mb-11-06.png Modellbau
Planvorlage
mini-sail e.V.icon-ms-040

mb-11-06.htm; 04.2011
erschienen in MODELLWERFT 01/2010
b01k.jpg Z- Jolle „Aero 2”

Baubericht von Sieghard Groothoff

Nachdem der „Sandbagger Laura” im Jahr 2008 erfolgreich auf´s Wasser gebracht worden ist, war wieder ein neues Projekt angesagt. Diesmal sollte es eine Rennjolle aus den 30er Jahren werden. Nach etlichen Überlegungen bin ich dann auf die Z-Jolle „Aero 2” gestoßen. Dieses formschöne und schnittige Teil aus dem Jahr 1936/37 hatte es mir vom ersten Augenblick angetan. So war das Thema Bootsauswahl hiermit erledigt- die oder keine. Text-u. Bildmaterial zusammen zutragen war allerdings ein ernstes Problem. Im Internet waren nur sehr wenige Unterlagen zu finden. Da es in Deutschland nur noch ein Boot der Aero gibt, habe ich den jetzigen Eigentümer um jegliches Material gebeten, welches er zur Verfügung stellen kann. Weiterhin habe ich mit der Bootswerft Mitterer, die das Boot seinerzeit gebaut hat, bzw. der Bootswerft Mader, welche es restauriert hat, Kontakt aufgenommen, um die eigenen Unterlagen noch ein wenig zu vervollständigen. Letztendlich hat mir der Verlag der „Yacht” sehr schöne Bilder zukommen lassen, wo auch ein „Miniriss” mit unter anderem zwei Spanten enthalten war.
Jetzt hatte ich wenigstens einen Anhaltspunkt, um mit der Konstruktion zu beginnen. Das Original hat eine Länge von 8,40m und eine Breite von 1,75m. Da ich etwas größere Schiffe lieber baue, habe ich mich mit mir selber geeinigt, auf den Maßstab von 1:4,5 zugehen, was dann eine Länge von 187cm mal 39cm in der Breite am Modell ergab. Jetzt mußte erst einmal eine Zeichnung erstellt werden, damit ich sehen konnte, auf was ich mich da wieder eingelassen habe. Bei einer ges. Rumpfhöhe von 17cm sollte die Jolle rein rechnerisch nur 4,5cm am tiefsten Punkt unter Wasser liegen. Da Jollen ohnehin wenig Verschrängung haben, sollte ich hoffentlich mit meinen Berechnungen im grünen Bereich liegen.

b02k.jpg
Das Schaum-
b03k.jpg
und Urmodell
b04k.jpg
Der fertige
GfK-Abzug mit
Verstärkungen
b05k.jpg
Furnieren im
heimischen Eßzimmer

Die dem Maßstab entsprechend hochkopierten Spantenrisse wurden auf 3mm Hartfaser übertragen und ausgeschnitten. Den Heckspant mußte ich von einem Bild rechnerisch übertragen, da kein Riß vorhanden war. Auch die komplette Seitenansicht wurde M. 1:1 aus Hartfaser geschnitten und mit Füßchen versehen, welche nachher das Gerippe tragen sollten. Sah ein bißchen makaber aus, aber wenn man nicht viele Daten zu Verfügung hat, war das so die beste Lösung für den weiteren Bau. Nachdem ich dieses Rohgerippe auf das Baubrett geschraubt und dann gestragt hatte, konnten die Zwischenräume der Spanten mit Schaum gefüllt werden. Der Schaum war die Iso-Schicht der Wände von Gefrierhäusern, welche eine am Ort ansässige Firma mir überlassen hat. Die ca. 10cm dicken Schaumriegel habe ich mit 2 K-Polyesterspachtel zwischen die Hartfaserspanten geklebt. Nach dem Durchhärten konnten dann die groben Konturen herausgeraspelt und anschließend mit Feile und Schleifpapier in die entgültige Form gebracht werden. Den Strak zu bekommen bzw. zu behalten war eine ziemliche Herausforderung, da ja nur zwei Spanten und der Heckspiegel zu Verfügung standen. Nachdem ich dann schließlich mit dem Ergebnis zufrieden war und das Modell Ähnlichkeit mit dem Original bekommen hatte, konnte eine 80g-Gewebematte mit 24h-Epoxy aufgetragen werden, um einen Schutz für das Schaummodell zuhaben. Nach dem Aushärten ging es dann an die unliebsamste Beschäftigung: spachteln, schleifen, spachteln, schleifen bis die Hände qualmen. Und da der Rumpf in alle Richtungen nur rund ist, war diese Arbeit nicht gerade der einfachste Teil der Herstellung. Anschließend wurde noch eine Grundierung aufgetragen, welche naß geschliffen, die entgültige Oberfläche des Urmodells ergab.

