fib-03-11.htm
05.2004 |
Mut zum Schnitzen | -.- | |
Weil bei der Frage, welches Modell man zu bauen gedenkt, für die meisten Erbauer ein gewichtiger Entscheidungsfaktor auftaucht - nämlich das Vorhandensein von Schnitzereien - möchte ich dieses Thema, das vom Ablauf her eigentlich noch nicht dran wäre, etwas vorziehen. Sollte man zu den "Auserwählten" gehören, die die zu schnitzende Figur so klar und scharf innerhalb des Holzblockes vor sich sehen, daß sie einfach nur das überflüssige Material "weghacken" brauchen, gibt es kaum einen Grund, diesen Artikel zu lesen, es sei denn, um zu wissen, wie schwer es die "Normalsterblichen" haben. Doch es gibt auch in diesem Bereich keine direkten "Antikünstler". Das heißt, das Auftreten bestimmter Empfindungen angesichts bestimmter Formen ist jedem zu eigen. Und das beweist, daß in jedem Menschen ein Künstler steckt. Wenn man einen grimmigen Hund, ein weinendes Kind oder wieherndes Pferd als solches erkennt, dann nur deshalb, weil das jeweilige Bild irgendwo gespeichert ist. Der Erkennungsvorgang ist also nichts anderes als ein Vergleich mit den irgendwo vorliegenden Daten. Die eigentliche Schwierigkeit ist das spontane Ziehen der richtigen Schublade, ohne das Spiegelbild vor sich zu haben. Und das macht den eigentlichen Künstler. Und der hat dann noch die Fähigkeit, Formen hervorzubringen, die in der Natur kein direktes Vorbild haben. Das ist die schöpferische Seite. Aber auch hier sind wir "ganz Kleinen" nicht ganz unbefangen, denn die Tatsache, daß man eine Schöpfung als schön oder ergreifend empfindet, zeugt davon, daß tief im Unterbewußtsein ein schwaches Abbild, von dem, was wir da sehen, vorhanden sein muß. Sollte ich jetzt den einen oder anderen überzeugt haben, daß er in Wirklichkeit ein Künstler ist- wenn auch nur ein kleiner - kann's losgehen.
Schnitzereien | -.- | |
Vorab seien dem Autor ein paar Sätze in eigener Sache erlaubt. Als ich vor Jahren vollkommen hilflos mit einem Schnitzmesser in der Hand vor einem Stück Holz saß, bar jeder Vorstellung, wie daraus wohl eine Plastik werden könnte, war die Suche nach Rat und Hilfe in der Literatur eine logische Folge. Erst viel später wurde mir klar, warum es trotzdem Jahre gedauert hat, ehe diese absolute Hilflosigkeit verschwand. Alle Leute, die Bücher schreiben, tun dies, wenn sie wer geworden sind. Das heißt aber auch, wenn sie lange nicht mehr wissen, wie jemand schwitzend dasitzt und nicht weiß, wie er das Messer halten soll oder wie tief an welcher Stelle einzuschneiden ist. Aus dieser Erfahrung ergab sich die Vorstellung, daß die Hilfe für einen Anfänger nur von Erfahrungen stammen kann, die parallel zum Lernprozeß aufgezeichnet werden. Und das genau habe ich versucht.
Der erste Schritt, der zu einem guten Relief fährt, ist das Aufbringen einer exakten Skizze.
Der Weg, der zur Skizze selbst fährt, ist jedem bekannt: in größerem Maßstab zeichnen und dann auf
der Fotokopiereinrichtung entsprechend der gebrauchten Größe verkleinern. Falls das vom Gerät
bedingt nur in zwei Schritten geht, hier noch mal die Formel: Verkleinerung auf 0,6 (60%, als
Beispiel):
1. Verkleinerung auf 0,65 (65%, gerätebedingt),
2. Verkleinerung = 0,6 : 0,65 = 0,92 (92%).
Nach der Verkleinerung sollte eine Kopie geopfert werden, d. h. Bild ausschneiden und Größe vor
Ort kontrollieren.
