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Mini-Sail e.V.
Bauberichte

erschienen in SchiffsModell
Heft 11-2021
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Baubericht Gaffelkutter „Viola”

Erbauer und Bilder von Werner Schmiedel

Technische Daten: OriginalModell
Schiffstyp: GaffelkutterGaffelkutter
Name: ViolaViola
Länge über alles: 15,25 m1,27 m
Länge Rumpf: 12,75 m1,06 m
Breite: 2,90 m0,25 m
Verdrängung: 10 tca. 9,0 kg
Segelbläche maximal: 130 m²ca. 80 dm²

Baubericht Gaffelkutter "Viola"

Als "Freund des Gaffelriggs" sollte mein nächstes Modell eigentlich der Nachbau eines Gaffelkutters von Max Oertz werden. Skizzen für den Bau des Rumpfes nach den Rissen aus "Klassische Yachten" waren schon fertig. Dann stieß ich im Internet auf den polnischen Hersteller "Modellmast" www.modelmast.de/firmie_nie.htm und sein Angebot des GFK-Rumpfes vom Gaffelkutter "Viola".

b001k.jpg Für 99,- € plus Versandkosten bekommt man sonst nichts Vergleichbares. Bei einem Besuch in Polen, in der Nähe der kleinen Firma, habe ich den Rumpf nach vorheriger Absprache beim Hersteller abgeholt.

Das Originalschiff wurde vom namhaften  Konstrukteur William Fife III. konstruiert und auf der Fife-Werft in Fairlie, Schottland als Gaffelkutter gebaut.

Der Rumpf aus GFK ist in guter Qualität mit weiß eingefärbter glatter Oberfläche, die auch ohne Lackierung verwendet werden kann. Zum Modell wird eine CD mitgeliefert, auf der der Riss der Originalyacht von 1908 dargestellt ist. Auf der Angebotsseite der Firma sind noch zwei Fotos von einem gut gefertigten Modell zu sehen.

Wenn man einen naturgetreuen, oder vielleicht besser naturähnlichen Nachbau einer klassischen Segelyacht in Angriff nimmt, muss man sich im Klaren sein, dass fast alle Teile selbst angefertigt werden müssen, weil sie als Modellbauartikel nicht angeboten werden. Auch für die Aufbauten und die Details des Riggs gibt es keinen Plan.

Wer sich als Anfänger an so ein Modell heranwagt, dem empfehle ich als Hilfe den Bauplan der Segelyacht "Marie" von Willi Hoppe http://www.sailmodell.de/index.html , der Plan zeigt viele Details, die auf alle Segelyachten dieser Zeit anwendbar sind. Auf der genannten Internetseite gibt es auch weitere Bauhinweise. Auch auf http://www.minisail-ev.de/ oder im Buch "RC-Segelmodelle" von Dvorak & Reimann findet man umfassende Erläuterungen zum Bau ferngesteuerter naturähnlicher Segelmodelle.

b020k.jpg Eine wertvolle Hilfe für mich sind auch die Bücher "Das Gaffelrigg" von John Leather und "Historische Schiffsmodelle" von Wolfram zu Mondfeld. Schon allein die Bezeichnungen der einzelnen Bauteile ist eine Sprache für sich und wird in diesen reich bebilderten Büchern gut dargestellt.

Das Modell der "Viola" ist im Maßstab 1:12 konstruiert, der Rumpf ist 106 cm lang, das fertige Modell wird ca.127 cm lang, ca. 150 cm hoch, die Verdrängung des Modells beträgt theoretisch ca. 8,0 kg.

Im Internet habe ich nun nach Informationen und Fotos vom Original gesucht, unter Fife-Regatta findet man einiges. Es gibt auch eine französische Internetseite des derzeitigen Eigners, aber die maschinelle Übersetzung ist sehr holprig.

Das Original wurde 1908 als Gaffelkutter für Touren und Kreuzfahrten gebaut. Innerhalb dieser Zeit hat sie bis heute mindestens 15-mal den Eigner gewechselt, aber immer den Namen "Viola" behalten. Die Yacht fährt unter französischer Flagge und wurde am 6.9.1993 in Frankreich als historisches Denkmal eingestuft.

Bei der Konstruktion der Decksaufbauten und des Riggs meines Modells habe ich mich an die Risse der beiliegenden CD und Fotos aus dem Internet gehalten. Dabei steht für mich das praktische Segeln im Vordergrund, das heißt, das Modell muss für den Transport schnell und unkompliziert auf und abgebaut werden können.

b003k.jpg Bei meinem Modell ist der Mast mit Großsegel abnehmbar, auch das Toppsegel und die Vorsegel können schnell einzeln abgenommen werden. Der Klüverbaum kann nach lösen einer Schraube eingezogen oder auch abgenommen werden.

