mb-07-12.png Modellbau
Planvorlage
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mb-07-12.htm; 03.2007
erschienen in MODELLWERFT 02/2007
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Pinky DOVE 1875 (Taube)
Kleiner Spitzgatt – Schoner

Baubeschreibung von Sigbert Heim


[Vorwort] [Pläne] [Bug - Heck] [Bugspriet/Klüver] [Masten/Stengen] [Bäume/Gaffeln] [Segel] [Farben] [Flaggen]
../../button4.gif Vorwort -.-   

Das Hauptaufgabengebiet war der Sardinenfang um Nova Scotia (Neuschottland) und die Bay of Fundy mit ihren starken Gezeiten abhängigen Strömungen. Aufgrund ihrer guten Segeleigenschaften wurden einige von ihnen zum Passagiertransport und zum Lotsendienst zwischen Boston, Massachusetts und St. John, Neu-Brunswick eingesetzt. Diese kleinen Coaster hatten das für Pinkys typische Spitzgatt. Alle Wasser- und Deckslinien hatten ihren Auslauf am Achtersteven. Der Bau dieser Schiffe erfolgte hauptsächlich in Port Maitland an der Spitze von Minas Basin in der Bucht von Fundy. Hier war damals ein sehr aktives Schiffbauzentrum. Die Werften von Samuel Perry und Josiah Ellis hatten in der Branche einen sehr guten Namen. Nach dem Rückgang des Sardinenfangs wurde der Schiffsbau gegen 1900 eingestellt. Heute ist Maitland ein verlassener Ort. Einige Halbmodelle dieser legendären kleinen Schnellsegler sind im Mystic Marine-Museum in Connecticut zu sehen. Für bewaffnete Unternehmungen konnten 8 bis 10 Stück 6 Pfünder auf 180° schwenkenden Lafetten an Deck genommen werden.


[Vorwort] [Pläne] [Bug - Heck] [Bugspriet/Klüver] [Masten/Stengen] [Bäume/Gaffeln] [Segel] [Farben] [Flaggen]
../../button4.gif Pläne -.-   
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Die Pläne zeigen die Pinky DOVE, die 1875 im heute nicht mehr existierenden Ort Preaux an der Westseite von Minas Basin von Sylvester S. Baltzer gebaut wurde. Eigentlich zum Fischfang entworfen wurde diese Pinky als Lotsenboot in Eastport eingesetzt und war bekannt für ihre Segelqualitäten.
Diese Pläne wurden nach dem Halbmodell des Bootsbauers und den Bau- und Segelplänen seines Sohnes gezeichnet, einem ausgezeichneten Schiffsbauer, der ein Duplikat der DOVE bauen wollte, jedoch starb, bevor er mit dem Bau beginnen konnte. Diese Pinky hatte einen sehr abfallenden Vorsteven und der Kiel zeigt im Längsverlauf eine auffällige Tiefe zum Achtersteven. Die Bugsektion war lang gezogen, konvex und leicht scharf. Aus dem Verlauf der Längslinien und der Wasserlinien kann man die strömungsgünstige Rumpfform sehen. Sogar der Hauptspantbereich hatte noch eine ausgestellte Form. Jede Auftriebslinie zeigt ihre größte effektive Bug- und Seitenlänge und war üblich bei schnellen Seglern, die nach 1850 gebaut wurden. Die DOVE hatte für eine Arbeitspinky ungewöhnliche yachtähnliche Linien.

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Technische Daten: Original: Modell:
Maßstab: 1:14
Länge an Deck: 42 Fuß und 11 Inches 179 cm
Breite: 13 Fuß 28,3 cm
Raumtiefe: 6 Fuß und 0,75 Inches
Tiefgang: 6 Fuß und 3 Inches
Segelfläche: 1.100 Quadratfuß
Höhe über alles: 138 cm
Länge Klüvernock –
Großbaumnock:
179 cm

[Vorwort] [Pläne] [Bug - Heck] [Bugspriet/Klüver] [Masten/Stengen] [Bäume/Gaffeln] [Segel] [Farben] [Flaggen]
../../button4.gif Vom Bug zum Heck -.-   

Der Kiel besteht aus rostfreiem Flachstahl 10 x 40 mm. Darin befinden sich zwei Gewinde M5 zur Befestigung des Ballastkiels bei Segelbetrieb.
Am Vordersteven ist zur Befestigung des Bugspriets das Schegknie.
Die Spanten bestehen aus 10 mm Bootssperrholz.

