Modellbau
Baukastenmodell © Dieser Bericht erschien bereits in der Fachzeitschrift "ModellWerft" |
mini-sail e.V. |
Colin Archer von Billing
Boats
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Vorwort | -.- | |
Lassen Sie mich ausnahmsweise mit einer unangenehmen Geschichte anfangen: 1995 wurde mir auf
der Urlaubsfahrt nach Wales am hellichten Tage aus dem verschlossenen Wohnwagen in Portsmouth im
Süden Englands mein Urlaubsmodell gestohlen. Es war das Segelmodell Collie II von Graupner, das
mitsamt Fernsteuerung und Transportkiste weg war.
In der Modellwerft 12/92 hatte ich Ihnen dieses handliche und hübsche Modell beschrieben. Da ich
die Collie II auch häufig auf dem offenen Meer fuhr, habe ich insgeheim schon immer damit
gerechnet, daß sie sich aufgrund eines Elektronik-Ausfalls einmal selbständig machen und als
„Fliegender Holländer" auf die Reise ginge - aber eben nicht mit einem Diebstahl!
Wie dem auch sei, seitdem hatte ich keinen Segler mehr. Und das Modellsegeln machte mir immer so
viel Spaß, daß mich der Gedanke an einen neuen, etwas größeren Segler nicht mehr los lies. Die
zahlreichen Bausätze der modernen 'schnörkellosen' Segler gefielen mir nicht ausreichend genug,
einen davon zu kaufen. Bis, ja bis ich auf der Modelbau-Süd-Messe 1996 auf dem Stuttgarter
Killesberg die neue 'Colin Archer' auf dem Simprop-Stand sah. Die war es! Ein historischer
Zweimast-Gaffelkutter, wenig Aufbauten, füllige Rumpfform, Langkieler, kompakt genug für den
Kofferraum oder Wohnwagen, groß genug, auch mal auf dem Meer zu fahren und eine Rumpfform, die
für sich sprach, typisch Colin Archer eben.
Sechs Wochen später stand der große Karton in meiner Kellerwerkstatt. Den Kaufpreis für unter 500,- DM fand ich sehr günstig.
Was aus dem Karton zum Vorschein kam, war wirklich bester Qualität, mit kleinen Ausnahmen. Da waren der sehr sauber tiefgezogene, füllige Rumpf. Er ist der eigentliche Grund, warum ich Baukästen dem Planbau vorziehe, der langwierige Rumpfbau (spachteln - schleifen - spachteln - schleifen ...) ist einfach nicht mein Ding.
Weiterhin gut gefallen haben mir die beiden schön geätzten Messing-Beschlagplatten, der Beschlagsatz (ebenfalls weitgehend aus Messing), die Qualität der mit Laser geschnittenen Holzplatten. Während des Baus hat sich dann herausgestellt, daß die kleinen Nägel und das mitteldicke Takelgarn etwas zu knapp bemessen sind.
Die Schraubenwelle, die Ruderscharniere, die Blöcke und der Segelstoff schienen nur für ein Standmodell geeignet und wurden deshalb von mir gegen andere ausgetauscht.
Vom Mast ist, entgegen der Auskunft des Messestands, nur die getrennte Mastspitze profiliert. Auch die Segel sind nicht, wie behauptet, bereits genäht, sondern nur auf sehr steifem Tuch aufgedruckt. Der „Besenstiel" für den Mast war leider krumm, ich nahm an, daß das nicht originalgetreu ist und tauschte ihn ebenfalls gegen ein neues Rundmaterial aus dem Baumarkt aus.
Im Bausatz enthalten sind verschiedene Holzleisten- und Stäbe, zwei große, (dummerweise zweiseitig bedruckte) Pläne sowie die Bauanleitung. Außerdem liegt ein nettes Zertifikat bei, das bestätigt, daß das Modell in Kooperation mit dem Norwegischen Schiffahrtsmuseum exakt nach den Originalplänen konstruiert wurde.
