Modellbau
Technik |
mini-sail e.V. |
Jeder kennt die Schwierigkeiten mit „dem Seil”. Viele Fäden im Angebot und doch nicht das was man sich vorstellt. So hat man seine Vorstellungen als Schiffsmodellbauer. Träume kann man ja haben an denen wir uns immer wieder erfreuen.
Eine Vorstellung verwirklichen. Davon möchte ich berichten. Dem Ziel Schritt für Schritt immer ein wenig näher kommen. Bis der ersehnte Wunsch passende Seile so zu haben, wie man sie sich wünscht verwenden zu kännen. Kommen Sie mit auf die Reise. Auf der Ihre Fragen und Antworten uns begleiten werden. Und am Ende gibt es für alle eine Antwort auf all jene Fragen.
Ein immer wieder aktuelles Thema: „Seile”. Teilweise werden mögliche Schnüre in diversen
Baumärkten gefunden und benützt. Nur ist da immer ein unliebsamer Kompromiss am Ende aller
Bemühungen bei der Suche das Fazit. Maurerschnüre sind eine Möglichkeit.
Ein historischer Segler mit geflochtenen Kunststoffschoten ist hier jedoch gänzlich unpassend. So
war in der Vergangenheit die Suche nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Hat man dann eine
Kordel oder ähnliches Schnurmaterial gefunden. Will der Kunststoff nicht seine neue Farbe
behalten. Oder die Sonne bringt dann auch noch Licht in die Angelegenheit. Die Folgen sind
verblichene Leinen. Sobald dann noch Scheuerstellen bei der eingefärbten Oberfläche abreiben kommt
der ehemalig farblich unpassende Kunststoff wieder zum Vorschein. So ziehen wir einen
Schlussstrich unter diese Misere. Und wenden uns Seilen zu. Die in Form und Größe wie wir sie
benötigen werden kein Traum bleiben. Alles endet da, wo es einmal anfing.
Modellseile auf historischen Modellen sind das Detail schlecht hin. Aber was sage ich. Das Prinzip einer Seilerei mit einer Reeperbahn war waagerecht mit entsprechend langen Fluren. Mein Hobbykeller gab nur nicht all zu viel Raum her. So kam mir die Idee von Franz Amon gerade recht. Er hatte eine einfache und doch funktionale Reepmaschine gebaut. Die senkrecht hängend Seile kurzer Hand entstehen lässt. Das war es also. Mein Nachbau und die Weiterentwicklung jener Fischertechnikseilerei fand sich kurzer Hand am Bücherregal wieder. Einfacher als ich es gedacht hätte. Gesehen und getan. Einfach sofort umgesetzt und doch funktional.
Das verschollen gegangene Wissen des Seilerhandwerkes will ich nicht umfassend wiedergeben. Das würde den Bogen hier auch überspannen. Im Austausch mit einem Freund wissend von meinem Vorhaben hatte er da den passenden Büchertipp. Sein Großvater seines Zeichens Seilereimeister hinterließ reichlich Anlass Stoff zum träumen. Wissend es geht doch so einfach. Wenn man(n) weiß wie. Bücher sind nicht nur meine besten Freunde. Nach einer kurzen Testphase kam die Erkenntnis. Kurze Wege führen dieses Mal schnell zum Erfolg. Vorerst nur mit kurzen Seilen. Da meine Seilmaschine unter der Decke im Wohnzimmer bis zum Fußboden nicht viel Länge an Tau hergaben, suchte ich nach einer besseren Möglichkeit. Ein langer oder hoher Raum war gefragt. Wie ein Turm bei der Feuerwehr. In dem die Schläuche nach einem heißem Auftritt zum trocknen aufgehängt werden. Stand nur noch der Hausflur als geeigneter Raum zur Verfügung. Vom Keller hoch hinaus in den Himmel. Nein das Dach beendete bedingt meine ausschweifende Fantasie. Zwischen den Handlaufgeländer hindurch gab den neuen Arbeitsraum genügend Platz. Alle guten Dinge sind drei. So ging es drei Stockwerke im freien Fall mit einem Schlag in den Keller. 5 – 6 Meter ergab diese Idee an Seil. Das war aber nicht alles.
Links (unten) das neue "geschlagene" Seil
Auf eine leichte Papierspule wird das neue Seil schnell aufgewickelt. Wie beim Metzger darf es
noch etwas mehr sein? So wird das Ende mit einem lockeren Knoten für einen weiteren Schlag kurzer
Hand umgelegt. Nur soviel, dass ein bisschen mehr mal eben so 10 oder 20 Meter an einem Stück so
möglich werden lüsst. Aber dazu später mehr. Ab geht die Post.
Die waagerecht laufende Reeperbahnen haben die Begrenzung aufgrund der einmaligen Aufnahme in der Länge. Und dem spezifischem Eigengewichtes zu Folge jeder einzelnen Faserart. Was ein Durchhängen bewirkt. Fangen wir also neu an zu denken. Das Prinzip meiner Seilerei ist somit etwas einfacher gehalten.
