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Baukasten
mini-sail e.V.icon-ms-040

mb-09-06.htm / 07.2009
© erschienen in SchiffsModell 04/2008
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b01k.jpg "OPTIMIST"
Oder: Ein Jugendtraum erfüllt sich.

Darüber berichtet Klaus Bartholomäels

Wer kennt sie nicht, die OPTIMIST von Graupner. Das Modell einer äußerst erfolgreichen Regattayacht der Eintonnerklasse in den 1960ern, die bei der renommierten Werft Abeking & Rasmussen vom Stapel lief. Für segelbegeisterte Modellbauer setzte sie in den Siebzigern und Achzigern des letzten Jahrhunderts auch Maßstäbe. Wie so oft aber nicht nur hinsichtlich der Segelleistung und Detaillierung, sondern auch hinsichtlich des Preises. Als Jugendlicher blieb sie deshalb für mich unerreichbar. Ich konnte mir gerade mal von vier Wochen Ferienarbeit den gusseisernen Ballast und den Beschlagsatz leisten und baute mir aus diesen Komponenten meine eigene Traumyacht. Mittlerweile sind 25 Jahre Modellbauerleben vergangen. Viele Modellschiffe sind in der Modellwerft entstanden, die meisten von ihnen Segelschiffe. Die Optimist ging jedoch nicht aus meinem Kopf. Lange ist sie schon aus dem Bauprogramm von Graupner verschwunden, aber der Gebrauchtmarkt ist gut, für ca. 100,-€ kann man schon ein Modell mit guter Substanz erstehen. Aber alle angebotenen Modelle waren weit weg. Und nur um ein Modell zu kaufen 200km zu fahren, um dann festzustellen, dass der Bauzustand doch zu schlecht ist, nein das war mir dann doch zu viel. Aber wie das Schicksal so spielt, just in dieser Phase erhielt ich von meinem Freund Thomas eine E-Mail, dass er gerade seinen Keller ausmistet und eine Menge Modellsegelboote loswerden will. Eine Optimist war auch dabei. Noch am selben Abend wurden wir uns handelseinig. Und so fuhren wir dann doch die 200km an einem grausigen Januartag nach Stuttgart, um das Modell abzuholen... Das schöne Modell und der nette Nachmittag entschädigten aber dann doch für die Mühen.

b02k.jpg Natürlich hatte ich schon mit Thomas besprochen was alles zu tun ist. Und daheim angekommen, wurde die Liste noch länger. Aus dem anfänglich als Kaufen- und Segeln- Projekt gedachten Boot wurde schnell ein Restaurierungs- und Umbauprojekt. Aus Thomas Unterlagen zum Original ging hervor, dass dieses über eine trimmbare Kielflosse verfügte. Klar, dass mein Modell das auch haben musste. Eine Genua ist bei so einem Modell ja fast schon Pflicht, außerdem finde ich, dass die blaue Fock einfach nicht zum Charakter des Bootes passt. Und wenn man schon über eine aufwändigere Vorsegelsteuerung nachdenkt, warum sollte dann nicht auch ein Spinnaker vorgesehen werden? Na und dann war da noch der Rumpf. Die Spanten drückten sich leicht durch, wie das oft der Fall ist, wenn sie mit Stabilit in einen ABS-Rumpf eingeklebt werden. Wegen der Trimmklappe muss ohnehin umfangreicher lackiert werden, also warum nicht gleich die Dellen ausspachteln und schleifen? Am Aufbau gefiel mir nicht, dass man das Kajütdach nicht abnehmen kann, wenn der Mast gesetzt ist und das Cockpitsüll hatte einen kleinen Schaden im achteren Bereich. Außerdem finde ich, dass ein solches Modell auch ein wenig mehr Detaillierung verträgt, als es der Baukasten hergibt. Die Kielbolzen und Bodenwrangen waren weich gesegelt und der Aufbau konnte auch etwas neue Farbe vertragen. Die Segel sind natürlich nach den vielen Jahren auch nicht mehr die Besten. Die Liste wurde von Abend zu Abend länger und so war schnell klar, das die Optimist nicht wie ursprünglich geplant zum minisail Treffen am Degersee im April 2007 fertig sein würde.

b03k.jpg Nachdem ich ohnehin gerade kein Schiff im Bau hatte, konnte es sofort losgehen. Als erstes ging ich die Trimmflosse an. Zugegeben, ich glaube nicht direkt an die Wirksamkeit solcher Flossen. Auch bei den Großen haben sich die Dinger ja nicht wirklich durchgesetzt. Aber technisch interessant war die Aufgabe ja schon, denn die Flosse sollte sich möglichst ohne Spalt an den Ballastkiel anschließen. Der Kiel hat eine relativ dicke Hinterkante, was dem Unterfangen sehr entgegenkommt. Mit der Flex wurde sie etwas geglättet und direkt dahinter die Drehachse der Flosse aus 5mm MS-Rohr angeordnet. Die Flosse selbst besteht aus zwei 0,2mm Bronzeblechen, die nach einer Pappschablone ausgeschnitten und mit dem Messingrohr verlötet wurden. Nach dem Verschleifen der Lötnähte wurde die Flosse mit EP-Harz ausgegossen und mit ihrem Koker so im Rumpf verklebt, dass sie exakt hinter der Hinterkante des Ballastkiels anschließt. Der Fuß des Kiels bekam nun noch ein Lager für den Schaft der Flosse, damit das alles auch an seinem Platz bleibt. Zum Schließen des Spaltes zwischen Trimmflosse und Ballastkiel wurde ebenfalls 0,2mm Bronzeblech verwendet, das beidseitig so auf den Ballastkiel geklebt wurde, dass es mit der Flosse überlappt. Für die kleinen Ausschläge der Flosse funktioniert das perfekt. Die Idee dazu kam mir übrigens auf einer Dienstreise bei der Beobachtung der Landeklappen und Querruder des Flugzeuges...