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Bauanleitung | -.- | |
Womit wir beim negativsten Thema des Baukastens angekommen sind. Die Bauanleitung (ohne die
Schiffshistorie und „Allgemeines") für dieses Modell umfaßt ganze 26 deutsche Sätze! Die
meisten davon im Stil „Verbinden Sie Teil 26 mit Teil 27". Obendrein ist die Reihenfolge
der Wrangen vertauscht. Das Blatt mit der Korrektur wurde um das Bündel mit den Rundstäben
gewickelt. Die braucht man aber erst viel später - zu spät.
Inzwischen hatte ich mit viel Mühe und Fluchen die Wrangen an den Rumpf angepaßt bzw. erneuert.
Die beiden großen Pläne zeigen leider keine Vorder- oder Rückansicht, geschweige denn einen
Schnitt, auch das macht den Bau leider nicht leichter. Sehr wichtig wurden deshalb die Fotos
(leider nur mit Ansichten der Steuerbordseite) des Kartons, die flau fotokopierten Abbildungen
der Bauanleitung zeigen keine Details, z. B. des Deckbelags und der Relingkonstruktion. Ich mußte
sie schließlich nach Gutdünken bauen.
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Rumpfbau | -.- | |
Den Anfang bildet wie immer der Bootsständer. Und der ist komplett Bestandteil des Baukastens; heute immer noch nicht selbstverständlich. Ich habe ihn etwas weiter gesägt, damit eine schützende Gummiauflage zwischen Holz und Schiffsrumpf paßt. Und zwei weitere Querstreben habe ich auch noch hinzugefügt, für die Stabilität beim Transport zum See.
Weiter geht es mit dem Thema Ballast.
Das Boot muß fahrfertig ca. 10 kg wiegen, um auf der Wasserlinie zu liegen. Viele originalgetreue
historische Modellsegler benötigen einen tiefen Zusatzkiel, damit sie passabel segeln können;
nicht sehr vorbildgetreu, aber physikalisch nicht zu ändern. Besser bei der Colin Archer, der
füllige Langkiel verleiht ihm eine wirklich ausreichende Stabilität.
Voraussetzung dazu ist allerdings, daß sich die ca. 6 kg Ballast optimal, d. h. ganz unten im
Kiel befinden.
Hier meine Vorgehensweise:
Man nehme eine 5 kg-Tüte Gips, dünne Lebensmittelfolie, einen (alten) Blumenkasten, ca. 6 kg
altes Blei (z.B. Autoreifen-Auswuchtgewichte), einen alten Topf und einen Gasbrenner. Zuerst wird
der Kielbereich des Rumpfs mit der dünnen Lebensmittelfolie ausgekleidet. Dann wird Gips
dünnflüssig angerührt und damit der Kielbereich ausgegossen. Den Gips dann mindestens einen Tag
abbinden lassen, trocken braucht er nicht werden. In einen länglichen Kasten (ich nahm einen
alten Balkon-Blumenkasten) werden dann ca. zwei Zentimeter hoch dünnflüssiger Gips gegossen. Dies
geschieht, damit später das flüssige Blei sich nicht durch den Kunststoff schmelzen kann.
Nun die abgebundene Positivform vorsichtig aus dem Rumpf herausnehmen, ggf. die Trennfolie
erneuern und aufrecht mittig in den Formkasten stellen. Den freien Raum des Kastens nun mit
dünnflüssigem Gips auffüllen. Wenn der Gips abgebunden ist, kann die Positivform heraus genommen
werden, die Trennfolie ebenfalls. Die Gips-Negativform sollte dann einige Tage abbinden und
trocknen.
Beim Auto-Reifenhändler oder beim Buntmetall-Schrotthändler werden in der Zwischenzeit nun einige
Kilogramm alte Blei- Reifenauswuchtgewichte besorgt. Der Kasten mit der Negativform und ein alter
(Camping)-Gasofen werden nun im Freien aufgestellt, siehe Bild 1. In einem ausrangierten
Nirostatöpfchen werden die Auswuchtgewichte nach und nach eingeschmolzen.