Jetzt konnte das Modell mehrfach mit Trennwachs behandelt werden, um nachher Rumpf und Deck sauber abtrennen zu können. Für das Laminat hatte ich mir drei 160er und zwei 80g Gewebematten gedacht, was bei der Rumpfgröße eigentlich ausreichend sein müßte. Da keine Negativform geplant war, habe ich das komplette Urmodell in einem Stück überlaminiert. Nach 24 Stunden Aushärtungszeit habe ich dann im Bereich der äußersten Rundung das Deck vom Rumpf mit einer kleinen Trennscheibe durchtrennt. So konnte ich dann beide Hälften vom Urmodell abheben und dementsprechend weiterverarbeiten.

b06k.jpg
Im Rohbau zur Jungfernfahrt
b07k.jpg
RC-Einbauten im hinteren Bereich
b08k.jpg
Geschliffen und mehrfach grundiert

Das Deck mußte jetzt als erstes wieder auf den Rumpf geklebt werden. Hierzu habe ich eine dünne Leiste an die Trennkante des Rumpfes geklebt, damit eine gute Klebekante für das Deck entstand. Als am nächsten Tag alles gut ausgehärtet war, konnte der Plichtausschnitt aufgezeichnet und mit der Trennscheibe ausgeschnitten werden. Bei der Rumpfschale wurde als erstes der ungefähre Schwerpunkt festgelegt, um so den Sperrholz-Kielkasten einkleben zu können. Nach ermitteln des Kielgewichts ( 5,6 kg Blei ) konnte die Bleibombe an das 5mm Aluschwert geklebt werden. Desweiteren konnte die Mastposition festgelegt werden, um die Aufnahmen in Rumpf und Deck zu kleben. Des weiteren kamen sämtliche Ausschnitte und Verstärkungen für Mast, Wanten, Pinne u.ä. ins Boot. Das 2mm Aluruder wurde erst einmal behelfsmäßig an den Rumpf geschraubt um den Verlauf der Drahtanlenkung bzw. die Positionierung des Servos festlegen zu können. Nun mußte überlegt werden, wo und wie die beiden Umlaufschoten arbeiten sollten, damit die Sperrholzverstärkungen der beiden Segelwinden an die richtige Stelle kommen.

b09k.jpg
Geschliffen und mehrfach grundiert
b10k.jpg
Die lackierte
b11k.jpg
Schönheit
b12k.jpg
Handgeschliffene
Alubeschläge

Da jetzt sämtliche An- und Einbauten vorgenommen worden sind, konnte zum ersten Mal der Mast gesetzt und die 1mm Stahlwanten angeschlossen werden. Der Mast ist eine Angelrute aus CFK, welche mit 3mm Fichtenholz verkleidet ist. Baum und Gaffel bestehen aus Alurohr mit Ahorn furniert. Das Segel ist aus Spinnacker-Nylon zugeschnitten und mit Dacronecken verstärkt, welche die Einschlagösen aufnehmen sollten. Die Segellatten bestehen aus Kunststoffstreifen (4x1mm) und sind mit dünnem Gummi abgespannt. Nachdem alles montiert und auf Funktion überprüft war, sollte es dann das erste Mal aufs Wasser gehen. Die Anspannung war doch recht groß, denn ich wußte wirklich nicht, was mich bei dieser kuriosen Jolle erwarten würde. Aber da der Rumpf noch keine Mahagonibeplankung hatte, konnten im Nachhinein noch div. Änderungen vorgenommen werden, die dann zu einem evtl. besseren Ergebnis führen können.