Die Befestigungselemente aus dem Angelbedarf beeinträchtigen zwar die Naturtreue, aber die schnelle Demontage für den Transport war mir wichtiger.

Als erstes fertigte ich einen Bootsständer an, damit für nachfolgende Arbeiten der Rumpf einen stabilen Stand hat und die Wasserlinie zur Ausrichtung dienen kann.

b002k.jpg Den Ballast setzte ich unter den Rumpf, dazu erstellte ich ein Formteil aus Styrodur und fertigte eine Gießform aus Gips. Der darin gegossene Bleiballast ergab nach der Bearbeitung ein Gewicht von knapp 3,0 kg. Dieses Formteil habe ich mit Stabilit Express unter den Rumpf geklebt und mit zwei M6 Schrauben zusätzlich gesichert. Mit Spachtelmasse mussten die Übergänge zum Rumpf noch ausgeglichen werden.

Nun wurde das Ruder aus Plasteplatten angefertigt, die Rudergröße habe ich gegenüber der Skizze vom Original etwas vergrößert. Die Ruderwelle besteht aus 4mm Rundmessing, der Ruderkoker wurde aus Messingrohr angefertigt und in den Rumpf geharzt. Ein Gegenlager aus Plaste wird mit zwei Senkschrauben am Bleikiel abnehmbar angeschraubt. Der Ruderhebel wird mittels Takelschnur über Umlenkrollen mit dem Ruderservo verbunden.

b004k.jpg Das Original hat steuerbordseitig einen Hilfsantrieb, also habe ich beim Modell ein Stevenrohr eingeharzt. Im Inneren des Rumpfes habe ich Halterungen für das Ruderservo, den Hilfsmotor, den Akku und den Fahrtregler befestigt.

Für den Mast verwendete ich einen konisch zulaufenden CFK Walking Stock, für dessen Aufnahme harzte ich ein 20x1 mm Alurohr in den Rumpf ein.

Der relativ große Aufbau erleichtert den Zugang zum Rumpfinneren, dadurch ist es möglich, die Umlaufschot Gestelle ohne Demontage "einzufädeln". Für die Auflage dieser Gestelle und des Empfängers harzte ich im Bereich der Kabinenöffnung zwei Querstreben ein.

Folgende Bauteile habe ich innen verwendet.
- ein Empfänger Multiplex RX-6-DR light M-LINK 2,4 GHz
- ein Akku NiMH 7,2V 3000mAh
- ein Motor Igarashi 7,2 V, 3,5A
- zwei Segelwinden RS-22 YMB
- ein Ruderservo Graupner 577 BB
- ein Fahrregler Graupner NAVY V15R

b009k.jpg Diese Bauteile habe ich so angeordnet, dass sie auch im fertigen Modell ausgewechselt werden können. Der Akku ist mit Klettband unten im Rumpfinneren befestigt, die übrigen Bauteile habe ich mit separaten Grundplatten im Rumpf angeschraubt. Die Umlaufschotgestelle bestehen aus 10x10 mm Leisten mit angeleimten Sperrholzträgern zur Aufnahme der kleinen Segelwinden (Maße wie ein Standardservo). Die Umlaufschot wird durch eine eingebundene Gummischnur straffgehalten, dieses System funktioniert in meiner "Rubin" seit über 20 Jahren. Den Empfänger habe ich auf einen Plastewinkel mit Doppelklebeband befestig, an der senkrechten Platte des Winkels habe ich V-förmig, in Fahrtrichtung gesehen, zwei Plasteröhrchen geklebt, in diese Röhrchen werden die Antennen geschoben. Da eine Segelyacht bei Fahrt ja immer nach einer Seite kränkt, steht eine Antenne immer annähernd senkrecht und hat damit eine günstige Ausrichtung zur Senderantenne. Ich habe auch den kleinen Motor entstört, obwohl das bei 2,4 GHz und der relativ geringen Entfernung des Schiffsmodells zum Sender wahrscheinlich keine große Rolle spielt.

b005k.jpg Am schwierigsten ist die Montage des Ruderhebels, er musste ja vorm Lackieren demontiert werden. Seine Befestigungsschraube ist nur durch eine ca. 10mm Bohrung vom Deck aus zugänglich, die Bohrung habe ich mit einem abnehmbaren Lüfter abgedeckt. Alle Bauteile habe ich nun vor den Spritzarbeiten und der Montage des Decks und der Aufbauten wieder ausgebaut.