Die Metall-Halteklammern schwimmen auf dem flüssigen Blei auf, die Klammern kann man bequem
abschöpfen und in den Schrott geben. Das flüssige Blei wird nun nach und nach in die Negativform
gefüllt. Nach dem Erkalten kann der fertige Bleiballast aus der Form genommen werden. Den Ballast
habe ich dann in drei Teile getrennt (Ein Teil kommt unter den Motor, ein Teil unter den Akku,
ein Teil vor den Mast. Das Teilen des Bleiballasts mittels Säge ist sehr mühsam, die Zähne der
Säge setzen sich ständig zu. Am bequemsten geht es mit dem elektrischen Winkelschleifer, ich habe
dafür eine Flexscheibe geopfert und den Ballast damit bearbeitet.
Auf den Ballast-Mittelteil habe ich auch gleich den Halter für den einzigen Akku (12 V, 3Ah)
integriert, der alle Verbraucher speist. Der Bauplan schlägt gleich drei verschiedene Akkus (4,8
V, 6 V und 7,2 V) vor, zu welchem Zweck habe ich nicht verstanden.
Separate Empfängerakkus sind schon seit Jahren nicht mehr Stand der Technik und daß der Motor und
die Winden aus getrennten Akkus versorgt werden sollen gibt auch keinen Sinn. Zur Stromversorgung
später mehr, deshalb weiter mit dem Ballast. Die genaue Größe und Lage des Ballastes im Rumpf
mußte mit Schwimmtests in der Badewanne bestimmt werden. Da der maßgeschneiderte Ballast exakt in
den Kiel paßt, braucht er nicht weiter befestigt werden (und kann dadurch zur vielleicht
notwendigen Gewichtsreduzierung leicht wieder entnommen werden).
Kommen wir zum Mast und die Eigenkonstruktion des Masthalters.
In der Bauanleitung wird ausdrücklich davon abgeraten, für den Transport die Masten abzunehmen;
das sei zu zeitaufwendig und kompliziert, das Rigg würde dadurch seine Spannung verlieren. Aber
was für ein Auto muß ich mir denn zulegen, damit ich die immerhin 1,45 m hohe und 1,30 m lange,
aufgeriggte Colin Archer zum Wasser transportieren kann?
Dabei ist die Lösung des Transportproblems ganz einfach und eigentlich auch nicht neu. Die
Grundidee ist folgende: Der Mast wird in ein bis auf den Kiel reichendes Rohr gesteckt. In dem
Rohr befindet sich eine starke Feder. Diese Feder drückt nun von unten gegen den Mast und hält
dadurch zentral das ganze Rigg unter Spannung. Das Rigg kann je nach Gutdünken an den
Wantenspannern oder am Mastkopf aus/eingehängt werden. Das ist weder zeitaufwendig noch
kompliziert.
Durch Abnehmen der Masten und Einschieben des Bugspriets ist das zu transportierende Modell
nur noch ganze 95 cm lang und 35 cm hoch, kein Problem mehr für jeden durchschnittlichen
Kofferraum.
Mein Großmast-Halter besteht aus einem 25 mm Alurohr, an das ich unten eine Bodenplatte hart
angelötet habe. Die Feder stammt aus einer Motorradkupplung, hat einen Durchmesser von 15 mm und
ist 35 mm lang. Zur besseren Führung der Feder habe ich noch einen Alu-Kolben gedreht. In
Zeichnung 1 ist die ganze Konstruktion übersichtlich dargestellt. Der Besanmasthalter habe ich
aus 16 mm-Messing-Rundmaterial gedreht, die dazugehörige Feder stammt aus der Krabbelkiste.
Beide Halter wurde dann stabil mit Zweikomponenten-Kleber in das Modell eingeklebt.
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Einbauten | -.- | |
An dem noch offenen Rumpf wurden nun bequem die ganzen Einbauten vorgenommen. Zuerst wurde eine neue Welle (Graupner Nr. 321 ) mit Silikon eingeklebt. Die im Bausatz enthaltene Messingwelle ist nach meiner Meinung nur für ein Standmodell geeignet oder müßte für den Fahrbetrieb wegen des sehr großen Lagerspiels ständig nachgefettet werden.