Die Holzplatte (Buchsbaum), aus der das Relief entsteht, ist bei einem Modellmaßstab von 1:50 etwa 1,5 mm dick. Wie man die Skizze mit Pauspapier auf das Holz überträgt, weiß auch jeder. Was aber von der Exaktheit der Miniaturbilder übrigbleibt, hat ebenfalls schon jeder erfahren. Was einem so vorschwebt, ist die direkte Übertragung vom Papier auf´s Holz, ohne die geringste Abweichung. Um das zu erreichen, habe ich meine private Forschungsgruppe beauftragt.
Hier ist der Bericht mit Ergebnis:
Die Fotokopie wird aufgebügelt. Die so zustandegekommene Vorlage ist schon "die halbe Miete".
übrigens, die hier spiegelbildlich übertragene Zeichnung läßt sich durch Fotokopieren auf Folie
wieder umkehren.
Fangen wir mit Ornamenten und Flachreliefs an. | -.- | |
Zuvor noch ein paar Worte zum Holz: Je kleiner das zu schnitzende Teil, je dichter sollte das Holz gewachsen sein. Dicht gewachsen ist gleichbedeutend mit langsam gewachsen. Zum Beispiel hat ein armdickes Buxbäumchen oft seine hundert Jahre "auf der Krone". Langsam wachsende Hölzer sind meist nicht nur dicht, sondern auch hart. Dann kommt noch hinzu, daß viele Hölzer sehr harte Kristalle in ihrer Struktur eingeschlossen haben. Daß also die Schnitzwerkzeuge von sehr hoher Qualität sein müssen, versteht sich. Eine Aufzählung von Messern, wie sie aus Schnitzmessersätzen bekannt sind, wollen wir uns hier sparen. Wir wollen ja keinen Nachtwächter schnitzen und auch keine Schranktür, sondern ganz kleine Verzierungen. Anschließend sind einfache aber grundlegende Vorgänge aufgezeigt mit den entsprechenden Werkzeugen.
Das auf dem Bild A02 rechts dargestellte Ornament ist so ziemlich das dünnste für unseren Bereich.
Wer das "hinkriegt", schafft alles andere auch. Wenn auch für etwas gröbere Sachen Birn- oder
Nußbaum zu gebrauchen sind, hier tut's tatsächlich nur Buxbaum. Bei fast jeder anderen Holzart
würden die dünnen Ranken abbrechen. Durch die enge Faserformation bei Buxbaum, bricht dieses auch
quer zur Faser nicht so leicht. Es wird sogar bei abnehmender Stärke immer biegsamer. Zur
Demonstration der Vorgehensweise ist eine ganz einfache Form gewählt worden. Es sind zwei mögliche
Verfahrensweisen aufgezeigt: A. nur Sägen, B. mit Vorstechen. Welche man letztlich annimmt, sollte
nach einem praktischen Versuch entschieden werden. Für beide Methoden gilt es erst einmal, ein
passendes Brettchen zu sägen. Steht ein ausreichend großes Stück zur Verfügung, so hat man die
Möglichkeit, von einer der vier Seiten eine Scheibe abzuschneiden. Jedoch vorher durch vorsichtige
Schnitzproben an allen Seiten die beste auswählen! So verhindert man das Erwischen einer
unglücklichen Faserrichtung.
Um das schöne Bild bei der weiteren Bearbeitung nicht wieder mit den eigenen Fingern zu
verschmieren, ist es kein Fehler, die Zeichnung mit irgendeiner Grundierung oder Elefantenhaut zu
überziehen.
Ornamentherstellung und Konturensägen | -.- | |
Ornamentherstellung, Konturenvorstechen | -.- | |
Werkzeuge zum Schnitzen | -.- | |
Glätten der Oberfläche | -.- | |
Zum Glätten der Oberfläche gibt es eine Auswahl von Möglichkeiten. Bei größeren Formen läßt
sich das Ganze mit 500er Schleifpapier abziehen. Bei unserem Ornament ist dies nur bedingt
einsetzbar. Hier nehmen wir uns einen Streifen Schleifpapier, machen lauter Einschnitte und rollen
das Ganze zu einer Art Pinsel zusammen. Diese Pinsel zerfallen zwar schnell, lassen sich aber
leicht erneuern.