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Die Kielflosse mit der Klappe im Rohbau

Jetzt folgte die Lieblingsbeschäftigung eines jeden Modellbauers. Spachteln und Schleifen. Vorher habe ich mir noch eine Vorrichtung gebaut, damit ich das Modell über Kopf aufstellen konnte, ohne den Aufbau zu beschädigen. Etwa vier Wochen habe ich mich mit dem Finish abgemüht. Endlos viele Farbdosen versprüht und immer wieder gespachtelt und geschliffen. Das Resultat ist zumindest besser als vorher, meinen Ansprüchen genügt es jedoch nicht. Aber immerhin hat das Modell die Farbe, die es haben sollte, was will man mehr!


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das Abdeckblech ist angebracht
Mittlerweile war der Sommer schon weit voran geschritten und ich hatte noch immer kein segelfertiges Modell. Die Winden waren nun dran. Von Thomas hatte ich eine gebrauchte MPX-Winde abgestaubt. Weil sie so schnell ist, sollte sie die Vorsegelwinde werden. Für das Groß kaufte ich eine billige hitech Winde. Letztere bekam eine neue Trommel, um den Wickelweg anzupassen und wurde mit einem Schotschlitten versehen, der unter der Steuerbord Kockpitducht seinen Dienst verrichten sollte. Die Genuawinde sollte im vorderen Bereich der Kajüte ihren Platz finden. Wenn man einige Jahre nur kleine Modelle unter 80cm Rumpflänge gebaut hat, dann kommen einem die Platzverhältnisse in der Optimist schier unbegrenzt vor. Dennoch will gut geplant sein, denn schnell fehlen entscheidende 5mm.

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und fertig verspachtelt und lackiert von unten
Über die Genuawinde dachte ich lange nach. Sie sollte auf jeder Seite 1m Schot auf- und abwickeln. Aber eine Umlaufschot wollte ich nicht im Boot montieren, wegen der Zugänglichkeit. Deshalb entschied ich mich für das Konzept, das ich schon bei meinem Catboat (SchiffsModell 01/2000) angewendet hatte. Die Idee ist, dass die Schot von der Winde nur aktiv aufgewickelt wird. Beim Abwickeln aber die Winde nur die Windentrommel freigibt, aber nicht die Schot abwickelt. Das soll die Schot selbst tun, indem beispielsweise das Segel an ihr zieht. Dadurch werden Wulings vermieden und der Bauraum der Winde ist extrem klein. Systembedingt ist aber ein wenig Reibung notwendig was durchaus von Nachteil sein kann. Endlich kam mal wieder die Drehbank zum Einsatz und so entstand nach und nach eine maßgeschneiderte kompakte Vorschotwinde. Die beiden Trommeln sind übrigens ausgediente Felgen eines RC-Cars. Man darf eben nichts wegwerfen. Ehefrauen bringt das zum Wahnsinn, aber für den eingefleischten Modellbauer ist eben nichts kaputt genug, um statt in der Modellbaukiste im Mülleimer zu landen.

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Das muss alles im Rumpf Platz finden
Was kann es Schöneres geben als zu Weihnachten eine funktionierende selbstgebaute Vorschotwinde auf der Werkbank stehen zu haben. Fast ein Jahr nach dem Kauf des Bootes packte mich dann doch der Ehrgeiz. Wenigstens zum Degersee-Treffen im April 2008 sollte die OPTIMIST schwimmen! Also wurde die Winde eingebaut, die Schotführungen eingeklebt. Der Akku mit Spannungsregler unter die Backbord Kockpitducht gepackt und die beiden Servos für Ruder und Trimmflosse montiert. Das alles geschah im Januar. Ich war stolz auf mich.

