Modellbau
Baukasten |
mini-sail e.V. |
Darüber berichtet Klaus Bartholomäels
Wer kennt sie nicht, die OPTIMIST von Graupner. Das Modell einer äußerst erfolgreichen Regattayacht der Eintonnerklasse in den 1960ern, die bei der renommierten Werft Abeking & Rasmussen vom Stapel lief. Für segelbegeisterte Modellbauer setzte sie in den Siebzigern und Achzigern des letzten Jahrhunderts auch Maßstäbe. Wie so oft aber nicht nur hinsichtlich der Segelleistung und Detaillierung, sondern auch hinsichtlich des Preises. Als Jugendlicher blieb sie deshalb für mich unerreichbar. Ich konnte mir gerade mal von vier Wochen Ferienarbeit den gusseisernen Ballast und den Beschlagsatz leisten und baute mir aus diesen Komponenten meine eigene Traumyacht. Mittlerweile sind 25 Jahre Modellbauerleben vergangen. Viele Modellschiffe sind in der Modellwerft entstanden, die meisten von ihnen Segelschiffe. Die Optimist ging jedoch nicht aus meinem Kopf. Lange ist sie schon aus dem Bauprogramm von Graupner verschwunden, aber der Gebrauchtmarkt ist gut, für ca. 100,-€ kann man schon ein Modell mit guter Substanz erstehen. Aber alle angebotenen Modelle waren weit weg. Und nur um ein Modell zu kaufen 200km zu fahren, um dann festzustellen, dass der Bauzustand doch zu schlecht ist, nein das war mir dann doch zu viel. Aber wie das Schicksal so spielt, just in dieser Phase erhielt ich von meinem Freund Thomas eine E-Mail, dass er gerade seinen Keller ausmistet und eine Menge Modellsegelboote loswerden will. Eine Optimist war auch dabei. Noch am selben Abend wurden wir uns handelseinig. Und so fuhren wir dann doch die 200km an einem grausigen Januartag nach Stuttgart, um das Modell abzuholen... Das schöne Modell und der nette Nachmittag entschädigten aber dann doch für die Mühen.Natürlich hatte ich schon mit Thomas besprochen was alles zu tun ist. Und daheim angekommen, wurde die Liste noch länger. Aus dem anfänglich als Kaufen- und Segeln- Projekt gedachten Boot wurde schnell ein Restaurierungs- und Umbauprojekt. Aus Thomas Unterlagen zum Original ging hervor, dass dieses über eine trimmbare Kielflosse verfügte. Klar, dass mein Modell das auch haben musste. Eine Genua ist bei so einem Modell ja fast schon Pflicht, außerdem finde ich, dass die blaue Fock einfach nicht zum Charakter des Bootes passt. Und wenn man schon über eine aufwändigere Vorsegelsteuerung nachdenkt, warum sollte dann nicht auch ein Spinnaker vorgesehen werden? Na und dann war da noch der Rumpf. Die Spanten drückten sich leicht durch, wie das oft der Fall ist, wenn sie mit Stabilit in einen ABS-Rumpf eingeklebt werden. Wegen der Trimmklappe muss ohnehin umfangreicher lackiert werden, also warum nicht gleich die Dellen ausspachteln und schleifen? Am Aufbau gefiel mir nicht, dass man das Kajütdach nicht abnehmen kann, wenn der Mast gesetzt ist und das Cockpitsüll hatte einen kleinen Schaden im achteren Bereich. Außerdem finde ich, dass ein solches Modell auch ein wenig mehr Detaillierung verträgt, als es der Baukasten hergibt. Die Kielbolzen und Bodenwrangen waren weich gesegelt und der Aufbau konnte auch etwas neue Farbe vertragen. Die Segel sind natürlich nach den vielen Jahren auch nicht mehr die Besten. Die Liste wurde von Abend zu Abend länger und so war schnell klar, das die Optimist nicht wie ursprünglich geplant zum minisail Treffen am Degersee im April 2007 fertig sein würde.