Alle Außenplanken aus Fichte 3 x 10 mm,
die Decksplanken aus Fichte 3 x 10 mm im Bereich Wassergang, sonst aus Fichte 3 x 6 mm.
Spill, Deckshaus, Luken, Pumpen, große Bank (Kompasshaus) usw. aus Eiche 2 bis 4 mm,
Kranbalken aus 10 mm Eiche.
Alle Vierkanthölzer Fichte, alle Rundhölzer Fichte.
Zwei Paar am Schegknie anliegende, hochkant stehende Planken stützen dieses seitlich und zum Rumpf ab.
Ein Paar trägt ein durchbrochenes Rankendornament als Bugzier.b03k.jpg
Das Ganze ergibt die klassische Form eines Klipperbugs.
Steuerbord und Backbord am Bug sind die Namensbretter.
Der Bugspriet ist innenbords mit seinem Fuß am Glockengalgen, dem zentralen Bauelement des Bratspills, befestigt. Spills in dieser Form fanden zu jener Zeit nur noch auf kleinen Küstenseglern Verwendung.
Zwischen dem Spill und der Nagelbank des Schonermastes sind die beiden mit einem „Schuh” abgedichteten Deckklüsen für die Ankertaue.
Die Anker sind mit Zurrings in der Nähe der Fockwanten an der Reling befestigt.
Die beiden Kranbalken sind bug- und heckwärts zusätzlich abgestützt.
Das Deckshaus mit Doppeltüre und Schiebeluk hat den Niedergang zur Kombüse, Ess- und Schlafplätzen. In diesem Raum, mit seinem Kombüsenherdchen und dem Kamin durchs Dach, von den Matrosen auch liebevoll Schreckenskammer genannt, trieb der Koch oder auch Smutje, was wörtlich übersetzt „der Schmutzige” heißt, sein Wesen.
Der Kaminkopf trägt zum Schutz gegen Regenwasser und zur besseren Zugluftführung ein um 360° schwenkbares Querrohr.
Im Bug- und Heckbereich sind auf der Reling je 2 Festmacher-Lippklampen.
Die beiden Ladeluken mit ihren hohen Süllrändern hatten neben ihrer wasserdichten Verschalkung eine starke Balken- und Eisenarmierung.
Hinter dem Großmast stehen die beiden Handpumpen. Sie heben links und rechts am Kielschwein vorbei das Wasser aus der Bilge. Diese Art vom Pumpen hielt sich auf kleineren Schiffen noch im 19. Jahrhundert.

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Donnerbalken mit Wasserspülung!
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Dass es auch in diesem Seegebiet zu jener Zeit zu bewaffneten Aktivitäten kommen konnte, zeigen die am Modell befindlichen 10 Stück um 180 Grad schwenkbaren 5 Pfünder und das in der großen Deckbank integrierte abgedunkelte Kompasshaus.
Die Ruderpinne beherrscht mit ihrem Schwenkbereich das gesamte Achterdeck.
Überspannt von der Backbord- bis zur Steuerbordreling wird im Bereich der halben Ruderpinnenlänge das gesamte Achterdeck vom so genannten Man Horse. Dieser Balken trägt beim Original den Leuwagen zum Belegen der Großbaumschot. Er dient auch als Sitzgelegenheit für den Steuermann bei eher „leichter Seefahrt”.
Den Abschluss bei unserem Gang übers Deck bildet am hintersten Ende eine trapezförmige Abdeckung des Ruderkokers.
Der kreisrunde Ausschnitt ist die Latrine und wird auch der Donnerbalken genannt. Hier schließt sich die Querverbindung der stark nach oben auslaufenden Relingsenden an.
Der eingearbeitete Halbkreisbogen ist der Auflieger für den Großbaum.