Mit Stahlwolle klappt's auch, aber hierbei kann schon mal ein Ränkchen hängenbleiben und abreißen.
Der Glasradierer leistet auch gute Arbeit, nur "rächt" er sich meistens, indem er ein paar seiner
Fasern in die Haut bohrt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine rotierende Bürste mit
normalen Borsten in die Mini-Bohrmaschine zu spannen.
Ablösen läßt sich das filigrane Gebilde mit einem Messerchen. Wenn's kritisch wird, hilft man mit etwas Wasser nach. Buxbaum ist ziemlich unempfindlich gegen Feuchtigkeit.
Herstellung eines Reliefs | -.- | |
Während bei der bis hierhin beschriebenen Ornamentherstellung das Schnitzwerk auf den Hintergrund aufgelegt wird, besteht bei einem Relief der Hintergrund und das Bild aus dem gleichen Stück. Wie man das Bild durch Einschneiden und Einstechen herausholt und schnitzt, wissen wir aus dem Vorangegangen, aber, wie die zurückliegenden Flächen so schön eben und glatt werden, dafür muß es natürlich ein ganz besonderes Werkzeug und einen ganz besonderen Trick geben...
Damit ist jedoch noch lange kein Relief fertiggestellt. Was bei einer Ranke oder einem
rankenähnlichen Ornament nicht so wichtig war, nämlich die Tiefen, ist bei einem Relief das "A und
0". Um das zu verdeutlichen, ein Beispiel:
Ein Seemann mit einer Lebensgröße von angenommen 1,70 m soll als Relief in einer Größe von 22 mm
dargestellt werden. Nimmt man eine Tiefenreduzierung im Verhältnis zur natürlichen Form auf 1/5
an, so kommt es zu folgender Rechnung:
1700 mm : 22 = 77, also der 77ste Teil der Lebensgröße. Durch die weitere Reduzierung auf 1/5 ergibt sich eine Gesamtreduzierung von 5 x 77 = 385. Also der 385ste Teil der Lebensgröße in der Tiefenrichtung. Hieraus ergibt sich, daß ein Fehler von 0,1 mm in der Tiefe einem Fehler von 0,1 x 385 = 38,5 mm am lebenden Vorbild gleichkommt. Wie ein Seemann aussieht, dessen Kopf um fast 4 cm nach hinten verschoben ist, ist leicht vorstellbar. Diese kleine Kalkulation zeigt auf der einen Seite, welch geringe Toleranzen für die Spanabnahme bei einem Relief zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite machen es diese kleinen Distanzen möglich, Fehler durch geringes Nachsetzen zu korrigieren. Natürlich nur so lange, bis der Seemann "im Freien" steht. Zur Vorgehensweise ist noch zu sagen, daß das Bild so genau wie eben möglich aufgebracht wird und das Einritzen der Konturen so exakt wie möglich und senkrecht erfolgen muß. Nicht, weil das eine besondere Schnitztechnik wäre, sondern weil sonst das mit so viel Mühe geschaffene Bild wieder verzerrt wird.
In der Vergangenheit schien es absolut notwendig, jede Linie, jedes Detail mehr oder weniger tief einzuritzen, damit das Bild nicht beim Abheben der ersten Schicht verloren geht (MODELLWERFT 12/1995). Hierbei konnte es passieren, daß bei dem Gewirr von Einzelheiten, die sich je nach Maßstab zusammendrängen, wesentliche Konturen verloren gehen. Es ist besser, wenn man nur die Hauptkonturen einschneidet und die Schichten entsprechend abträgt. Wenn man dann die Hauptbereiche bis fast auf die endgültige Tiefe gebracht hat, muß man eben Details, wie etwa Federn oder Finger, neu einzeichnen (Abb. A12).
Jetzt wird an einem Ausschnitt des auf Bild A14 dargestellten Reliefs das schrittweise Vorgehen demonstriert (siehe Bild rechts). Auf der Darstellung "b" sind gegenüber der Zeichnung "a" alle unwesentlichen Linien abgedeckt. Weiterhin sind alle Linien abgedeckt, die vorstehende Kanten anzeigen und daher keinen Einschnitt dulden. Die noch sichtbaren Linien zergliedern sich in zwei Gruppen: 1. die Außenkonturen und 2. in alle Linien innerhalb des Bildes.
