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05.2004

erschienen in MODELLWERFT 09/1999

Einsatz einer Feinschnitt- oder Dekupiersäge
zum Aussägen von Schnitzrohlingen


Vorwort Der Lotse Schutzeinrichtung Sägeblattklemmung Spannkopf Einsatz
button4.gif Vorwort -.-   

Was eine auf dem Markt erhältliche mechanische Laubsäge kann, weiß jeder, der auf einer Messe zugesehen hat, wie der Vorführer aus einer Holzplatte eine ganze Menagerie ausgesägt hat. Esel paßt an Schwein, Schwein paßt an Ente usw. Wenn man's darauf anlegt, wird der Sägeschnitt fast so gerade, als würde man an einem Anschlag schneiden. Nur ein Genie könnte das mit der Hand. Wenn es dann aber um eine enge Kurve geht, ist der Zauber schon vorbei. Hier ist der meist absichtlich grob gehaltenen Längsschliff der Tischoberfläche, der das Werkstück gerade geführt hat, nur noch hinderlich. Der Versuch, einen Schnitzrohling einer menschlichen Figur von zirka 20 mm Größe einigermaßen sauber auszusägen, endet meist in totalem Chaos.

Die Erklärung dafür, was hier eigentlich schief läuft, ist folgende: Der Transportvorgang ist eine Kombination von zwei Bewegungen: einmal der Vorschub in Richtung der schneidenden Stirnseite des Blattes und einmal eine Punktschwenkung. Während dieses Schwenkvorgangs ist ein Druck gegen das Blatt und damit eine Verschiebung des theoretischen Drehpunktes zur Sägeachse nicht zu vermeiden. Und genau da ist der Knoten. Das Resultat ist eine Vergrößerung der Schwenkstelle beziehungsweise eine ungewollte Richtungsänderung - schon ist die Meermaid verstümmelt. Es muß also eine Möglichkeit gefunden werden, einer vorgezeichneten Linie sicher zu folgen.

Übrigens war es eine Dekupiersäge Dremel 1371, die zu Versuchen mit den unten beschriebenen Änderungen zur Verfügung stand. Diese Säge ist in ihren Urzustand zum Aussägen einer solchen Figur genau so ungeeignet wie jede andere ähnlicher Bauart auch. Im Beitrag "Schnitzen vollplastischer Figuren" in der "ModellWerft" 4/98 wurde aber schon angekündigt, daß man Abhilfe schaffen kann - hier ist sie geschildert.

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Abb. 1: Der Lotse.
1 = Kugellager 608 R6;
2 = Hohlwelle 8 1,5;
3 = Flansch (angelötet);
4 = Scheibe (aufgeklebt);
5 = Befestigungsplatte.
Abb. 3. Arbeitsweisen mechanischer Laubsägen.

Vorwort Der Lotse Schutzeinrichtung Sägeblattklemmung Spannkopf Einsatz
button4.gif Der Lotse -.-   

Der Lotse ist ein Drehtisch, der die Linienverfolgung passiv unterstützt. Die eigentliche Lösung ist in diesem Falle eine Differenzierung der Reibungswiderstände. Das heißt, die Reibung in der Schwenkrichtung muß wesentlich geringer sein als die Reibung in Vorschubrichtung. Das Ding, das diese Aufgabe übernimmt, ist ein ganz normales kleines Kugellager mit einem bißchen drumherum (Abbildung 1). Das "bißchen drumherum" ist ein Messingteller mit einer Hohlwelle, die mit einer Einführungsaussparung versehen ist. Die Hohlwelle wird in das Kugellager eingedrückt (Festsitz). Das Kugellager wiederum kann in eine Platte mit Zweikomponentenkleber eingeleimt werden, um so das Ganze auf dem Sägetisch auszurichten (Drehpunkt auf Sägemitte), zu verbohren und festzuschrauben.

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Abb. 2. Scharfe Richtungsänderung (vergrößert).
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Der Teller mit der Hohlwelle läßt sich sowohl aus drei Teilen zusammenbauen als auch aus einem Teil drehen. In jedem Falle sollte die Telleroberfläche mit 150er Schmirgel zentrisch geschliffen werden. Dadurch stehen die Riefen immer quer zur Vorschubrichtung und garantieren in jeder Stellung den gleichen Reibungswiderstand. Sollte das Kugellager etwas schwergängig sein, wird's in die Bohrmaschine gespannt und durchgedreht, Die Wirkungsweise ist ziemlich einfach:
Während zur Fortführung des Schnittes ganz normal der Reibungswiderstand der Auflage zu überwinden ist, ist eine Drehung zur Richtungsänderung ohne Widerstand möglich. Das heißt, die kontinuierliche Richtungsänderung zum Sägen eines Bogens kann ohne Verrutschen des Werkstückes auf der Unterlage erfolgen. Das wiederum schließt auch die Gefahr der seitlichen Verschiebung fast aus.

