Diverses
Aufsatz/Bericht |
mini-sail e.V. |
Die Mischung macht's!
Uwe Kreckel hat sich gefragt: Warum bin ich eigentlich Mitglied
der mini-sail?
Er kommt zu der Antwort: Die Mischung
macht's!
Um die Frage zu beantworten, muß ich zurückblicken auf die Anfänge meiner Schiffs-Modellbautätigkeit: Nach dem Bau vieler Panzer und Flugzeuge (Plastikbausätze) wurde ich an einem Baggersee als Zuschauer von dem Modellsegelvirus infiziert: Zwei Jugendliche kamen mit ihren ferngesteuerten Seglern (wahrscheinlich waren es M-Boote) und nutzten den letzten Abendwind für einen kleinen gemeinsamen Segeltörn. Von dieser Szene zweier lautlos über den See ziehender Segler war ich sehr beeindruckt.
Leider hatte ich als Student nicht die nötigen Mittel, sofort ein Boot kaufen zu können. Also nutzte ich die Möglichkeit eines ortsansässigen Modellbauhändlers zum Verkauf meiner umfangreichen militärischen Sammlung über sein Schaufenster. Es fand sich hier wohl auch ein Liebhaber, der nahezu die gesamte Sammlung auf einmal kaufte. So war ich bald in der Lage mir einen Sonderangebots-Baukasten zu kaufen, und obwohl mir der Händler davon abriet mit einem Segelboot zu beginnen, kaufte ich das Modell und ein Fachbuch über Modellsegeln.
Als das Modell dann erfolgreich segelte, suchte ich Kontakt zu anderen Modellbauern. Dies war nicht ganz einfach. Der Händler vertrat überzeugt die Meinung, daß Segelboote sehr gut für das Schaufenster und die entsprechenden Seiten im Katalog sind, denn sie ziehen die Aufmerksamkeit der Kunden auf sich, aber sie sind als Modelle viel zu schwierig zu betreiben. Hier war also keine Hilfe zu erwarten. Als Teilnehmer an einigen Schaufahren der näheren Umgebung, kam ich mir auch ziemlich verloren vor.
Aber in den Modellbauzeitungen konnte ich immer wieder von einer jungen Interessengemeinschaft und ihren Veranstaltungen lesen: mini-sail. So landete ich auf einem dieser Treffen und war begeistert. Begeistert von dem Umgangston, der so gar nichts von dem hatte, was ich von verschiedenen Vereinen mitbekommen hatte. Hier gab es keine Streitigkeiten von Rennbootfahrern mit Dampferkapitänen, von rückwärts durch den Bojenparcours schippernden Naviga-Punktejägern mit Nur-zum-Spaß-Fahrern, sondern hier segelten Plattbodenschiffe (z.B. eine Tjalk) friedlich neben rahgetakelten Vollschiffen (z.B. einer Cutty Sark) und das ganze bunt gemischt mit einigen Kuttern, Schonern bis hin zu modernen Rennjachten (z.B. einer Container). Eine Riesenvielfalt - einfach toll.
Und beim genaueren Hinsehen konnte man feststellen: hier segelten mehr oder weniger detailgetreu nach Plan gebaute Modelle gemeinsam mit ihren "Kollegen", die aus Baukästen entstanden waren.
Sogar der von allen anerkannte Obmann segelte (und segelt noch) mit einem umgebauten Baukasten: Er hatte ein sowieso nicht vorbildgetreues Modell nach eigenen Ideen modifiziert und umgetakelt und mit seiner "SUSANNE" einen Meilenstein im ferngesteuerten Modellsegeln gesetzt. Es war eben eine I.G., eine Interessengemeinschaft, und das gemeinsame Interesse war und ist das Segeln vorbildgetreuer genauso wie vorbildähnlicher Segelschiffs-Modelle.
Das machte mir Mut, und ich trat als stolzer Besitzer von inzwischen zwei Baukastenmodellen der mini-sail bei.
