Modellbau
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Baubericht von Joachim Michels
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Vorwort | -.- | |
Nach meinem Ausflug in die Welt der Lateinertakelung mit der Pinke SAN MATTEO (siehe Teil
SchiffsModell 8/05), sollte das nächste Modell ein Rahsegler sein.
Bevor ich mich aber für ein bestimmtes Vorbild entschied, wollte ich mich erst einmal mit der für
mich neuen Technik der Rahsegel-Bedienung befassen. Die Brassen, mit denen die Rahen verstellt
werden betätigt man normalerweise mit gegenläufigen Seilwinden. Wegen der unterschiedlichen
Längen der Rahen muß dabei mit mehreren Seiltrommeln gearbeitet werden, deren Durchmesser dem
Arbeitsweg der verschiedenen Brassen entsprechen muß. Da mir das zu umständlich schien, überlegte
ich, ob man statt dessen nicht auch mit Segelverstellservos arbeiten könnte. Der doppelseitige
Servoarm entspräche somit genau der Funktion einer Rah am Mast, man müßte dann die jeweilige
Brasse nur bei der passenden Hebellänge einhängen habe hierzu dann erst einmal eine
Versuchsanordnung gebaut. Diese bestand aus einem Brett mit einem Mast, einer Rah und einem
Segelverstellservo. Dabei stellte sich sehr schnell heraus, daß der Verstellweg des Servos viel
zu gering war. Abhilfe schaffte eine Umlenkung, die bei einer Verdoppelung des Verstellweges noch
nicht zu viel Kraftverlust durch die zwangsläufig auftretenden Reibungswiderstände ergab. Mit
einer weiteren Verlängerung durch eine zweite Umlenkung wurde das System dann aber schon deutlich
schwergängiger und auch der "Leinensalat" nahm bedenklich zu.
Gesucht wurde nun also ein Vorbild mit möglichst breitem Rumpf, damit der Servoarm im Modell gut untergebracht werden könnte. Gleichzeitig durfte aber die Großrah bzw. ihr Verstellweg nur so lang sein, daß eine einfache Leinenumlenkung für die Brassenlänge ausreichen würde. Schnell stellte ich fest, daß die "modernen" Schiffe des 18. und 19. Jahrhunderts diese Anforderungen nicht erfüllten. Schließlich stieß ich auf die HALVE MAEN, ein holländisches Schiff aus der Zeit des Anfangs des 17. Jahrhunderts. Den Schiffsnamen kennt zwar kaum jemand, wohl bekannt ist aber der Kapitän, nämlich Henry Hudson, Entdecker der Hudson-Bay und des Hudson-River bei New York.
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Zur Geschichte | -.- | |
Im Jahre 1602 wurde in Holland die "Vereinte Ostindische Kompanie" gegründet. Zweck der Gesellschaft war der Handel mit dem sog. Ostindien, also Asien. Westindien nannte man damals die Karibik. Um den weiten Weg um Afrika oder Kap Hoorn herum verkürzen zu können, hoffte man, östlich oder westlich von Grönland eine Durchfahrt in den Pazifik finden zu können, die bekannte Nordwest- oder Nordost-Passage, Man glaubte seinerzeit Erzählungen über ein eisfreies Gewässer am Nordpol. Um diesen Weg zu suchen, wurden Kapitäne wie Henry Hudson ausgeschickt.
Sein Schiff, die HALVE MAEN, wurde 1608 gebaut. Sie hatte eine Länge von gut 20 m, war also auch für die damalige Zeit recht klein, selbst die SANTA MARIA von Christopher Columbus war um über 3 m länger. Dennoch war sie seetüchtig und mit 8 Knoten auch relativ schnell. Man bevorzugte damals für Expeditionen kleinere Schiffe, denn diese waren wendiger und die Gefahr einer Strandung an unbekannten Küsten daher geringer. Die Raumhöhe unter Deck betrug für die 20-köpfige Besatzung nur 4 Fuß, das war also mit etwa 1,35 m mehr als ungemütlich.
Bei seiner Expedition 1609 hat Hudson die gesuchte Nordost-Passage zwar nicht gefunden, wohl aber die nach ihm benannte Hudson-Bay und später dann den Hudson-River. Im Gebiet dieses Flusses kam es dann zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit Indianern, die Hudson mit Hilfe seiner Kanonen aber für sich entscheiden konnte. Weitere Einzelheiten sind nicht überliefert.
Auf einer weiteren Reise hat es dann eine Meuterei gegeben, in deren Folge Kapitän Hudson im Jahre 1610 mit sieben Mann in der Hudson-Bay ausgesetzt wurde. Dort verliert sich ihre Spur, was aus dem Schiff und den Meuterern wurde, ist ebenfalls nicht bekannt.