Ein Siebenpol-Mabuchi-RS 12V-Motor wurde an ein Alu-L geschraubt und diese wiederum auf einen Holzträger. Den Holzträger habe ich dann mit 2-Komponentenkleber in den Rumpf eingeklebt. Auf die gleiche Weise kam der Elektronik-Träger zwischen Motor und Akku in das Modell.
Die Segelverstellung habe ich etwas anders als vorgeschlagen ausgeführt. Zwei Getriebemotoren, bestehend aus zwei umgebauten Servos, bilden die Winden. Diese beiden Servos und den Ruderservo habe ich auf einen Träger aus Aluminium montiert.
Der Ruderservo sitzt seitlich auf dem Windenträger und bewegt über einen Modellflieger-Bowdenzug das Ruder außen am Rumpf. Die Anlenkung am Ruder erfolgt über ein Kugelgelenk, da sich Ruderwelle und Servowelle nicht in einer Ebene befinden. Der Kugelkopfbeschlag sowie die Ruderwellen wurden aus Messing größer als vorgesehen ausgeführt, da der Originalbeschlag mir zu zierlich zum Segeln erschien.
Zurück zur Segelverstellung: im Rumpf wurden zwei Umlaufschote anstelle der drei
vorgeschlagenen Winden eingebaut. Die eine Umlaufschot fiert die Großschot (Leine nur rein und
raus), die zweite Umlaufschot führt auf je Steuerbord- und backbord-Schoten der Fock und des
Klüvers. Dadurch kann der Klüver zum Seitenwechsel um die Fock herum gezogen werden. Die Fock und
der Klüver müssen entgegen dem Bauvorschlag also nicht getrennt gesteuert werden. Bild 2 und 3
zeigen den Schotverlauf und den Windenträger im noch offenen Modell.
Beachten Sie, daß die Winden liegend eingebaut sind und dadurch die Umlaufschoten vertikal
laufen; funktional macht es keinen Unterschied zur üblichen horizontalen Einbaulage.
Die Servos werden zu (ungeregelten) Winden, indem die mechanischen Anschläge im Getriebe und der
Potentiometer entfernt werden. Ohne Potentiometer kann der Servo je nach Nullstellung am Regler
und Knüppelstellung am Sender frei in beide Richtungen drehen. Auf die Servoachse wurden
Zweikammer-Trommeln befestigt. Ich habe sie aus Messing-Rundmaterial gedreht, ohne Drehbank kann
man ersatzweise auch leere Garnrollen verwenden.
Mit den Trommeln werden die Schnüre für die Umlaufschot auf bzw. abgewickelt.
Je zwei Mikroschalter dienen der Endabschaltung, die Schot läuft dazu durch
einen Spalt am Schalterhebel, je zwei Unterlagscheiben werden in die Umlaufschot geknotet. Daran
werden später die Segelschoten befestigt und sie betätigen auch die Endschalter.
Am anderen Ende der Umlaufschot befinden sich Umlenkrollen, die ich aus Alu-Rundmaterial gedreht
habe. Sie sind so schmal, daß sie zwischen handelsübliche Gabelköpfe passen. Diese wiederum sind
an langen Schrauben befestigt, die durch den L-förmigen Schotrollenträger gesteckt sind. Damit
die Umlenkschot immer schön straff bleibt, wurden auf den Schrauben je eine Feder zwischen
Schraubenkopf und Träger montiert, siehe Bild 4.
Sowohl der Windenträger als auch der Rollenträger sind auf Holzplatten geschraubt, welche beide
gut im Rumpf festgeklebt sind.
Zwischen dem Akku und dem Motor befindet sich meine Elektronik-Grundplatte aus
Lochraster-Material. Darauf befinden sich vier SubD-Sockel, in welche folgende Baugruppen
gesteckt werden:
1. der Empfänger (Multiplex)
2. der Eigenbau-Fahrtregler
3. die Spannungsüberwachung
4. die beiden Windenregler (die ausgebaute Servoelektronik incl. Potis)
Auf der Grundplatte befinden sich weiterhin die Schraubanschlüsse für die Stromversorgung, den Motor, die Winden, den Ruderservo und den BEC-Spannungsregler. Das BEC besteht aus einem LM317, der direkt aus dem einzigen 12-V-Akku gespeist wird und alle 5-V-Verbraucher (Empfänger, Winden, Ruderservo) versorgt. Kleiner Trick dabei: als Kühlkörper dient der mittlere Bleiballast, auf dem der Spannungsregler festgeschraubt wird. Nachdem alle Kabelverbindungen zur Elektronik-Grundplatte angebracht sind, ist der Innenausbau beendet und ich räume den gesamten Rumpf wieder aus.