Und obwohl ich inzwischen auch andere Modelle besitze, werde ich diese Anfänge und ersten Segelversuche nicht vergessen, denn ich bin überzeugt, daß ich ohne diese Modelle nie zum Modellsegeln überhaupt gekommen wäre. Sie haben durch die Vorüberlegungen der Konstrukteure zu dem so wichtigen Anfängererfolg bei Bau und Betrieb geführt, der dann dafür gesorgt hat, daß das Segeln mir bis heute Spaß macht.
Und vor kurzem habe ich wieder einen Baukasten gebaut; für meine 8-jährige Tochter.
So wie ihre "ARIELLE" (MICRO-MAGIC von Graupner) stelle ich mir ein mini-sail-Jugendmodell vor. Es macht meiner Tochter Spaß damit zu segeln (und nicht nur ihr, wie ich inzwischen zugeben muß), ist einfach zu bauen und zu bedienen, preiswert in der Anschaffung, unkritisch im Segelverhalten, und extrem wendig. Letzteres ist vor allem dann wichtig, wenn sie im Kreis der Großen auf einer mini-sail-Veranstaltung segelt, und die Augen nicht immer nur bei ihrem eigenen Modell hat (wobei sie damit nicht alleine ist) und dann ein schnelles Ausweichmanöver fällig wird, bei dem das Ruder zuerst einmal auch noch in die falsche Richtung bewegt wird . . .
Diese Wendigkeit bekommt das Modell unter anderem durch sein speziell konstruiertes Unterwasserschiff mit großer Ruderfläche und Schwert mit Bleibombe. Harald Kossack hat diese Art von Modell in einem kürzlich veröffentlichten Artikel in der SchiffsModell als getarnte M-Boote bezeichnet.(Harald hat da aber andere "Modelle" gemeint! Anmerkung der Redaktion) Dies ist richtig und gewollt, denn der Konstrukteur des Modells hat seine Erfahrungen aus dem Regatta-Bereich mit hervorragenden Ergebnissen auf die Segelbootflotte der Fa. Graupner übertragen und damit einige vorbildähnliche (und somit mini-sail-taugliche) Einsteiger-Segler geschaffen. (Ich möchte hier übrigens keine Werbung nur für Graupner machen, deren Modelle sind jedoch in dieser "M-Boot-Ausrichtung" extrem und deshalb gut als Beispiele geeignet.)
Durch entsprechende optische Verfeinerung kann (fast) jeder "segelnde Joghurtbecher" aber auch dem fortgeschrittenen mini-sailor mit wenig Zeit für's Bauen noch einigen Spaß beim Segeleinsatz bieten.
Ganz allgemein trägt der Bau eines Baukastens zu den bereits erwähnten schnellen Erfolgen bei Einsteigern in unser schönes Hobby bei, und führt damit zu einer gewissen Sicherheit und Begeisterung im Umgang mit dem Modell. Diese Begeisterung für segelnde Modelle läßt sich innerhalb der mini-sail dann auf die Vielfalt an Modellen ausweiten, die sich dort mit Segeln fortbewegen. Und innerhalb dieser Vielzahl von möglichen Vorbildern und Typen, wird schließlich jeder, der lange genug dabei bleibt, "sein" Lieblingsschiff finden.
Hat er sich hier auf einen extremen Typ eingelassen, so wird er sich wieder an die "getarnten M-Boote" erinnern: mit Hilfe eines Schwertes mit Außenballast können auch für unmöglich gehaltene Projekte in kofferraumfreundlicher Größe gebaut und ferngesteuert betrieben werden. Das heißt, sie legen sich nicht bei der kleinsten Windbö einfach flach aufs Wasser, sondern setzen sie in Vortrieb um und bieten so das alle so begeisternde Bild, das auch die Originale auf Fotos ausstrahlen.