Rückblickend muß man sagen, daß alle damaligen Eismeerexpeditionen zum Scheitern verurteilt waren, da sie in einer ausgesprochenen Kälteperiode des sich immer wandelnden Erdklimas durchgeführt wurden. Heute wäre es kein Problem mehr, mit einem hölzernen Segelschiff die Nordost-Passage zu schaffen, wie Arved Fuchs bewiesen hat. Aber auch zur Zeit der Wikinger wäre es wahrscheinlich möglich gewesen, es hat seinerzeit nur niemand versucht, da es noch kein Interesse an einem Seeweg nach Indien gab. Denn als Erik der Rote um 1000 n. Christus Grönland entdeckte, waren die Klimaverhältnisse dort so günstig, daß man siedeln und sogar Ackerbau betreiben konnte. Es war damals also wohl noch wärmer als heute, obwohl die Wikingerschiffe kein C02 produzierten ...
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Der Bau des Modells begann mit der Herstellung der Kielplatte, für die ich immer ganz planes Massivholz benutze. In diesem Fall war das ein abgelagertes 10mmEichenbrett vom Tischler, zwar etwas mühsamer zu bearbeiten als Sperrholz, aber Sperrholzplatten sind in der Regel ja doch meist etwas verzogen. Da ich wegen des großen Rumpfes von Anfang an Gewicht sparen wollte, habe ich dann für die Spanten 4-mm-Sperrholz benutzt. Da ich sie noch sehr grazil ausgesägt habe, sorgen einige Längsstringer für genügend Stabilität.
In dieser Bauphase wurden dann provisorisch Masten, Rahen, Ruder, Servos und Umlenkrollen angebracht. Problematisch war der Einbau der Ruderanlage. Wegen des hohen Heckaufbaus sitzt diese nämlich ganz tief und unzugänglich im Rumpf, später würde sie nur noch durch eine enge Öffnung im Quarterdeck zugänglich sein. Da das Ruderservo während des Weiterbaus wieder entfernt werden mußte, war es nötig, alles so vorzubereiten, daß die Endmontage später mit Pinzetten und langen Schraubenziehern von oben möglich sein würde.
Als Nächstes habe ich die Rahenanlenkung mit den Segelverstellservos eingestellt. Dabei ergab sich, daß nur für die beiden Marssegel Umlenkrollen erforderlich waren, was den "Leinensalat" schon angenehm reduzierte. Außerdem hat die Verwendung kugelgelagerter Rollen auch noch dazu beigetragen, daß sich die Rahen zügig in die gewünschte Position drehen lassen. Um diese Drehbewegung schön langsam ablaufen zu lassen, habe ich dann noch ein sog. Delay-Modul zur Verringerung der Stellgeschwindigkeit eingebaut, das sich jedoch im praktischen Betrieb nicht bewährt hat. Bei Unterschreiten einer bestimmten Batteriespannung quittieren diese Module nämlich ihren Dienst vor allen anderen Servos. Bei einer Kranansteuerung oder Ähnlichem ist das ja nicht weiter schlimm, bei einem Rahsegler fällt damit jedoch praktisch der Antrieb aus. Also habe ich das Delay-Modul wieder entfernt und bemühe mich, im Betrieb die Steuerschieber am Sender eben möglichst langsam zu verstellen.
Nun mußten auch noch die zwei senkrechten Rohre eingebaut werden, durch die die Trägerstangen der späteren Bleibombe vom Kiel bis unter die Decksöffnungen geschoben werden. Beim Einbau dieser Rohre ist Genauigkeit gefragt, denn wenn sie nicht ausreichend parallel verlaufen, gibt es später Probleme mit dem Einschieben der Trägerstangen.
Nun habe ich den Rumpf mit Nußbaumleisten beplankt, die auf der Innenseite eine GfK-Beschichtung erhielten. Als Notantrieb wurde wieder eine Wasserstrahlpumpe eingebaut, diese saugt Wasser am Schiffsboden an und stößt es in einem Rohr nach achtern aus. Das ist zwar nicht so wirkungsvoll wie ein Propeller, aber dafür praktisch unsichtbar.
Die Decks aus 1-mm-Sperrholz schlossen dann den Rumpf. Wie immer habe ich sie schwarz gebeizt, um die Kalfaterung zwischen den anschließend aufgeklebten Abachi-Decksplanken darzustellen.
In die Decksöffnungen, die den Zugang zum Schiffsinneren ermöglichen, habe ich kastenförmige Holzrahmen eingesetzt, passgenau hierfür wurden entsprechende Deckelkästen angefertigt. Wenn man exakt arbeitet, ist das Deck nach dem Einschieben weitgehend dicht. Nach einigen Monaten muß man aber mit einer Lockerung der Teile rechnen, da sich das Holz durch Austrocknung etwas zusammenzieht. Das ist aber mit ein oder zwei Lackschichten leicht zu beheben. Durch den engen Sitz war es allerdings unmöglich diese Deckel sozusagen als Griff mit dem jeweiligen Decksteil verschraubt.
Die Anfertigung dieser beiden Bauteile war an sich nicht schwierig, nur durfte im offenen Beiboot natürlich kein Spantengerippe sichtbar sein. Das Spantengerippe habe ich daher aus Balsa gebaut und anschließend doppelt mit 0,5-mm Nußbaumleisten beplankt. Damit hatte ich eine formverleimte Schale, aus der ich die Balsateile leicht entfernen konnte. Anschließend wurde das Bootsinnere realistisch gestaltet.