Nachdem ich ohnehin gerade kein Schiff im Bau hatte, konnte es sofort losgehen. Als erstes ging ich die Trimmflosse an. Zugegeben, ich glaube nicht direkt an die Wirksamkeit solcher Flossen. Auch bei den Großen haben sich die Dinger ja nicht wirklich durchgesetzt. Aber technisch interessant war die Aufgabe ja schon, denn die Flosse sollte sich möglichst ohne Spalt an den Ballastkiel anschließen. Der Kiel hat eine relativ dicke Hinterkante, was dem Unterfangen sehr entgegenkommt. Mit der Flex wurde sie etwas geglättet und direkt dahinter die Drehachse der Flosse aus 5mm MS-Rohr angeordnet. Die Flosse selbst besteht aus zwei 0,2mm Bronzeblechen, die nach einer Pappschablone ausgeschnitten und mit dem Messingrohr verlötet wurden. Nach dem Verschleifen der Lötnähte wurde die Flosse mit EP-Harz ausgegossen und mit ihrem Koker so im Rumpf verklebt, dass sie exakt hinter der Hinterkante des Ballastkiels anschließt. Der Fuß des Kiels bekam nun noch ein Lager für den Schaft der Flosse, damit das alles auch an seinem Platz bleibt. Zum Schließen des Spaltes zwischen Trimmflosse und Ballastkiel wurde ebenfalls 0,2mm Bronzeblech verwendet, das beidseitig so auf den Ballastkiel geklebt wurde, dass es mit der Flosse überlappt. Für die kleinen Ausschläge der Flosse funktioniert das perfekt. Die Idee dazu kam mir übrigens auf einer Dienstreise bei der Beobachtung der Landeklappen und Querruder des Flugzeuges...
Jetzt folgte die Lieblingsbeschäftigung eines jeden Modellbauers. Spachteln und Schleifen. Vorher habe ich mir noch eine Vorrichtung gebaut, damit ich das Modell über Kopf aufstellen konnte, ohne den Aufbau zu beschädigen. Etwa vier Wochen habe ich mich mit dem Finish abgemüht. Endlos viele Farbdosen versprüht und immer wieder gespachtelt und geschliffen. Das Resultat ist zumindest besser als vorher, meinen Ansprüchen genügt es jedoch nicht. Aber immerhin hat das Modell die Farbe, die es haben sollte, was will man mehr!
Zwischendurch entstand noch ein Reitbalken mit Großschottraveller, der jetzt installiert werden konnte. Ein paar Winden und Sitzpolster folgen noch später. Segel nähen war dann wieder toll. Meine Familie schenkte mir im März einen Bastelsonntag an dem der ganze Segelsatz aus Icarex entstand. Den Spinnaker wollte ich mir aber dann doch für später aufsparen, denn dieses mal wollte ich unbedingt meinen Zeitplan einhalten. Und so wurde die Optimist tatsächlich noch rechtzeitig fertig. Am Abend vor der Abreise fiel mir noch auf, dass die Antenne noch nicht angeschlossen war. Aber auch das war schnell erledigt.
Ein wenig getrübt wurde die Jungfernfahrt durch hakende Vorsegelschoten. Unter Deck funktionierte alles wie geplant. Aber auf Deck verhakten sich die Genuaschoten regelmäßig in den Wantenspannern. Ein kleines Pappröllchen um die Wanten gewickelt, brachte hier Abhilfe. Sieht natürlich nicht gut aus, aber funktioniert und wurde deshalb umgehend durch einen PVC Schlauch ersetzt, der ebenso gut funktioniert, aber wesentlich besser aussieht. Die Großen haben das ja schließlich auch.
Mit der Optimist habe ich nun ein wunderschön anzuschauendes Segelboot, das prima segelt und dennoch, trotz seiner ehemaligen Popularität unter den ganzen modernen Rennziegen einzigartig geworden ist. Mein Jugendtraum hat sich erfüllt und meine Erwartungen wurden deutlich übertroffen. Schön!