b006k.jpg Nun habe ich auf das Deck ein "Hilfsdeck" als Untergrund für die Decksplanken aus 0,8mm Sperrholz geharzt. Da das Deck nur geringfügig gewölbt ist, konnte ich dieses Hilfsdeck aus einem Stück anfertigen, während des Klebens habe ich es mit Montageband und Metallklammern fixiert.


b007k.jpg Das Original hat umlaufend ein kleines Schanzkleid. Für das Modell habe ich 10x10 mm Plaste Winkelschienen aufgeklebt, außen bündig zu den Rumpfseitenwänden gespachtelt und innen mit Mahagonifurnier beklebt. Anschließend habe ich auf das Hilfsdeck Leibungen aus 2mm Sperrholz und Decksplanken aus 2x5mm Linde mit wasserfestem Weißleim aufgeklebt, die Kalfaterung wird mit 0,5mm schwarzen Kartonstreifen angedeutet.


b008k.jpg Die Decksaufbauten bestehen im Wesentlichen aus der Kabine, dem Süllrand ums Cockpit und den zwei Decksluken. Diese Teile habe ich aus Sperrholz und Mahagoni angefertigt. In den Kabinenrahmen wurden noch 4 Bullaugen eingesetzt. Den Kabinenrahmen, die Rahmen für die Deckslugen und den Süllrand fürs Cockpit konnte ich nun mit dem Deck verleimen.


Das Dach der Kabine ist abnehmbar, unter dem Schiebeluk ist der Verriegelungshebel und der Schalter für die Elektronik.

b010k.jpg In das Schanzkleid habe ich 10 Speigatten und zwei Durchführungen für die Bugwanten eingearbeitet. An das Schanzkleid musste nun noch umlaufend ein Handlauf mit Bug und Heckabschlussteilen aus Mahagoni angebracht werden. Die Decksaufbauten und den Handlauf habe ich mit farblosem Glanzlack gestrichen. Für das Deck nahm ich stark verdünnten Mattlack und habe es ca. 8 Mal gestrichen. Den Alkydharzlacken habe ich ca. 15% Owatrolöl beigemischt. Nachdem ich das Ruder wieder ausgebaut hatte, wurden das Deck mit Aufbauten und der Handlauf zum Lackieren sorgfältig abgeklebt.

Was nun kam war eine Odyssee oder ein Drama.

Den Rumpf hatte ich nach dem verspachteln und schleifen des angesetzten Kiels schon mit Haftgrund lackiert. Der Haftgrund stammte aus einem Baumarkt der nicht mehr existiert. Die anschließend verwendeten Lacke sind also von einem anderen Hersteller. Diese Farben mochten jedoch den Untergrund nicht, es entstand eine sogenannte Orangenhaut.

Als Lackieramateur habe ich nun alles Mögliche versucht, die Farbe vollständig austrocknen lassen, wieder abgeschliffen neu grundiert - zuletzt alles abgebeizt und neu lackiert. Verschiedene Spuren konnte ich nicht beseitigen und stören mich zwar noch immer, aber nun will ich damit leben.

Abschließend brachte ich das Markenzeichen der Fife Yachten, stilisierter Drachenkopf mit goldenem Streifen und Schweif, an beide Rumpfseiten und den Schriftzug VIOLA am Heck an.

Nun begann die Arbeit mit dem Rigg, als Maße diente mir wieder die Skizze vom Original.

b011k.jpg Ich begann mit der Anfertigung des Klüverbaumes, der Klüverbaumbrille und der Ankerbeting. An der Ankerbeting befindet sich beim Originalschiff das Baumgelenk der Radialfock. Mit der Achse der Radialfock, einer M4 Inbusschraube aus Edelstahl, wird der Klüverbaum achtern befestigt, unter Deck wurde eine M4 Mutter angebracht. Am Bug wird der Klüverbaum durch die Klüverbaumbrille gehalten.

b012k.jpg Vorn ist auf den Klüverbaum das sogenannte Nockband mit 4 Augen aufgesteckt, an ihm sind das Wasserstak, die zwei Bugwanten und das Vorstak befestigt. Sobald man die M4 Schraube mit der Radialfock entfernt, kann man den Klüverbaum einfahren und das Nockband mit Staken und Wanten abziehen.

b018k.jpg Für den Mast nahm ich einen CFK Walking Stock, der sich bei einer Länge von ca. 1.200mm von 18mm Durchmesser auf 11mm Durchmesser verjüngt. Den Stock habe ich mit selbstklebender Holztapete beklebt und farblos lackiert, das sieht sehr natürlich aus. Aus Messing fertigte ich einen Ring für die Aufnahme von 6 Belegnägeln und dem Baumgelenk des Großsegels. Diesen Ring befestigte ich in ca. 50mm Höhe über Deck am Mast.