Eine Richtungsänderung von nahe 180 Grad (wie in Abbildung 2) ist zu erreichen, indem das Werkstück während der Drehung auf den Drehtisch aufgedrückt wird. Wenn der Drehmittelpunkt mit dem Sägemittelpunkt übereinstimmt, wird die Größe der hierbei entstehenden Bohrung nur von der Sägeblattdimension (Abbildung 3a) plus einer von der Bauart bedingten Fluktuation des Blattes bestimmt (Abbildung 3b). Bei "a" wird das Sägeblatt gegen eine Feder nach unten gezogen, bei Auf- und Abbau der Spannung pro Hub. Dieser Nachteil ist bei der unter "b" dargestellten Sägeart ausgeschlossen. Hier handelt es sich wie bei der hier als Beispiel gewählten Maschine um einen in sich geschlossenen Sägebogen, der um einen Drehpunkt bewegt wird. Hierbei muß bei einer sonst stabileren Bauweise die Oszillation der Winkellage, die eine Vergrößerung des Drehpunktes verursacht, in Kauf genommen werden. Das hieraus resultierende ungenauere Schnittbild kann mit einem Spiralsägeblatt nachgearbeitet werden. Überhaupt ist die seitliche Bearbeitung mit einem Spiralsägeblatt eine gute Möglichkeit, kleinere Entgleisungen zu korrigieren. Der Drehtisch hat hierbei keine Funktion, stört aber auch nicht.

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Abb. 5. Vorzentrierung.

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Abb. 4: Plexiglas-Schutzschild zum Sägen von Kleinteilen. Abb. 6. Formklemmstück.

Auch bei dieser mechanischen Bearbeitung können 0,5er Bohrungen, die man vor Beginn der ganzen Sägerei in den scharfen Ecken einbringt, ganz hilfreich sein. Hierdurch wird dann auch die eben erwähnte Drehpunktvergrößerung günstiger.

Die jetzt noch aufgeführten Änderungen und Zusätze sind teils bedingt durch den Einsatz des Lotsen und die hiermit verbundenen Miniaturschnitte, sind aber auch beim Normaleinsatz ganz gut zu gebrauchen.

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Abb. 8. Gebrauchsfreundliches Schutzblech.
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Abb. 7. Dreimaliger Einsatz eines Blattes durch Umspannen. Abb. 9: Schnittlinie a) gewellt, b) scharf.

Vorwort Der Lotse Schutzeinrichtung Sägeblattklemmung Spannkopf Einsatz
button4.gif Schutzeinrichtung -.-   

Die für größere Teile vorgesehene Abdeckung des Sägeblattes muß für unsere Belange durch eine kleinere ersetzt werden (Abbildung 4). Die Abdeckung wird durch zwei Schrauben auf der Tischplatte festgehalten. Der unmittelbare Sägebereich ist zwar ungeschützt, hierzu muß jedoch bemerkt werden, daß die wenigsten Unfälle im direkten Aktionsbereich passieren. Übrigens, das Plexiglasschild läßt sich über einer in eine Lötkolbenhülse eingespannten Kupferstange biegen. Zur Temperaturregelung wird ein Lampendimmer zwischengeschaltet.


Vorwort Der Lotse Schutzeinrichtung Sägeblattklemmung Spannkopf Einsatz
button4.gif Sägeblattklemmung -.-   

Ob die Sägeblätter außerhalb der Maschine mit Klemmstücken versehen werden, wie das bei dieser Maschine der Fall ist, oder ob sie direkt an den Bügeln festgeschraubt werden, eines ist immer das gleiche: Sie stoßen beim Einführen an und werden meist beim Festziehen aus der Mitte gedrückt. Zum Glück ist in diesem Falle (wenn auch ungewollt) schon etwas zur Verbesserung vorbereitet. Eine der beiden Bohrungen, die zur Quereinspannung des Blattes gedacht sind, läßt sich nämlich zur Befestigung einer Vorzentrierung verwenden (Abbildung 5). Dieser Einfädler besteht aus einem Befestigungswinkel mit einem Röhrchen mit einer 0,5er Bohrung.

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Abb. 10a: Sägeoperation Fenster aussägen. Abb. 10b: Sägeoperation Feinheiten sägen.

Das Fühungsröhrchen kann notfalls aus zwei ineinandergesteckten Teilen bestehen. Während die Befestigung der Klemmstücke außerhalb der Maschine noch ohne diese Vorführung möglich ist, wird es beim Einsatz des Drehtisches, der ein Einführen des Sägeblattes in der Maschine erfordert, ohne diese Einspannhilfe äußerst kompliziert. Also sollte man sich zur Herstellung dieser kleinen Winkel mit Röhrchen entschließen.