Jetzt geht an das Decksbau. Leider stimmt die Reihenfolge der Querträger in der Bauanleitung nicht. Ich hatte also mit viel Mühe die Träger entsprechend dem Decksbelag angepaßt bzw. erneuert. In einem Korrekturblatt zur Bauanleitung wird die richtige Reihenfolge der Träger beschrieben. Das Blatt ist ganz unauffällig um die Holz-Rundstäbe im Baukasten gewickelt. Die werden aber erst viel später benötigt und daher wird das Korrekturblatt leider zu spät entdeckt. Im Deck habe ich eine Decksöffnung vor dem Mast vorgesehen, welche laut Plan nicht vorgesehen ist.
Die serienmäßige Decksunterkonstruktion erschien mir etwas dürftig, deshalb habe ich mit weiteren Holzstreben die Hohlräume ausgefacht und damit verstärkt, siehe auch Bild 5. An Bug, Heck und im Bereich der Wanten kamen zusätzliche Versteifungsbrettchen dazu, ebenso um den Großmast. Nachdem mit dem Schwingschleifer alles verschliffen wurde, kam das dünne Deck drauf. Zur Stabilität und um das Ganze wasserfest zu machen, wurde das Deck von innen mit Epoxy getränkt. Unter das Decks-Oberlicht wurde ein runder Ausschnitt gesägt, in den ich einen Lautsprecher eingeklebt habe.
Ich will das Modell später noch mit einer Geräuschelektronik (Tuckerdiesel, Mövengeschrei etc.) versehen.
Alle drei Aufbauten, die Steuerbucht, die Masten/Bäume, den Bugspriet, die Reling, den Ständer und die Ruderpinne habe ich mit Mahagoni-Beize dunkel eingefärbt.
Nun ging's an den Decksbelag. Das war der einzige langwierige Bauabschnitt überhaupt. Die
Decksplanken wurden dazu auf Länge gesägt und versetzt mit wasserfestem Holzleim aufgeklebt.
Dabei waren eine Handvoll Pin-Nadeln sehr wichtig. Mit je dreien wurden die Planken fixiert. Je
eine wurde seitlich, vorne und hinten in das Deck gedrückt. Dadurch entstand ein immer gleicher,
ca. 1 mm breiter Spalt zwischen den Planken.
Nachdem alle Planken aufgeklebt und der Leim getrocknet war, wurden alle Nadeln entfernt. Und
dann ging's ans kalfatern. Meine Technik geht so: in einem alten Joghurtbecher verrühre ich 2/3
wasserfesten Holzleim mit 1/3 schwarzer Plakka-Farbe. Diese Mischung verstreiche ich dann mit
einem Spachtel in alle Ritzen. Anschließend ist das ganze Deck tiefschwarz. Nach dem Trocknen
schleife ich nun mit dem Schwingschleifer über das Deck. Nun kommt wieder das helle Holz zum
Vorschein, die Plankenstöße sind fein säuberlich mit schwarzem Kalfater gefüllt.
„Sieht aus wie echt". Anschließend habe ich das Deck, den Ständer und die Aufbauten
mehrmals mit seidenmattem Klarlack gestrichen, dazwischen wurde natürlich der Lack immer fein
überschliffen. Alle anderen Teile, die mit der Beize eingefärbt wurden, sind ebenfalls mit dem
Klarlack gestrichen worden.
Dann ging es in die Garage, in der ich immer meine Spritzlackierarbeiten ausführe. Vorher
wurde das Deck säuberlich abgeklebt. Der Rumpf und das Ruder wurden dann als erstes komplett weiß
gespritzt. Ich verwende dazu 2-Komponenten-Autolacke. Mehr dazu können Sie bitte in meinem
Lackierbericht zur 'Coast Guard' in der Modellwerft 2/96 nachlesen.
