsrechtliches Verfahren in gang. die
Polizeidirektion in Krumbach zeigte P.P. beim Landratsamt Unterallgäu mit dem Sitz in Mindelheim
(Bayern) an. Sie befand, P.P. habe eine Ordnungswidrigkeit begangen. diese Auffassung vertrat
auch das Landratsamt Unterallgäu und drohte Herrn P.P. mit dem Erlaß eines Bußgeldbescheides. Zur
rechtlichen Begründung führte das Landratsamt in einem Anschreiben vom 19.01.95 an Herrn P.P.
aus: "Das Befahren von Gewässern mit Booten, die mit einem Antriebsmotor ausgestattet sind, ist
kein Gemeingebrauch im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Bayer. Wassergesetz, sondern stellt eine
Benutzung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) dar und bedarf somit der behördlichen
Erlaubnis (§ 2 Abs. 1 WHG). Sie haben ohne die erforderliche Erlaubnis das Modellboot in den
Baggersee "Gaum" eingebracht. Dadurch wird der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gem. § 2 Abs.
1 iVm § 42 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. WHG erfüllt".
Im Klartext:
Wer gelegentlich ein Bötchen auf einem kleinen Gewässer wie einem Baggersee ferngesteuert
betreiben will, bedarf einer wasserechtlichen Erlaubnis, wer das ohne Erlaubnis durchführt, kann
mit Geldbuße bestraft werden.
Der Rechtsstreit vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg:
Nachdem der Autor dieser Zeilen Anfang ´95 gebeten worden war, als Rechtsanwalt die Interessen
des Modellbaukollegen P.P. zu übernehmen, wurde aufgrund von eingaben und Telefonaten auf den
Erlaß eines Bußgeldbescheides mit Schreiben des Landratsamts Unterallgäu vom 08.03.95 verzichtet.
Gleichzeitig wurde P.P. jedoch wegen des geringfügigen Vergehens verwarnt und nochmals die jetzt
festgestellte fehlerhafte Rechtsauffassung (siehe obige Begründung) wiederholt.
Damit hätte man sich begnügen können, wäre nicht die Androhung zukünftiger Festsetzung von Geldbußen gewesen. Herr P.P. drängte im übrigen - zu Recht, wie wir heute wissen - auf eine Klärung des Grundsätzlichen. Er wollte wissen, ob sein Hobby tatsächlich ordnungs- oder gar strafrechtlich Folgen auslösen könnte.
Daher fertigte ich am 06.04.95 (!) eine sog. Feststellungsklage gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt Unterallgäu mit dem Sitz in Mindelheim. Antragsziel war es festzustellen, daß das Befahren von Gewässern mit Modellbooten, die mit einem Antriebsmotor ausgestattet sind, nicht der wasserechtlichen Erlaubnis bedarf.
Nach mehr als eineinhalb Jahren wurde dann ein für die Modellbootfahrer erfreuliches Urteil verkündet.
Das Urteil:
Nach mündlicher Verhandlung am 16.01.97 urteilte das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg:
"Es wird festgestellt, daß das Befahren von Gewässern mit Modellbooten des Klägers bis zu einer
Länge von 1,50 m und einer maximalen Antriebskraft von 2 PS nicht der wasserechtlichen
Gestattungspflicht unterliegt, wenn die Boote mit Elektromotoren oder methanolbetriebenen
Verbrennungsmotoren ausgestattet sind, die mit synthetischen Ölen oder Rizinusöl geschmiert
werden".
Damit schloß sich das Gericht den Ausführungen des Autors an, wonach für das Befahren von Gewässern mit Modellbooten keine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich ist, weil kein relevantes "Einbringen von Stoffen" in das Gewässer vorliegt. Darüber hinaus fehlten konkrete Anhaltspunkte, die auf eine schädliche Veränderung des Wassers hindeuten würden. Insgesamt sei dieses Hobby eine gestattungsfreie Benutzung des Gewässers. Dies gelte insbesondere, wenn - wie im vorliegendem Fall - eine Eigentümererlaubnis vorliege.
Der Kommentar:
Das Urteil ist nicht nur für Modellbootbetreiber in Bayern, sondern bundesweit richtungsweisend.
Es stellt klar, daß das Betreiben von solchen booten auf Gewässern keine Umweltgefährdung
darstellt. eine vorherige Einholung einer wasserrechtlichen Erlaubnis, dies hat das Gericht in
der mündlichen Verhandlung ausgeführt, sei auch verwaltungstechnisch kaum durchführbar.
Das Ergebnis dieses Urteils ist, daß zumindest bei Gericht der gesunde Menschenverstand obsiegt
hat.
Bleibt nur noch anzumerken:
Dies wäre z.B. eine schöne Aufgabe des nauticus als Dachverband aller Schiffsmodellfahrer
gewesen. Und vielleicht könnten sich andere Institutionen und Instititionierte daran ein Beispiel
nehmen, daß Handeln und Wirken mit gesundem Menschenverstand Vorrang im Interesse aller haben
sollte, noch vor der dem eigenem Egoismus.