Ein kleines Regal wie ein Bilderrahmen aussehend (siehe rechts ) wie eine alte Rechenmaschine mit Holzperlen, steht senkrecht auf einem
Messingrohr mit 6 mm Durchmesser. Dieses Messingrohr wird unsere neue Achse sein. Um die sich für
den Anfang mal alles drehen wird. Nun damit sich ein Seil bildet, benötigen wir noch Garn. In
unserem Beispiel wird mal zu Anfang 1 Faden auf eine Nähgarnspule aufgespult. Das ganze 12 Mal ist
so auf vier Ebenen in jedem Regal separiert gehalten. Wie die aufgefädelten Holzperlen in unserer
alten Rechenmaschine. Alle Spulen befinden sich auf 5 mm starkem Messingrohr aufgereiht. Die
kleineren Messingrohre für die Nähgarnspulen haben somit etwas Spiel von einem Millimeter. Unter
jeder Reihe dieser Spulen befindet sich immer eine Holzleiste mit einem Filzstreifen. Durch das
Eigengewicht jeder einzelnen Spule für sich bremsen die Spulen immer beim abrollen konstant etwas
gewollt am Filz. Führen wir die Fäden in unser senkrechtes 6 mm Messingrohr als Drehachse
hindurch, so erhalten wir ein Bündel von noch lockeren Fäden. Was ein Kardeel darstellt.
alle drei Haspeln auf dem oberen Teil der Vorrichtung (Antrieb darunter)
Soweit so gut. Da ein Seil aus mindestens drei oder mehr Kardeelen besteht, werden wir auch der
Einfachheit halber auch nur drei wählen. Als Drehachse mit einem Regal voller Spulen nennt man
Haspeln. Für den Anfang werden 12 Fäden in je einer der drei Haspeln vorgesehen. Damit nun aus den
12 mal 3 (36 Fäden) aus den Haspeln kommend ein Seil wird, müssen alle drei Kardeele gleichmäßig
in der selben Länge und Richtung gedreht werden.
Beim Drehen der Kardeele baut sich
langsam eine innere Spannung auf. Ein Läufer (siehe rechts ) hält die eingedrehten Kardeele noch separat von einander getrennt. Steigt
die Spannung an, entsteht ein Druck auf unseren Läufer. In unserem Fall besteht unser Läufer aus
Styrodur. Die Kardeele werden um den Läufer herum geführt. Die Führungsrillen bestehen aus
Strohhalmen oder Bowdenröhrchen. Nur gerade mal 2 Gramm ist dieser Läufer schwer. Ein geringes
Gewicht und weitere 100 Gramm halten unser Gespann immer gleichmäßig straff. Bevor es los geht.
Die Kardeele drehen sich noch immer unaufhörlich. Und somit steigt schlussendlich die Spannung so
stark an, dass unser Läufer geformt wie ein Projektil durch den zu nehmenden zwanghaften Druck der
Kardeele in die Höhe gedrückt wird.
Antriebseinheit mit den Haspeln oben und dem Anfang der eigentlichen "Reeperbahn"
unten
Vor lauter Spannung und dem gewichtigen Thema habe ich den Faden aber nicht verloren. Doch bremsen
will ich nicht. Nur eins muss vor lauter Euphorie will oder muss ich dann doch noch. Aber nur
soviel wie nötig. Da das Gesamtgewicht unseres Gespannes die Fadengruppen beim Aufbau der Spannung
immer wieder neu nachziehen würde, begrenzt eine Wäscheklammer mit Filz zwischen den Backen
jeweils die Fäden pro Drehachse. Beim nun folgendem Testlauf wurden die in die Tiefe
ausrauschenden Fäden immer mal wieder mit überschnellen Fadenspulen übermäßig unsanft stark
gestoppt. Aus war es fürs erste mit der rasanten Fahrt. Um nun die Fäden immer in der gleichen
Länge in den Keller fallen zu lassen müssen jene Fäden gleichmäßig fast konstant gebremst werden.
Was die erste Spulenbremse unter jeder einzelnen Fadenspule im Regal wir erinnern uns, brachte
hier nicht bei dieser Länge den gewünschten Effekt.
Am unteren Seilende wird ein kleiner Getriebemotor in das Gespann eingehängt. Entgegen der
ersten Drehrichtung wird nun mit der erforderlichen Drehzahl und Drehung als Gegenschlag
vollzogen. Nur wie viel ist genug.
Sanft gleitet die Führung in die Tiefe
Auf der erneuten Suche reisen wir durch alle Gefilde unserer geheiligten Modellbauhallen. Wie
sollte unser benötigtes Zählwerk wohl aussehen. Die Zeit verging bei der Suche und dem Grübeln.