Die Modelle können sowohl beim Sonntagnachmittags-Ausflug oder kurz nach Feierabend noch zum Einsatz kommen, und mit der zusätzlich durch das Schwert gewonnenen Wendigkeit können sie auch auf Gewässern betrieben werden, deren Abmessungen nicht der maßstäblichen Mitverkleinerung unserer 7 Weltmeere entsprechen.
Genau wie beim Thema Baukästen weiß ich, daß auch das Thema Zusatzkiel ja/nein sehr kontrovers diskutiert werden kann und auch wird. Aber ich bin der Meinung, daß beide Ausführungen ihre Berechtigung haben und der jeweilige Erbauer ganz nach persönlichem Geschmack oder geplantem Einsatzbereich entscheiden darf und soll.
In meiner direkten Modellbauumgebung befindet sich z.B. ein geschätzter Kollege, der sehr ähnliche Schiffstypen baut wie ich, diese aber ohne Zusatzkiel betreibt. Er nimmt in Kauf, früher reffen zu müssen und eventuell zuvor mit stärkerer Krängung zu segeln. Auch baut und segelt er seine Modelle ohne Mannschaft (ein weiteres heißes Eisen der Modellbauszene). Aber gemeinsam haben wir einen Riesenspaß am miteinander Segeln und dabei, einem bekannten Catboat-Modell zuzusehen, auf dem sich der Mann am Ruder bei jeder Wende und Halse vorbildgetreu verbeugt, um dem überkommenden Baum auszuweichen.
Ein weiteres Beispiel: Neben Mini-Cooper, VW und SMART dürfen auf unseren Straßen auch Ferrari und Rolls-Royce fahren. Viele dieser Autofahrer schauen sich im Fernseher die Formel 1 an und bezeichnen auch diese Geschosse toleranterweise noch als Autos.
Toleranz ist wichtig im täglichen Leben, auf unseren Straßen und wie ich meine, noch viel wichtiger im Hobbybereich. Hier soll doch jeder nach seinen persönlichen Neigungen, Vorlieben und Fähigkeiten mit Spaß seine Freizeit gestalten dürfen.
Und heißt die persönliche Vorliebe Modellsegeln, so soll der dazugehörige Mensch meines Erachtens in der mini-sail willkommen sein, gleich ob sein Modell nun modern oder klassisch - rustikal oder detailgetreu - aus dem Baukasten oder als Eigenbau nach Plan entstanden ist. Und dieser Mensch sollte sein Modell in der mini-sail so betreiben dürfen, wie es ihm gefällt: eher gemütlich oder eher regattaambitioniert - mehr im Drift mit Seitenschwertern oder eher hoch am Wind mit Flossenkiel.
Damit bleibt dann die ganze liebenswerte Bandbreite der Modelle und Aktivitäten innerhalb der mini-sail erhalten.
Einige Konstrukteure wie z.B. Bruce King (Konstrukteur von ALEJANDRA und HETAIROS) haben durch diese Kombination (oben klassisch unten schnell) erst zu ihrem Erfolg gefunden.
Diese Kontroversen hindern aber keinen Eigner daran, mit seiner Yacht an den großen Klassikertreffen von Antigua bis St. Tropez teilzunehmen, und dort auch Regatten zu segeln, zumal die Preise nicht immer ganz ernst zu nehmen sind und auch nicht immer etwas mit der Geschwindigkeit zu tun haben; dort geht es um's Dabeisein ...
So auch bei der mini-sail: Jeder der ein vorbildgetreues oder vorbildähnliches Segelschiff sein Eigen nennt, sollte auf allen mini-sail-Treffen willkommen sein und dabeisein dürfen.
Und da jeder, abhängig von Können und eingesetzter Zeit, zu unterschiedlichen Ergebnissen
kommen wird, sollten wir uns mit der nötigen Toleranz auf den Gedanken des gemeinsamen
friedlichen Miteinander beim Segeln in der mini-sail einigen können.
Die Mischung macht's!
Deshalb bin ich in der mini-sail e.V.