Modellbau
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mini-sail e.V. |
ENDEAVOUR
Und wie alles begann
Modellportrait einer Legende
Bildbericht von Ernst Albrecht
Es ist Herbst, die Segelsaison und die Ferien sind vorbei. Nun kann über das Erlebte berichtet werden. Die folgenden Zeilen sollen auch eine Ergänzung zu meinem Bericht "ENDEAVOUR Königin der Meere" in der SchiffsModell 7/2000 sein.
Die Resonanz auf diesen Bericht war sehr groß. Ich war überrascht: Mit so vielen ENDEAVOUR-Interessierten hatte ich nicht gerechnet. Es wurde immer wieder um Zeichnungen und andere Unterlagen von meiner ENDEAVOUR II gebeten. Ich erhielt Besuche aus Nord- und Süddeutschland, natürlich wurde bei dieser Gelegenheit fotografiert und es wurden viele Fragen gestellt.
Mit der Abgabe meiner Negativform räumte ich die Möglichkeit ein, meine Arbeitszeichnungen, in die ich während der Bauzeit Änderungen vermerkte, mit zu erwerben. Wegen der großen Nachfrage aber entschloß ich mich, meine Zeichnungskorrekturen in die Originale zu übertragen und diese auch noch zu ergänzen. So erhielt jeder der Interessenten 5 Zeichnungen. Da ich die Modellbauarbeiten im Bild festgehalten hatte, konnte ich 10 DIN-A4-Seiten mit 30 Fotos einschließlich Text sowie eine Video-Kassette mit einem Film über die ENDEAVOUR abgeben.
So, und nun in die Segelpraxis (mit dem ENDEAVOUR II-Modell). Die Segel für dieses Modell
haben wir aus Spinnakertuch mit 100 g/m2 (für Yachten) selbst
angefertigt.
Nach einem Jahr USA-Aufenthalt konnte unser 17-jähriger Enkel Christian in den letztjährigen
Herbstferien wieder in Xanten sein. In dieser Ferienzeit hatten wir das Glück, bei guten bis
starken Winden segeln zu können. Bei fast stürmischem Wind zeigte sich, daß das Wellenwasser
übers Deck bis in die Plicht des Schiffes lief. Hier konnte Wasser durch die Kajütentür ins
Schiffsinnere eindringen.
Auch die großen Lukenöffnungen waren nicht gut genug abgedichtet. Das Schiff lief bei starkem
Wind zwar hervorragend, über die Wellenkämme jedoch nicht ruhig genug. Daraufhin stellten wir das
Segeln ein.
Gott sei Dank war nicht allzu viel Wasser ins Schiff eingedrungen und die Elektronik noch
unversehrt geblieben. Wir begannen mit der Behebung der erkannten Mängel wie nachfolgend
beschrieben.
Zunächst erhielten alle Spanten im Mittschiffsbereich 8-mm-Bohrungen, die eventuell
eingedrungenes Wasser in den hohlen Kiel leiten sollen. Die Lukendeckel bekamen neue Dichtungen.
Diese bestehen aus Weichgummistreifen, ca. 9 mm x 3 mm, geschnitten aus Armaflex-Dichtungsband 50
x 3 mm mit fadenstabilisierter Klebefläche. Dieses sogenannte Armstrong-Dichtungsband wird im
Klimaanlagenbau verwendet.
Für den Durchgang der Lukendeckelschrauben sind vor dem Aufkleben der Gummistreifen auf die
Lukendeckelrahmen die Schraubenlöcher mit einer Lochzange in das Gummi einzubringen.
Bestehen zwischen Rahmen und Deck erhebliche Höhenunterschiede, empfiehlt es sich,
Knetgummi-Dichtband 20 x 2 mm aus dem Kfz-Bereich zu verwenden. Durch das Verformen der Knetmasse
kann eine variable Dichtungsstärke erzielt werden.
Ist die Dichtfläche fertig angedrückt, muß die Oberfläche mit Talkum abgestrichen werden.
Das ist sehr wichtig, denn anderenfalls kann der Lukendeckel an der Dichtfläche festkleben.
Für die Abdichtung zwischen Kajüte und Deck habe ich ebenfalls Armaflexstreifen, ca. 10 x 3 mm
geschnitten. Die Außenkonturen der Kajütform plus ein Überstand von ca. 1-2 mm wurden auf das
Deck angezeichnet. Nach diesem Anriß klebt man dann die Dichtungsstreifen auf das fertig
lackierte Deck auf. Dieser Gummi ist weich und kann leicht beschädigt werden, es empfiehlt sich,
über das Gummi einen braunen Tesa-Gewebebandstreifen zu kleben.
Die Kajüte wird durch 4 Stck. Spezialschrauben in Querverbindung mit dem Deck verbunden. Um die Schrauben durch die Bohrungen in die Gewinde zu bekommen, wird die Kajüte heruntergedrückt. Der von der Gummidichtung erzeugte Gegendruck dichtet die Kajütöffnung ab. Die Kajüttür und das Schiebeluk habe ich von innen mit dem Knetgummi abgedichtet, alle Knetgummi-Oberflächen werden mit Talkum abgestrichen.
Plexiglasfenster lassen sich mit 5-Min.-Epoxidharz (Klarsicht) sehr gut abdichten. Hier sollte man folgendermaßen vorgehen: die jeweilige Fensterseite in waagerechte Lage bringen und von innen das Harz auf die Scheibe auftragen, bis an die Scheibenränder verstreichen und verlaufenlassen.