Dann endlich am See, (das Wetter spielte mit Sonne und leichten Wind richtig mit ) kam die „Aero” das erste Mal in voller Montur in ihr Element. Noch ein letzter Check und das Teil ging los. Und es ging richtig los. Die Jolle fuhr wie auf Schienen, brach nicht aus und war angenehm zu lenken. Der Schwerpunkt paßte, die Segel-und Ruderstellung war ok. und die 5,6 kg Bleibombe ließ eine realistische Kränkung zu. Da die Plicht noch nicht wasserdicht verschlossen war und die RC-Komponenten so in Mittleidenschaft gezogen werden konnten, war das Maximum an Segelleistung bei dieser schönen Jolle noch nicht herauszuholen. Das sollte sich ändern, wenn aus dem Rohmodell eine Schönheit in Mahagoni geworden ist. Nach erfolgreicher Jungfernfahrt wieder in heimischer Werkstatt mußte ich mir jetzt erst einmal Gedanken über die Plicht machen.

Sie mußte unbedingt wasserdicht sein, und durfte nicht den Charme des Vorfeldes verlieren. Also mußte überlegt werden, wo Luken eingepaßt werden konnten, um an die jeweiligen RC-Einheiten zu gelangen. So habe ich dann erst einmal den Plichtboden aus 1mm Sperrholz mit Mahagoni beplankt und in den Rumpf geklebt. Als nächstes konnten die Querschotten mit den besagten Luken eingepaßt und verklebt werden. Die Rumpfwände im Bereich der Plicht sind mit 2mm Balsa verkleidet, auf welches ich vorher Mahagonifurnier aufgebracht habe. So war die komplette Plicht mit Mahagoni verkleidet, was dem Original doch sehr nahe kam.

b13k.jpg b14k.jpg b15k.jpg b16k.jpg

Die Abschlußarbeiten bezogen sich jetzt ausschließlich auf das Beplanken des Rumpfes mit Mahagonifurnier der Stärke 0,8mm. Das Aufbringen des Furniers sollte mit Weißleim und Bügeleisen geschehen. So hatte ich beim Furnieren mehr Zeit zum korrigieren als mit anderen Klebern. Jeder einzelne Streifen von ca. 25 mm Breite mußte exakt der Rumpfform angepaßt werden. War nicht gerade die einfachste Übung, da dünnes Furnier teilweise doch ein Eigenleben hat. So konnte dann der komplette Rumpf bis kurz über die Deckskante beplankt werden. Anschließend mußte der Decksrand beschnitten werden und das Decksfurnier konnte aufgebracht werden. Nach Abschluß dieser Arbeit habe ich das Boot geschliffen und mehrfach mit G4-Lack grundiert und gefüllert. Zweimaliges Aufbringen von 2 K-Glanzlack brachte dann das erforderliche Finisch. Nun konnten noch die erforderlichen Alubeschläge und der Schrifftzug „AERO II” aufgeklebt werden. Ich glaube, das Ergebnis darf sich sehen lassen.

Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, die Jolle noch einmal auf`s Wasser zu setzen. Sie sollte technisch richtig ausgereizt werden. Das Ergebnis übertraf meine Vorstellung. Die Aero 2 kam sofort in`s gleiten und fuhr sich wie das Original- lautlos und schnell. Auch bei mehr Wind machte sie noch eine Top-Figur. So konnte die 2. Jungfernfahrt als voller Erfolg verbucht werden. Dank meiner Ehefrau sind auch die optischen Momente dokumentiert, was bei dieser schönen Jolle nicht unerheblich ist-wie auf den Bildern auf dem Wasser unschwer zu erkennen ist.

b17k.jpg b18k.jpg b19k.jpg

Nachdem ich dann dem jetzigen Eigentümer, Herrn M. Reichert einige Bilder des Modells zukommen lassen habe, war dieser so angetan von der Jolle, daß er meine Frau und mich auf ein Wochenende nach „Waging am See” eingeladen hat, um das Original einmal in Augenschein zu nehmen und vielleicht sogar zu segeln. Mehr Lohn und Anerkennung für seine Arbeit als Modellbauer kann man wohl nicht bekommen.
Das Urmodell habe ich mittlerweile an die Fa. Kuhlmann, Modellbautechnik in Bielefeld abgegeben, welche den Rumpf vermessen möchte und somit in absehbarer Zeit u.a. einen gefrästen Sperrholz- Spantensatz anbieten kann.

Technische Daten zum Modell:
Länge ü.a.: 205cm
Rumpfl.: 187cm
Rumpfbr.: 39 cm
Rumpfh.: 17 cm
Ges.Höhe : 232 cm
Kielgewicht: 5,6 kg
Ges.Gewicht: 10 kg

Sieghard Groothoff

Seitenanfang Planvorlage Neustart der Seite button7.gif