Die Saling, führt als Messing Rohr quer durch den Mast und eine Mastschelle. In das Rohr habe ich zur Versteifung einen Stahldraht geklebt, da ich das Modell an der Saling zum Einsetzen ins Wasser halte.

Weitere Schellen und Ösen habe ich für die Aufnahme der Wanten und Segel angebracht.

b017k.jpg Im Deck wurden 6 Ringösen für die unteren Befestigungen der Wanten eingeschraubt. Die hinteren Ösen habe ich soweit nach achtern gesetzt, dass sich der Großbaum noch ca. 55° öffnen kann. Die Wanten und Stage bestehen aus Stahllitze 0,6mm Durchmesser. Die Verbindung der Wanten mit den Ösen erfolgt mit Gabelköpfen M3 lösbar.

b016k.jpg Die Bäume und die Gaffel bestehen aus Buchen Rundhölzern, die Enden wurden verjüngt. Die Beschläge für den Großbaum und die Gaffel wurden aus Messing angefertigt ebenso der Gaffelschuh. Großbaum und Gaffel befestigte ich nun provisorisch am Mast.

Aus Pappe fertigte ich eine Schablone vom Großsegel und habe sie an Mast, Großbaum und Gaffel angepasst.

b013k.jpg Nach dieser Schablone fertigte ich das Großsegel an. Die Vorsegel und das Toppsegel habe ich danach Schritt für Schritt angepasst.

Die zwei Vorsegel werden getrennt vom Großsegel mit Top, mit einer eigenen Segelwinde angesteuert.

b015k.jpg Für die Ösen in den Segeln nahm ich 3mm Alurohr, mit einem Cuttermesser in ca. 5mm Stücke geschnitten. In die Segel stanzte ich dann mit einem Locheisen 3mm Löcher, steckte die Alustücke rein und bördelte sie mit einem Körner beidseitig an den Stoff.

b014k.jpg Die Mastringe bestehen aus 3mm Alu Rohr über das ich braunen Schrumpfschlauch gezogen habe. Das Alu Rohr habe ich anschließend über einem 20mm Rundholz gebogen, diese dadurch entstandene Spirale wurde mit einem dünnen Sägeblatt getrennt, so dass mehrere offene Ringe entstanden. Nach dem diese Ringe über den Mast geschoben wurden habe ich sie mit kleinen Drahtstücken und Sekundenkleber wieder verbunden.

b019k.jpg Bis auf einige kleine Details war das Modell fertig, es wog ca. 7,0 kg und beim „Probeschwimmen“ in der Badewanne lag es etwa10 mm über der Wasserlinie (KWL). Da mir Geisterschiffe nicht gefallen, stattete ich die VIOLA noch mit einem älteren Skipper aus, ich habe ihn im polnischen Ostseebad Ko?obrzeg (Kolberg) angeheuert.

b021k.jpg Die Jungfernfahrt erfolgte während einer Schiffsmodellveranstaltung am 24.09.2016, zu der der Modellbauclub Oberlungwitz an den Stausee Oberwald eingeladen hatte. Auf dem Wasser sah das Modell ganz gut aus, aber bei leichter Brise kränkte mir das Modell zu stark und nahm kaum Fahrt auf.

In das Rumpfinnere habe ich deshalb noch fast 2 kg Ballast Blei eingebracht. Das Modell wog nun ca.9 kg einschließlich 5 kg Ballast.

Es liegt zwar jetzt etwas unter der geplanten KWL, aber durch diese Erhöhung des Ballastgewichtes lässt sich das Modell nun gut fahren. Das Toppsegel lässt sich schnell entfernen, so dass man auch bei stärkerem Wind noch fahren kann.

Meine „Viola“ ist nun seit 5 Jahren im Einsatz, aufgrund der Größe lässt sie sich gut transportieren und lässt sich einfach manövrieren. Der Rumpf eignet sich auch für viele andere Nachbauten von Segelyachten dieser Jahre. Ich hoffe mit meinem Bericht allen Interessierten klassischer Segelyachten Anregungen gegeben zu haben.

Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel wünscht

Werner Schmiedel


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