Die Elektronikbauteile, Empfänger und Batterieanschlüsse sollten sinnvollerweise hochgelegt werden (siehe Bild). Akkus und Batterieabgänge, die in der Regel wegen des Gewichts der Akkus unten im Schiffsrumpf liegen, sind mit dem Knetgummi an den Stromanschlüssen zu versiegeln.
Nachdem ich all diese Arbeiten beendet hatte, wurde das Schiff einer Dichtigkeitsprüfung
unterzogen. Ein Wasserschlauch mit breiter Brausedüse leistete gute Dienste. Das Deck wurde
kräftig überspült: alles dicht!
Jetzt kann auch bei starkem Wind gesegelt werden und das Deck darf ruhig vom Seegang überspült
werden. An den letzten Ferientagen im Oktober letzten Jahres zeigte das Wetter gute
Segelvoraussetzungen an. Es war erheblich windiger als sonst, mindestens um die 6 Bft. Wir fuhren
die ENDEAVOUR II mit dem Slipwagen ins Wasser und ab ging die Post! Sofort hart am Wind segelnd
schoß das Schiff los.
Es hüpfte über die Wellen hin weg, da es noch ein wenig zu leicht war. Die Wendemanöver mußten
schnell und präzise ausgeführt werden, Halsen sollte man bei diesem Wind unbedingt vermeiden.
Schnell wurden noch ein paar Fotos gemacht, denn solche Segelbilder bekommt man nicht alle Tage.
Wir entschlossen uns, mehr Ballast in den Kiel zu legen.
Gesagt, getan, ca. 600 g Blei wanderten ins Innere und wieder hinein ins Wasser! Das war eine
gute Idee, das Schiff lag nun ruhiger, machte trotz des höheren Gewichts aber immer noch enorme
Fahrt. Mehr Ballast ist nicht zu empfehlen, das Modell lag nun ohnehin schon tief im Wasser.
Wir hatten eine sehr spannende, aufregende Segelstunde. Mein Enkel Christian sagte: "Es ist so aufregend wie in Hooksiel im praktischen Segelunterricht." Daß die Fockschot wieder einmal zu viel angezogen war, bemerkten wir erst später auf den Fotos. Außerdem fand ich heraus, daß der Fockbaum einmal mehr, ein anderes Mal weniger angezogen war. So entdeckte ich, daß sich die Schot bei einem Durchhänger zwischen Umlenkrolle und Umlaufschot vom Windentrieb einklemmen kann.
Inzwischen habe ich das geändert. Die lange Umlenkrolle wurde dreigeteilt, und zwar das Mittelstück als Randrolle, links und rechts als lose laufende Rollen. Die Umlaufschoten konnten so links und rechts neben der Randrolle laufen. Ein Verklemmen war hier nicht mehr möglich. Zusätzlich führte ich die Baumschoten über höher liegende feste Rollen.
ENDEAVOUR III
Dem geübten, sachkundigen Schiffsmodellbauer wird aufgefallen sein, daß das Bild der Negativform in Heft 7/2000 der SchiffsModell einen anderen Rumpf als den der ENDEAVOUR geben wird. Das ist richtig, ich übernahm bei meiner Konstruktion lediglich das Deckmaß. Die Rumpfform mußte ich nach dem 2,60 m hohen Rigg ausrechnen und neu konstruieren. Nur so war es möglich, das zu hohe Rigg und die hierfür angefertigten Segel, mit über 2 m2 Segelfläche zu verwenden. Es entstand ein Rumpf mit Trapezspantform.
Der Rumpf hat eine Wasserlinienlänge (CWL) von 1774 mm, ein größeres Gesamtgewicht und somit eine größere Wasserverdrängung. Mit der Fertigstellung des Decks habe ich eine einfachere Kajütform gewählt.
Bei der Montage der Beschläge war mir mein 11-jähriger Enkel Thorsten behilflich. Mit seinen
kleinen Händen kam er überall gut heran und stellte sich dabei geschickt an (siehe Bild oben).
Es ist gut, wenn Jungs in diesem Alter auch bei solchen Hobbydingen mithelfen können. Mit Stolz
präsentierte er sich dann neben der mit Vollzeug aufgetakelten ENDEAVOUR III.
Der erste Segelversuch mit zwei Focks im April diesen Jahres (2001) zeigte Bedienungsschwierigkeiten mit der Fernsteuerung. Um vier Steuerelemente schnell und sicher bedienen zu können, erfordert es Übung und enorme Konzentration. Also segelten wir nur mit dem Großsegel. So konnte ich zumindest schon feststellen, ob das Schiff gut im Wasser liegt und auch Fahrt macht. Auch das verlief sehr gut. Die Problematik mit der Fernsteuerung führte dazu, daß ich eine Baumfock für dieses Schiff anfertigte. Hiermit konnte allerdings erst in den Herbstferien gesegelt werden.
In diesen Ferien takelten wir dann doch auch beide Focks auf, Ein paar Schläge machten wir, stellten aber bald wieder fest, daß uns die Übung mit der Fernsteuerung noch fehlte. Es sieht aber wunderbar aus, wenn das Schiff mit Vollzeug dahinzieht. Letztlich takelten wir dann aber doch auf Baumfock um und hatten damit noch zwei wunderschöne Segeltage.