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Stehendes und laufendes Gut der Sektionen


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../../button4.gif Bugspriet und Klüver -.-   

Das Außenklüver–Wasserstag und das schwere Kettenwasserstag des Bugspriets hatten das ganze Vorgeschirr nach unten und sind in KWL-Höhe am Bug belegt. Die seitliche Aufnahme der Kraft übernehmen die äußeren und inneren Bugstage.


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../../button4.gif Masten und Stengen -.-   

Der Schonermast und der Großmast sind mit ihrer Gabelspur auf dem Ballastkiel befestigt.
Der Mastkragen, bestehend aus Keilring und Verkleidung, sorgt für Dichtheit und Halt am Deck.
Mastbacken, sowie Längs- und Quersaling zusammen mit dem Eselshaupt, schaffen eine gute Verbindung von Mast und Stenge.
Das Schlossholz verhindert ein Durchsacken der Stenge und ist, wie der Name sagt, der Schlüssel für dieses Verbindungssystem.
Zwei Wantenpaare pro Mast übernehmen die seitlichen Kräfte. Sie laufen am Mast über die Kalben. Das sind, um ein Durchscheuern der Wanten zu verhindern, auf der Längssaling liegende Vierkanthölzer mit gerundeter Außenkante.
Die Wanten werden mit dem Taljereep zwischen Wantjungfer und Rüstjungfer und dem Püttingeisen an der Bordwand befestigt. Je ein Pardunenpaar läuft über die Spreizersaling zum Stengetop. Wanten und Pardunen übernehmen hier alle seitlichen und bugwärts gerichteten Kräfte.
Durch den großen Mastfall von 6 Grad am Schoner und 8 Grad am Großmast und die relativ geringe Höhe des Großtops von 50 Fuß über Deck konnte auf Backstage verzichtet werden.
Es gibt zwischen den Wanten keine Webleinen.
Über den Wantjungfern sind Spreizlatten angebracht.
Direkt darüber sind beim Großmast die Positionslampenbrettchen befestigt.
Zur Abspannung des Riggs nach Achtern läuft das Fockstag von der Bugsprietnock auf die Höhe der Schonermast-Saling, das Klüverstag auf die Höhe vom Eselshaupt und das Vorstengetopstag von der Klüverbaumnock zum Vorstengetop.
Die Verbindungen zwischen den Masten werden durch das Großstag und das Stengentopstag hergestellt.


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../../button4.gif Bäume und Gaffeln -.-   

Die Klauen von Schonersegelbaum und Großbaum haben am Mast den Sattelring zur Auflage. Die Halterung in radialer Richtung ist ein einfaches Klotjesrack.
Der geformte Halbkreis der Klause ist 1 Zoll größer als der an dieser Stelle mit Kupferblech beschlagene Mast und mit Leder bekleidet.
Die Bäume hängen an einer doppelten Dirk, deren Taljen über Blöcke an der Saling zum Deck hinunter laufen.
So genannte Tausendbeine an der Dirk (am Modell aus Pfeifenputzern gefertigt) sollen das Scheuern (Schamfielen) am Segel mindern.
Die Schot des Schonersegelbaums wird am Modell „fliegen” gefahren.
Die Großbaumschot wird im Bereich des Man-Horse-Beam in einem Messingrohr auf gebogenen Umwegen nach Unterdeck zur Umlaufschot der Segelwinde geleitet.
Um die Schrägstellung von Schonersegelgaffel und Großsegelgaffel zu ermöglichen, bekommt die Halbkreisöffnung der Klaue eine Neigung von 40 Grad nach oben zu.
Ein im Halbkreisgrund pendelnder Holzklotz, der Gleitschlitten, ist die direkte Anlage an den Mast, der in diesem Bereich unter den Mastbacken einen Kupferblechbeschlag oder eine Lattung gegen Verschleiß trägt.
Die Gaffeln werden mit dem Klaufall geheißt. Der obere Block an der Saling, der untere Block am Ringbolzen an der Klaue.
Das Piekfall sichert die richtige Schrägstellung der Gaffel. Beide werden an Klampe und Nagelbank belegt.