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und so sieht’s eingebaut aus (hier noch ohne Schoten)
Aber jetzt, schon wieder Lackieren. Das Kajütdach war schnell zur besseren Zugänglichkeit zweigeteilt. Der vordere Teil des Daches ist jetzt fest verklebt und stützt so den Mast sehr sicher. Und auch das Cockpitsüll war schnell repariert und mit bestem Mahagoni aufgedoppelt, damit es stabiler wird. Die Cockpitböden bekamen noch eine schöne Beplankung mit Kalfaterung und dann durfte ich wieder zum Pinsel greifen. Die Kajütwände und das Cockpit bekamen neuen Glanz durch hochwertigen Bootslack. Aber das Kajütdach entpuppte sich dann schnell wieder zum Waterloo. Ich wollte diesmal Revell Farben verwenden, weil mir ein Freund so davon vorgeschwärmt hatte und ich auch noch von früher wusste, dass die recht gut sind. Aber für so große Flächen wie das Kajütdach sind sie dann unverdünnt doch nicht zur Pinsellackierung geeignet. Sie trocknen einfach zu schnell. Eine grieselige Oberfläche war die Folge. In Hochglanz sieht das Ganze dann noch grausiger aus. Also alles wieder Runterschleifen und in mehreren Schichten mit Verdünnung wieder neu anfangen. Das Resultat ist zwar auch nicht perfekt, aber es genügt mir. Man muss eben wissen wann man verloren hat.

Zwischendurch entstand noch ein Reitbalken mit Großschottraveller, der jetzt installiert werden konnte. Ein paar Winden und Sitzpolster folgen noch später. Segel nähen war dann wieder toll. Meine Familie schenkte mir im März einen Bastelsonntag an dem der ganze Segelsatz aus Icarex entstand. Den Spinnaker wollte ich mir aber dann doch für später aufsparen, denn dieses mal wollte ich unbedingt meinen Zeitplan einhalten. Und so wurde die Optimist tatsächlich noch rechtzeitig fertig. Am Abend vor der Abreise fiel mir noch auf, dass die Antenne noch nicht angeschlossen war. Aber auch das war schnell erledigt.

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Stapellauf ...
Der Degersee zeigte sich mal wieder von seiner schönsten Seite. Nach zwei Wochen Sturm, Hagel und Hochwasser hatte Franz Baierl wieder für besten Sonnenschein gesorgt. Sogar an ein wenig Wind hatte er gedacht. Also wurde die Optimist schnell aufgetakelt, alles überprüft und ab ins Wasser. Der Wind war nicht gerade prächtig, aber die Segel standen gut und so sorgte die Genua für ordentlich Vortrieb. Durch die große Überlappung ist sie jedoch sorgsam einzustellen, damit die Düse zwischen Vorsegel und Großsegel funktioniert. Selbst bei wenig Wind kommt richtig Segelspaß auf. Ab 2 Bft erreicht sie bereits Rumpfgeschwindigkeit und bei gut 3 Bft ist die Reffgrenze erreicht, die Normalfock muss also gesetzt werden. Bei größerer Lage wird sie etwas luvgierig, was meines Erachtens an dem breiten Rumpf liegt. Durch den langen Lateralplan ist die Optimist deutlich träger als beispielsweise eine Saphir. Aber dafür segelt sie – richtig getrimmt – wunderbar kursstabil und bleibt durch ihre hohe Masse nicht in jedem Windloch stehen.

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... und auf zur Jungfernfahrt mit stolz geblähten Segeln
Die anlenkbare Kielflosse hätte ich mir ruhig sparen können. Sie hat absolut keinen Effekt. Sie bringt keine zusätzliche Höhe am Wind. Lediglich die Luvgierigkeit gleicht sie ein wenig aus. Aber das geht auch mit dem Ruder. Trotzdem hat es Spaß gemacht so etwas mal zu bauen. Einen Vorteil hat der Umbau aber dann doch gebracht. Durch die Trimmflosse ist die Hinterkante der Kielflosse messerscharf geworden. Das kommt der Wirksamkeit doch zugute. Der Wendewinkel der Optimist wird damit fast so gut wie der der Saphir, die mir immer als Referenz dient.

Ein wenig getrübt wurde die Jungfernfahrt durch hakende Vorsegelschoten. Unter Deck funktionierte alles wie geplant. Aber auf Deck verhakten sich die Genuaschoten regelmäßig in den Wantenspannern. Ein kleines Pappröllchen um die Wanten gewickelt, brachte hier Abhilfe. Sieht natürlich nicht gut aus, aber funktioniert und wurde deshalb umgehend durch einen PVC Schlauch ersetzt, der ebenso gut funktioniert, aber wesentlich besser aussieht. Die Großen haben das ja schließlich auch. b11k.jpg

Vor dem Wind ist die Wirksamkeit der Genua begrenzt.
Am Nachmittag riss mir dann die Steuerbordschot, weil sie sich in einem Block verklemmt hatte, womit dem Segeltag ein jähes Ende gesetzt wurde. Außerdem löste sich der Steuerbord Unterwant ständig. Eine Schwäche der Graupner Wantenspanner. Darum wurden sie kurzerhand auf die Regattawantenspanner der Oberwanten gehängt und mit Schraubensicherungslack gesichert. So kann des Ab- und Auftakeln beschleunigt werden und die Trimmung der Wanten bleibt immer gleich.

Mit der Optimist habe ich nun ein wunderschön anzuschauendes Segelboot, das prima segelt und dennoch, trotz seiner ehemaligen Popularität unter den ganzen modernen Rennziegen einzigartig geworden ist. Mein Jugendtraum hat sich erfüllt und meine Erwartungen wurden deutlich übertroffen. Schön!


Klaus Bartholomä

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