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son-02-02.htm; aus Mini-Sail-Kurier 02/2000
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Modellauswahl
vorbildgetreuer Segelschiffsmodelle

ein Beitrag von Borek Dvořák

Auswahl des Vorbildes

Was zufriedenstellende Segeleigenschaften betrifft, so sind nicht alle Schiffstypen für den Nachbau im Modell gleichermaßen geeignet. So ist dem Anfänger vor allem von Schiffen mit Rahsegeln, Lateinersegeln und Luggerrigg sowie von sehr alten Vorbildern (z.B. “Santa Maria”, “Golden Hind” oder “Wasa”) und “Exoten” (Floß “Kon-Tiki” oder Vikingerschiffe) abzuraten. All diesen aufgeführten “ungeeigneten” Typen sind schlechtere Segeleigenschaften insbesondere beim Am-Wind-Kurs gemeinsam, der Bau erfordert besondere Kenntnisse und in der Regel auch einen höheren finanziellen und zeitlichen Aufwand. Aus Sicherheitsgründen sind auch offene Boote und übertakelte große Rennyachten als Vorbilder für das erste Modell nicht zu empfehlen. Als das günstigste Vorbild für das Erstlingswerk erscheint mir ein gaffel- oder hochgetakelter Einmaster (zwei Masten = doppelter Aufwand für das Rigg) mit einem mittelmäßig schlanken Rumpf (Verhältnis der Breite zur Länge ca. 1:3,5 bis 1:4), großem Tiefgang, angemessener Segelfläche und einem möglichst weit hinten liegenden Lateralschwerpunkt. Konkret empfehlen kann man unter anderem einige Boote des berühmten norwegischen Konstrukteurs Colin Archer (z.B. die bereits erwähnte “Colin Archer” oder den Gaffelkutter “Pippi”), Lotsenkutter von St.Nazaire und vom Bristol Channel aus der Zeit um die Jahrhundertwende und einige Fahrten- und Rennyachten (Werft Abeking & Rasmussen, Sparkman & Stephens, Konstrukteur Max Oertz).

Die Auswahl des Maßstabs

und somit auch der Größe des Modells kann von substanzieller Bedeutung für seine Segeleigenschaften sein. Man sollte nie aus den Augen verlieren, daß man bei einem Modell im Maßstab 1:10 zwar sämtliche Längen zehnmal verkleinert, sämtliche Flächen aber 10 x 10 = 100mal und sämtliche Volumina 10 x 10 x 10 = 1000mal. Mit zunehmendem Maßstab wächst auch die Diskrepanz zwischen den Längen, Flächen und Volumina entsprechend (z.B. im Maßstab 1:20 werden die Längen 20mal verkleinert, die Flächen 20 x 20 = 400mal und die Volumina 20 x 20 x 20 = 8000mal – vgl. mit Maßstab 1:10). Die Konsequenzen dieser Tatsache können wie folgt zusammengefaßt werden:
Die Krängungsstabilität eines Segelschiffsmodells ist proportional zum Maßstab entsprechend kleiner als die Krängungsstabilität seines Vorbilds (bei M 1:10 zehnmal, bei 1:20 zwanzigmal, etc.). Die Ruderfläche und somit auch die Ruderwirkung sind im Modell kleiner als bei seinem Vorbild. Die Verkleinerung der Ruderwirkung ist allerdings geringer als es dem Maßstab entsprechen würde, weil auch das Volumen und somit auch die Masse und vor allem die Massenträgheit des Modells geringer sind. Der Wind und die Wellen interessieren sich nicht für den Modellbau und bleiben im Maßstab 1:1. Für unsere Modelle bedeutet das, daß die Wirkung dieser Umwelteinflüsse proportional zum Maßstab wächst. Die Viskosität (“Zähigkeit”) des Wassers ist aus der Sicht des Modells dem Maßstab entsprechend höher. Vereinfachend könnte man also sagen, daß unsere Modelle in Öl schwimmen, und das unter Umständen bei hoher See und orkanartigen Windstärken, wobei ihre Ruderwirkung mangelhaft und die Krängungsstabilität kaum der Rede wert ist. Was nun?
Neben der logischen Konsequenz, daß ein größeres (das heißt im kleineren Maßstab gebautes) Modell besser segelt als ein kleineres, sollte man sich darüber im Klaren sein, daß die Segelfähigkeit des Modells mit gewissen Kompromissen im Sinne der Erhöhung seiner Krängungsstabilität und seiner Wendigkeit erkauft werden muß. Diese Kompromisse wirken sich selbstverständlich negativ auf die Vorbildtreue aus. Eine Verbesserung der Wendigkeit wird durch eine Vergrößerung der Ruderfläche erzielt. Mit Vorbehalt kann man hier als Richtwert eine Vergrößerung um ca. 50 bis 200% nennen (einem Langkieler mit einem senkrechten Vorsteven muß man immer mehr “helfen” als einem Flossenkieler mit Ballanceruder). Zum Problem der Krängungsstabilität sei an dieser Stelle nur gesagt, daß man ihm entweder mit dem Tieferlegen des Ballastes (Veränderung des Lateralplans, Zusatzkiel) oder mit der Verkleinerung der Segelfläche (einzelne Segel werden gestrichen) begegnen kann. Man kann selbstverständlich auch diese beiden Maßnahmen miteinander kombinieren.

Hilfsmotor

Etwas derart uriges und “primitives” wie Segel als Antrieb stimmt im heutigen High-Tech-Zeitalter die meisten Menschen anfangs generell mißtrauisch, und somit steht ein Hilfsmotor auf der Wunschliste meist ziemlich weit oben. Für das erste Modell ist das sicherlich die richtige Wahl. Man muß zunächst lernen, mit seinem Modell umzugehen, und in kritischen Situationen wäre man anfangs ohne Hilfsmotor schnell überfordert. Für ein Modell mit einer Verdrängung um 10 kg ist ein Speed 400 mehr als ausreichend. Die erhöhte Betriebssicherheit wird allerdings durch mehrere Nachteile erkauft. Neben dem erhöhten finanziellen Aufwand (Motor, Regler, Akkus) und dem höheren Widerstand durch den Schiffspropeller ist es vor allem das Gewicht der ganzen Antriebseinheit, das an der richtigen Stelle (im Ballast) die Segeleigenschaften des Modells hätte verbessern können. Generell kann gesagt werden, daß sich ein richtig gebautes, getrimmtes und gesteuertes Segelschiffsmodell sogar bei Windstille (bedingt durch die Thermik) zumindest langsam voranschleicht und keine “Flautenschieber” benötigt.

(wird fortgesetzt)


Borek Dvořák
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