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../../button4.gif Segel -.-   

Der Klüver wird gefahren. Am Klüverstag, den Hals am Ringbolzen in der Nähe der Klüverbaumnock, geheißt über Stagreiter mit den Klüverfall und belegt an der Mastnagelbank Seine doppelte Schot und der Niederholer sind an der Spillbogennagelbank belegt.
Die Fock wird gefahren. Am Fockstag, den Hals am Ringbolzen auf Höhe der Bugsprietnock, geheißt über Stagreiter mit dem Fockfall und belegt wie der Klüver. Die Fockschot ist am Modell einfach und selbstwendend. Die Fock selbst ist mit einer Reffzeile ausgestattet.
Schonersegel und Großsegel sind mit Beschlagzeisingen am Baum und an der Gaffel befestigt und am Mast werden sie mit Holzringen gehalten. Beide Segel haben je zwei Reffzeilen. Das zweite Reff ist die max. Verkleinerung der Segelfläche um ca. 50%.
Die Gaffeltopsegel werden fliegend vom Deck aus gesetzt. Fall, Hals und Schot sind an der Mastnagelbank belegt.
Am Modell sind sie zur schnelleren Wegnahme an Stengetop und Gaffeltop mit Karabinerhaken und an der Nagelbankklampe mit einer Tauchschlinge gehalten.
Die meisterlich ausgeführten Segelmacherarbeiten stammen aus der Traditionswerkstatt „Irmi Heim”.


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../../button4.gif Farben -.-   

Unterwasserschiff: kupfer;
Überwasserschiff: schwarz;
Deck, Bugspriet, Klüver, Bäume, Gaffeln, Ruderpinne: kiefer;
Masten: schwarzbraun;
Stengenfuß, Mastbacken, Masttop: weiß;
Saling und Eselshaupt: schwarz;
Schanzkleid innen: weiß;
Relingstützen, Lafetten: schwedenrot;
Handlauf, Spill, Deckhaus, große Deckbank mit Kopmasshaus
sowie alle Deckausrüstungen in Holz: eiche-natur;
Bugzier-Rankenornament: gold auf weißem Grund, rot umrandet;
Namensschild: schwarze Schrift auf weißem Grund;
rote Speigats und goldfarbige Längsleiste auf schwarzem Überwasserschiff.


[Vorwort] [Pläne] [Bug - Heck] [Bugspriet/Klüver] [Masten/Stengen] [Bäume/Gaffeln] [Segel] [Farben] [Flaggen]
../../button4.gif Die Flaggen -.-   
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Der Autor legt selbst Hand an
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Die Flaggen

Im Vortopp eine Pseudoflagge mit den deutschen und französischen Farben. Im Großtop der Schiffsname DOVE im Originalschriftzug. An der Verlängerung der Großgaffelpiek ist mit der Flaggleine über einen Block die Nationalflagge Kanadas aufgezogen.

Irgendwo zwischen Vergangenheit und Moderne wäre der Nachbau eines solchen Schoners, ausgerüstet mit neuesten Sicherheitsstandards, eine Erinnerung an gemeinsame geschichtliche Verbindungen um Neuschottland. Ein kleiner Schoner mit roten Segeln bei den Manan Banks in der Bay of Fundy – echt toll.

Literatur:
The American Fishing-Schooners 1825 -1935, ISBN 0-393-03755-X
Marquarth-Schoner in Nord und Süd, ISBN 3-7688-0672-3
Wolfram zu Mondfeld – Historische Schiffsmodelle, ISBN 3-572-00779-8


Fotos: Volker Brandt
Bericht: Sigbert Heim


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