Nach dem Aushärten wurde das Überwasserschiff, das Ruder sowie das Stevenrohr abgeklebt und das
Unterwasserschiff schwarz gespritzt. Zum Schluß wurde noch auf die gleiche Weise der
charakteristische signalrote Streifen lackiert. Wie bei mir üblich, bekam der Rumpf auch innen
einen Anstrich, das soll die Weichmacher im Kunststoffrumpf halten.
Nun konnten alle „Innereien" wieder eingebaut werden.
Der Bugspriet, die Masten und die Bäume wurden jetzt mit den Beschlägen versehen. Hierbei scheint
den Konstrukteuren ein Fehler unterlaufen zu sein. Die Außendurchmesser der Messing-Bandagen
entsprechen den Außendurchmessern der Hölzer. Richtig wäre, wenn der Innendurchmesser der
Messing-Bandagen dem Außendurchmesser der Rundhölzer entsprechen würde. Nur so könnten sie
überhaupt aufgezogen werden.
Ich habe entweder die Hölzer an den entsprechenden Stellen dünner gedrechselt oder neue
Messingbänder angefertigt. An die Bandagen werden anschließend die Blöcke befestigt. Dabei
sollten die Drahtringe unbedingt verlötet werden; nur zubiegen reicht für den Segelbetrieb nicht
aus.
Um den Mast abnehmen zu können, wurden abweichend vom Plan oben am Mast je zwei Haken
hinzugefügt, in die die Wanten mittels Ringe aus/eingehängt werden. Den Bugspriet habe ich so
abgeändert, daß er einschiebbar ist. Das spart Transportplatz und schützt ihn vor Beschädigung.
Das Ganze ist recht einfach. Der Bugspriet-Bock wird längs aufgebohrt und mit einer M4-Schraube
versehen. Im Deck wird entsprechend dort ein Loch gebohrt, wo der Bock normalerweise steht.
Unter Deck wird eine 30 x 30 mm-Aluplatte dagegen geklebt und mit einem M4-Gewinde versehen, in
welches die Schraube geschraubt werden kann.
Zum Einschieben des Bugspriets wird die Schraube gelöst, das Klüversegel ausgehängt und der
Bugspriet einfach nach hinten, seitlich am Großmast vorbei, geschoben. Zeichnung 2 zeigt die
Konstruktion. Die Bugspriet-Abspannung zum Rumpf besteht übrigens aus Stahl-Fesselfluglitze, die
mit einem kleinen Wantenspanner unter Zug gesetzt wird.
Ein unbefriedigendes Thema war die Reling.
Ich habe weder in der Bauanleitung noch in den Plänen deren Konstruktion ersehen können. Ich habe
sie dann nach eigenem Ermessen ausgeführt, mußte dann aber im Nachhinein feststellen, daß ich die
Teile 24 (Reling) und 28 (Relingfuß) vertauscht hatte und deshalb die Reling nochmals anfertigen
mußte.
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Nun ging es an die Segel. | -.- | |
Der mitgelieferte Segelstoff ist sehr grob und sehr steif, was für ein Standmodell vielleicht gut
aussieht, für den Segelbetrieb aber nicht praktikabel ist (gilt besonders für den Klüver). Den
Stoff habe ich durch feinen, weichen Baumwollstoff (in Eierschalenfarbe), aus dem Stoffladen für
ca. 30,- DM, ersetzt. Die Herstellung der Takelage und der Segel ist im Bauplan leider nur
minimal beschrieben.
Hier also meine Arbeitsweise (mit Dank für die Hinweise meiner Ehefrau). Man nehme: eine
Nähmaschine, ein (Dampf)-Bügeleisen, zwei scharfe Scheren (groß für Stoff, klein und spitz für
Faden), Segelstoff plus Nähgarn plus Liekgarn, passende Nähnadel, Sekundenkleber , ggf.
Schwarztee und Textilfarben, viel Geduld und/oder eine hilfsbereite Frau, Freundin oder Mama.