Entlang der Außenkonturen ist die Schnittiefe unbegrenzt. Bei den übrigen Linien ist die Schnittiefe auf die - Bildstufung abgestimmt. Sobald man sich also eine Vorstellung geschaffen hat, zu welcher Sorte die jeweilige Linie gehört, spricht nichts dagegen, erst mal sämtliche Außenkonturen einzuschneiden und dann einzustechen. Die Tiefe der einzelnen Schnitte sollte nie über 0,5 mm liegen, weil sonst ein zu breiter Bereich des Messers ins Holz eintritt und so die engeren Kurven zerstört. Also Schnitt erst seitlich einstechen, um dann wieder tiefer einschneiden zu können. Die Schnittführung selbst ist auf Bild A08 dargestellt. Um Ausrutscher zu verhindern, schneidet man immer kurze Strecken und drückt das Messer gleichzeitig ins Holz. Der Vorgang ist ähnlich bei Rundungen, nur daß hier die Einschneidstrecken noch kürzer sind und gleichzeitig eine Drehung ausgeführt wird. Nach jeder Strecke wird das Messer angehoben. Bei den am tiefsten liegenden Partien, hier z. B. der ausgestreckte Arm des Kriegers, führt der Schnitt ganz durch die Platte. Somit entfällt in diesem Bereich der Sägevorgang.
Eine gute Orientierungshilfe ist es übrigens, wenn man in den verschiedensten Ecken entlang der Außenkontur 0,5er Bohrungen einbringt. Bei einem Relief der hier gezeigten Größe und Konstellation ist es möglich, ganz ohne Aussägen und Aufkleben zurechtzukommen, weil es sich in jedem Stadium der Fertigung mit den Fingern halten läßt. Der Nachteil hierbei ist jedoch die Tatsache, daß man die fertigen Partien immer wieder abdecken muß, damit sie nicht heillos verschmutzen.
Das große Problem für den "Nichtkünstler" ist die Tatsache, daß unsere schöne Skizze von den zurückliegenden Partien, wie hier z. B. Arm, linke Schulter, Kopf und aufgestelltes Bein, weggestochen werden. Für den Handwerker gibt es hierfür nur eine Abhilfe: Alle Linien gerade einstechen und immer wieder nachsetzen, ehe sie durch Materialabtragung verschwunden sind. Spätestens, wenn man einen Teil des Linienbildes unbeabsichtigt weggeschoben hat und gezwungen ist, einen Bildausschnitt neu einzuzeichnen, merkt man, daß die Nachstechmethode gar nicht so schlecht ist. Die Detailbearbeitung z. B. des Schulterschutzes der zurückliegenden Schulter beginnt erst, wenn die Schulter selbst in der richtigen Tiefenposition liegt.
Weil sich die gesamte Tiefenstufung unseres Bildes in einem Bereich von ca. 1 mm abspielt, sind die Abstände in der Z-Achse (Achse in der dritten Dimension) sehr gering und behutsam zu dosieren. Wenn so z. B. aus dem 0,2-mm-Abstand von Bein zu Bein 0,3 mm werden, wird aus unserem edlen Krieger ein Körperbehinderter. Leider sieht man solche Verschiebungen meist erst, wenn schon die meisten Details geschnitzt sind. Es schmerzt schon sehr, wenn man einen sonst gelungenen Kopf zurücksetzen muß. Wenn aber alles andere zurück muß, weil ein Gesicht durch wiederholte Korrekturen tiefer gerutscht ist, dann ist ein kleiner Amoklauf durchaus gerechtfertigt.