Der Gegenschlag tickte weiter und spulte den unten eingehängte Motor immer etwas mehr empor. Bei
der Rückkehr war es so still. Was war passiert? Das Zählwerk war überflüssig und doch da. Wie sich
der eingehängte Motor mit dem Seil anhob und die Elektrokabelsteckverbindung trennte, war die
automatische Abschaltvorrichtung geboren. Wieder einmal kam der Zufall wie bei so vielen Dingen zu
Hilfe. Den Motor ausgehängt fing unser Seil sich an wie wild auszudrehen. Bis es dann das
ausdrehende Seil nach etwas Geduld stehen blieb. Ich war überrascht als ich erneut wieder kam.
Meine Suche und die Erkenntnis, dass alles seine Zeit braucht präsentierte mir das neue Seil.
Wiederholtes recken (ziehen am Seil) wobei die neu zu sich gefundenen Kardeele zu einem Seil
verdreht verdichten. Das so nun locker hängende Seil drehte sich erneut aus. Da sich bei der
anschließenden Kontrolle das Seil noch immer etwas wieder verschlingend drehen wollte, wiederholte
ich den Reckvorgang noch einmal. Ließ das Seil noch einmal ausdrehen. Und da war es. Das erste 6
Meter lange Modellseil.
Doch nun fürs erste mal genug der grauen Theorie.
Wie alles haben auch Seile eine Seele. Nicht das wir vor lauter Spannung in unserem Stück jetzt
auch noch mystisch werden. Eine Seele ist ein in der Mitte von Kardeelen umgebener Faden. Der beim
Schlagen zentrisch eingeführt wurde. Um den Hohlraum auszufällen und dem unter Spannung stehenden
Gefüge Halt zu geben. So fährt uns unsere Reise ins alterwürdige Britannien. Für die englische
Marine wurden nur bestes Fasermaterial verwandt. Worauf viele ein Auge warfen. Was nun alle jene
Seelen jeglicher Choleur in den falschen Händen ein jähes Ende bereiten hätte können. Dieser rote
Faden als Kennzeichnung gedacht unterschied die Taue an sich. Taue der gewöhnlichen Handelsmarine
oder Fischerei, bekamen eine natürliche gefärbte Seele ohne diese farbliche Kennzeichnung. So war
eine Fremdzweckentwendung sofort sichtbar. Und sie wurde sehr hart nach dem damaligen Seerecht
bestraft. Soviel zu unserem kleinen historischen Exkurs. Verlassen wir das Seemannsgarn und folgen
der Route der Seilmacher.
Von dem Gewicht wird alles in Form gehalten, der Trafo dient für den Antrieb des
Wickelmotors
Was bei den original historischen Reeperbahnen aufgrund der Schwerkraft und der möglichen Länge
der Bahn begrenzt war. Muss aber für uns auch im Kleinen mit dem geringen Gewicht nicht immer
zutreffend sein. Die historische horizontale Bauart setzt uns hier räumliche Grenzen. So kam die
Idee von Franz Amon, die Horizontale zu verlassen und gehen etwas weiter in die Tiefe.
Die historische bekannte Reeperbahn hat nicht mehr alt so viel mit der berühmten Meile in Hamburg gemein. Nur soviel das in längst vergangenen Tagen, genau da eine Seilerei mal gewesen sein soll. Seiler waren sehr angesehene Handwerksleute die auch gut bezahlt wurden. Wo anders als in dem Viertel gaben sie ihr sauer verdientes Geld aus. In jenem Straßenzug dem sie bis heute noch ihren Namen gaben. Das es immer noch horizontal ausgeführtes Gewerbe geben soll, will ich hier nicht bestreiten. So wurde aus unserer Not und der vertikalen Bauart die Nutzung durch den gesamten Treppenhausflur über 3 Etagen plus die Kellertreppe zwischen die Geländer eine Haus der Tugend und Freude. Soviel zu Träumen und Wahrheit. Zurück zum Faden.
Die Anlage in verschiedenen Ansichten |
Ein prüfendes Recken durch ziehen am Seil verdichtet die neue Fügung der drei Kardeele. Aus dem frommen Wunsch und der Idee 6 Meter Seil auf einmal zu wollen entstand so kein Seemannsgarn. Sondern wahrhaft ein Modellseil. Diese Erkenntnis soll alle beflügeln unsere Reise fort zu setzen. Reisen bildet bekanntlich. Bilden Sie doch auch einmal Ihren eigenem Nachbau und probieren aus. Nur Mut.
Aller Anfang ist die Theorie
Stellt sich nur noch eine entscheidend letzte Frage. Woraus besteht nun eigentlich unser Traum?
Mit dieser Handwerkskunst ist es wie mit jenem Stoff. Ihn so darzustellen, dass Hanf oder Sisal in
der entsprechenden Farbe auch noch gut aussieht. Unser Seil ist aus Serail 120/2 im Farbcode 0326
von der Fa. Amann und kein Seemannsgarn. Mit dem richtigen Ton und Takt der rotierenden Haspeln
unterm Dach oder am Bücherregal wird es gelingen.