Der Zeitaufwand pro Segel beträgt gut und gerne 2 Stunden, ohne Einkauf des Stoffes, aber das
Ergebnis belohnt die Mühe.
Alle Segel werden nun „angeschlagen", sprich befestigt. Dabei bleiben das Toppsegel, die
Fock und der Klüver abnehmbar. Ich verwende dazu kleine Karabiner aus dem Anglerladen. Wegen des
abnehmbaren Mastes mußte ich den Verlauf des laufenden Gutes etwas abändern. Die Segelschoten
sind nicht an der Nagelbank bzw. an der Reling, sondern gemeinsam am Mastkranz befestigt. So
können beide Masten mitsamt Top-, Groß-. und Besan-Segel abgenommen werden. Die nun eigentlich
leere Nagelbank wurde mit Taubündeln kaschiert, das stehende Gut mit der schwarzen Textilfarbe
eingefärbt.
Bei den ersten Segeltests stellte ich fest, daß sich die Fock ständig im Mastkranz verhedderte.
Ich lötete daraufhin einen Schutzkorb, der rund um den Mastkranz als Leinenabweiser dient. Weiß
angestrichen fällt er kaum auf, Bild 6 zeigt den unteren Mastbereich mit dem Korb, dem Kranz und
der Nagelbank.
Tja, und nachdem ich dann noch eine geräumige Transportkiste (mit zwei Schubfächern für Masten und Segel, siehe Bild 8) für die Colin gebaut hatte, war mein neuer „alter" Segler fertig.
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Faqhrverhalten | -.- | |
Die Taufe der Colin Archer fand auf dem Killesberg anläßlich der „Modellbau Süd
'97"statt, genau ein Jahr nach der ersten Sichtung des Modells. Und dort fand dann auch gleich
der Stapellauf statt.
Die Colin Archer hielt sich prima unter all den „Saphir"en und „Rubin"en. Ich konnte
mich problemlos immer näher an die drei starken Windmaschinen am Becken heranmachen, die Colin
kränkte maximal bis zur Bordwand, kein Tropen Wasser kam ins Schiff. Der füllige Rumpf tat voll
seine Wirkung. Auch der Langkiel machte sich mit seinem typischen Verhalten bemerkbar - bei zu
starkem Wind fängt die Colin an, in Lee abzutreiben, da der Kiel bei starker Kränkung an Wirkung
verliert. Obendrein luvt die Colin bei Böen an, d. h. sie dreht in den Wind und reduziert dadurch
ihre Kränkung. Höhe kann die Colin natürlich nicht so hoch laufen wie die modernen
„Rennziegen", aber dafür gibt sie optisch viel mehr her.
Wenden geht ganz gut, sollte der Schwung einmal nicht ausreichen, hilft ein kurzer Motorschub
„um die Ecke". Der voll rückwärts laufende Motor war übrigens bei engen Bojen-Situation mit
anderen Seglern stets als Notbremse gut. Überrascht hat mich, daß das Ruder groß genug ist, denn
bei historischen Segelmodellen muß dieses oft für eine ausreichende Ruderwirkung vergrößert
werden. Die Ruderwirkung der Colin reichte aber unter allen Fahrsituationen.
Durch die recht üppige Segelfläche, immerhin sind fünf Segel auf der Colin, springt sie schon bei
leichtem Windhauch an. Sollte der Wind einmal zu stark werden, können leicht der Klüver und das
Toppsegel herunter genommen werden. Die Segelsteuerung hat sich bewährt, sowohl die für das
Großsegel als auch die für Fock und Klüver. Letztere könnte zwar gerne etwas schneller sein, aber
sieben Sekunden für einen Seitenwechsel sind immer noch schnell genug. Der Akku hält übrigens
mindestens 3 Stunden, je nach dem, wie oft der Motor eingesetzt wird.
Fazit | -.- | |
Die Colin Archer von Billing Boats/Simprob ist ein tolles Segelmodell, schön fürs Auge, günstig in der Anschaffung, gut zu segeln und unschwer zu bauen. Leider steht wohl einer größeren Verbreitung die miserable Bauanleitung im Wege.