Der Einspannvorgang läuft dann folgendermaßen ab: Nachdem das untere Spannstück festgeschraubt ist, wird die Säge von unten in die ausgesparte Seite der Tischhohlwelle eingeführt, unten eingehängt und mit einem Formstück gesichert (Abbildung 6).
Jetzt läßt sich das obere Spannstück aufschieben, einhängen und festspannen. Da die Sägeblätter je nach Holzart sehr schnell stumpf werden, empfiehlt sich bei kurzhubigem Einsatz, das Blatt durch Verschieben dreimal einzusetzen (Abbildung 7). Bei Verwendung von annähernd gleichen Blättern kann man die Spann-Wurmschraube auf einer Seite festkleben.


Vorwort Der Lotse Schutzeinrichtung Sägeblattklemmung Spannkopf Einsatz
button4.gif Spannknopf und Seitenabdeckung, Blaseinrichtung -.-   

Meist sind es die kleinen Dinge, die ein Gerät beliebt oder verhaßt machen. Und einen Deckel, den man nur durch Raus- und Reindrehen von zwei Schrauben abnehmen kann, den schmeißt man zum Teufel. Oder man gestaltet ihn etwas gebrauchsfreundlicher (Abbildung 8). Die im Zentrum eingebrachte Bohrung dient zur Befestigung eines Handgriffes. In unserem Falle übernimmt das der Sägeblattspannknopf. Der wiederum wird durch eine Sechskantschraube ersetzt. Die Schraube mit Schlüssel ist zwar etwas umständlicher als der Knopf, aber der stört die Sicht und behindert ein für unsere Miniaturen notwendiges Vergrößerungsglas.

Zum Wegpusten des Sägemehls dient wie bei der Handsägerei der Aquariumsdurchlüfter, der schon in der "ModellWerft" 2/96 beschrieben wurde. Zur Befestigung der Düse wird ein weiteres Gewindeloch in den Tisch gebohrt.


Vorwort Der Lotse Schutzeinrichtung Sägeblattklemmung Spannkopf Einsatz
button4.gif Allgemeines zum Einsatz -.-   

Für die hier besprochenen Kleinschnitzereien kommen nur Buchsbaum, Ebenholz oder ähnliche dichtgewachsene Hölzer in Frage. Die in Prospekten angegebenen maximalen Schnittleistungen kann man bei solchen Materialien ruhig durch fünf teilen.

Zur Sägeblattauswahl ist zu sagen, daß natürlich das feinste Blatt (Breite mal Stärke = 0,5x0,25) gerade richtig ist. Bei zu geringer Schnittleistung muß man jedoch eine Stufe höher (0,7x0,3) gehen.

Beim Einsatz des Lotsen ergibt sich ein absolut neues Sägegefühl. Natürlich muß dieses Gefühl ein wenig trainiert werden. Wenn also die nach dem ersten Fehlschlag übliche Beschimpfung des Autors etwas zurückgestellt würde, wäre vielleicht jedem geholfen.

Möglicherweise erfordern die besonderen Umstände doch ein paar Sätze Gebrauchsanweisung: Trotz der Feststellung, daß eine 180-Grad-Umkehrung möglich ist, sollte man es nicht übertreiben. Während ein schlangenlinienähnlicher Sägeschnitt ohne weiteres zu bewältigen ist (Abbildung 9a), sind Einschnitte wie bei 9b dargestellt, besser durch ein zweimaliges Einschneiden von außen auszuführen. Sollte sich jedoch eine 180-Grad-Wendung ergeben, so ist das weniger ein Säge- als ein Halteproblem.

Der nachfolgend geschilderte Ablauf (siehe Abbildungen 10) sagt auch etwas über diese Frage der Handhabung. Die als Beispiel gewählte Prinzessin hat eine Modellgröße von 25x19x10 mm. Die Größe des Rohlings beträgt 40x28x10 mm.

  1. Die gewählte Größe garantiert eine sichere Handhabung. Zur Durchführung der Sägeoperationen bedarf es je einer zirka 1 mm großen Bohrung bei Punkt A und B.
  2. Die erste Sägeoperation erfolgt entlang der punktierten Linien in Pfeilrichtung (Pfeilrichtung ist Sägerichtung, nicht Bewegungsrichtung des Werkstückes) (Abbildung 10a). Scharfe Ecken und diffizile Partien werden übergangen. Der verbleibende Rahmen hilft dabei, den Winzling zu handhaben. Wenn das Edelholz knapp wird oder nur gerade die Größe der Figur hat, besteht die Möglichkeit, entsprechend große Fremdholzstücke um den Rohling herumzukleben. Der Sägevorgang bleibt so der gleiche.
  3. Die zweite Sägeoperation befaßt sich mit dem Feinheiten (Abbildung 1 Ob). Die Säge kann hierbei auch als Raspel - die Sägerichtung liegt also rechtwinkelig zur Kontur gebraucht werden. Wie eingangs erwähnt, läßt sich hierbei auch ein Spiralsägeblatt einsetzen.
  4. Beim Entfernen des Rahmens dient der Fuß als Griff und späterhin auch zum Halten während des Schnittvorganges.

Allgemeines zur Säge


Günter Bossong
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