Wesentlich schwieriger war die Herstellung von Vorsteven und Galion. Ich habe zunächst aus Buchenbiegeleisten die geschwungenen Bögen angebracht und dann die verschiedenen Stützen, Streben und Laufplanken eingearbeitet. Es ist ein dreidimensionales Puzzle, dessen Teile etwas Geduld und eine gute Feile erfordern. Einfacher war das "Schnitzen" der rautenförmigen Seitenverzierungen, ich habe hier nämlich nicht geschnitzt, sondern das Ornament mit einer ganz feinen Laubsäge aus einem dünnen Buchenbrettchen ausgesägt und seitlich angeklebt.
Die Wappenschilder an Bug und Heck zeigen das Emblem der Stadt Amsterdam. Die drei weißen Kreuzchen stehen für "vastberaden" (entschlossen), "heldhaftig" und "barmhartig".
Den krönenden Abschluß des Rumpfbaus bildete die Hecklaterne. Deren Wände sind aus Kupferblech zusammengelötet, der Deckel ist mit einer langen Schraube am Boden befestigt, damit die eingeklebten Plexiglasscheiben nicht durch einen weiteren Lötvorgang beschädigt wurden.
Nachdem ich die Fernsteuerung wieder eingebaut hatte und auch das provisorische Heck wieder stand, ergab sich für die Bleibombe ein Gewicht von etwa 5 kg. Der Guß erfolgte, nachdem ich mir von der Tankstelle genügend altes Auswuchtblei besorgt hatte. Das war allerdings schwieriger als früher: Unsere Regierung fürchtete wohl, daß die Autofahrer am Auswuchtblei lutschen könnten, darum hat sie verfügt, Blei durch weniger giftiges, dafür aber leichteres Metall zu ersetzen. Das erkennt man oft erst dann, wenn es oben auf die Bleimasse schwimmt und nicht schmelzen will.
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Mit ziemlichem Kribbeln im Bauch ging es dann an einem Tag mit leichtem Westwind an den See. Schon nach wenigen Metern auf dem Wasser war eine deutliche Leegierigkeit des Models festzustellen, die allerdings mit Gegenruder einigermaßen auszugleichen war. Bei ganz dichtgeholten Brassen lief die HALVE MAEN recht ordentlich am Wind und ging sogar problemlos durch die Wende. Aber mit dem ständig bremsenden Gegenruder war das Ganze doch recht unbefriedigend. Wie ich später erfuhr, ist diese Leegierigkeit für die meisten Schiffe dieser Bauart aber typisch. Mit diesem schwachen Trost konnte ich jedoch nicht viel anfangen und überlegte, wie das Fahrverhalten zu ändern war.
Drei Schritte führten schließlich zum Erfolg: Die Kielflosse wurde um 50% nach vorn vergrößert, der Besan bekam ein paar Quadratzentimeter Segelfläche mehr und die Blinde wurde so umkonstruiert, daß sie außer bei raumen Kursen aufgegeit werden kann. Die Verstellung der Blindebrassen entfiel damit und das Aufgeien besorgte ein weiteres Fahrwerksservo. Auf diese Weise wurde der Lateraldruckpunkt nach vorn und der Segeldruckpunkt nach achtern verlagert.
Die nächsten Monate vergingen dann mit der Anfertigung des endgültigen Riggs, wobei meine Frau zu meiner großen Freude das Segelnähen und die Flaggenbemalung übernommen hat.
An den Masten fallen die großen und massiven Mastkörbe auf, die damals auch als Gefechtsplattformen benutzt wurden. Ich habe diese nach der gleichen Methode gebaut, in der ich auch Fässer mache: Auf einen dünnen Rundstab klebte ich in etwa 2 cm Abstand zwei Scheibenräder, eines mit dem Durchmesser des Mastkorbbodens, das andere mit dem des oberen Randes. Dabei bestand die untere Scheibe aus Nußbaum, die obere aus Balsa. Das Ganze wird dann wie ein Faß beplankt und mit drei Holzringen verstärkt. Zum Schluß wird die Balsascheibe herausgehoben und der Boden mit den nötigen Ausschnitten versehen, danach kann man den fertigen Mastkorb am Eselshaupt anbringen.
Die Stengen habe ich genau wie beim Original einschiebbar gemacht, damit das Modell beim Transport etwas niedriger ist. Für das Schloßholz, das den Stengefuß hält, nahm ich dann allerdings einen Vierkantstab aus Metall, das ist stabiler und kann nicht aufquellen.
Die Segeleigenschaften nach der Fertigstellung entsprechen den vorher geschilderten Erfahrungen mit dem provisorischen Rigg. Aber beim Rahsegler ist der Kurs am Wind immer die etwas mühsame Pflicht, die rauschende Fahrt vor dem Wind hingegen die beeindruckende Kür.