Fehlschläge sind nun mal der Alltag des Modellbauers. Aber wenn man das erste Mal bei einer figürlichen Darstellung nicht nur ein menschliches Gesicht erkennt, sondern auch Geschlecht und Rasse, dann ist das der Durchbruch. Um sich immer wieder orientieren zu können (besonders in der Tiefe) ist das unverkleinerte Bild als stete Vorlage unerläßlich. Eine weitere Hilfe ist es, wenn man sich von komplizierten Einzelheiten, wie Händen, Gesichtern oder Pferdeköpfen größere Abbildungen beschafft. Nur so gelingt es meistens, die verflixte dritte Dimension herauszufinden. Nur der weiß, was gemeint ist, der beim Modellieren eines jener kleinen Gesichter genau erkennt, daß zwischen dem, was er sieht, und dem, was er sich vorstellt, nur noch ein winziges Spänchen liegt, ohne jedoch genau zu wissen wo.
Eine mechanische Hilfe für Korrekturen an der Außenform ist die im "Flickartikel" (MW 3/95) vorgestellte Bohrmaschine mit dem Minisägeblatt. Ein entsprechender Zusatz zu dem in Heft 5/95 gezeigten "Superding" dient als Auflagetisch und ermöglicht feinste Spanabnahme (siehe Bild 108, Teil 4a)>.
Ehe wir uns jedoch in der allgemeinen Schnitzerei verlieren, zurück zur Galerie mit ihren Sonderbedingungen, als da ist der kurvenreiche Untergrund, der als Auflage für die Verzierungen dient. Als Vorwort zu den vorbereitenden Arbeiten, möchte ich MW-Autor Jürgen Eichardt zitieren: "Warum einfach, wenn's umständlich auch geht". Um den Schalk aus dieser Scherzfrage zu nehmen, braucht man nur das "auch" zu streichen; denn einfach geht's meistens gar nicht. Wer nämlich versucht, die Schnitzereien schön dünn zu halten, um sie dann um Rundungen und Ecken herumzukleben, der segelt in der falschen Richtung. Das wird nichts. Die Kurven sind zu eng, und die Ecken kommen noch hinzu. Also auch hier der umständliche Weg: Bei unserer Galerie zeigen sich die Reliefs bezüglich des Untergrundes in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Die einfachste Form hat der Adler, dessen Rückseite in einer Ebene gebogen ist. Die nächstschwierigere Form haben die beiden unteren Seitenteile, die an zwei bzw. drei Flächen gleichzeitig angepaßt werden müssen. Die schwierigste Formation ergibt sich aus der oberen Hälfte der Dachverzierungen, die wie ein Hut aufgepaßt werden muß. In diesem Fall setzt sich die Größe des Schnitzrohlinges aus der Größe des zu überdeckenden Kuppelteils plus der Reliefstärke zusammen. In den beiden anderen Fällen ergibt sich die Größe aus der großzügig bemessenen Außenform mal der Dicke.
Der Anpaßvorgang ist für alle Formen gleich:
Die grobe Spanabnahme erfolgt mittels Hilfsschablonen und maßlicher Steuerung. Für die
Feinanpassung beklebt man die entsprechende Stelle mit Pauspapier (dünne Sorte) und tuschiert so
lange, bis es paßt. Ohne Sichtbarmachung bzw Abnahme der hohen Punkte ist es fast unmöglich, eine
satte Anlage zu erreichen. Nachdem jetzt die Außenform korrespondierend mit den Innenflächen auf
Reliefdicke reduziert ist, werden die Oberfläche geglättet und das Bild aufgebracht.
Zum Abschluß noch einmal ein Blick auf eine Besonderheit des Reliefs im Bild B13:
Die "gena(mo)gelten" Nieten auf der Rüstung des fahrenden Kriegers. Für jeden ernsthaften Anhänger
der Schnitzergilde gibt es nur eine Möglichkeit, solche kleinen Vorsprünge zu kreieren: Das Umfeld
tiefer legen, Zäpfchen von 0,5 mm Durchmesser stehen lassen und dann abrunden. Elende Plackerei
mit meist unbefriedigendem Resultat. Also nehmen wir von dem in Anführungszeichen gesetzten Wort
die eingeklammerte Version. Was jetzt kommt, verstößt zwar etwas gegen den Gildekodex, aber es ist
einfacher und besser: 0,4 bis 0,5er Loch bohren, Stäbchen auf Durchmesser schleifen
("Banausenmethode" Heft 1/94, Bild 31), Kopf runden, ca. 2 mm abschneiden und eindrücken. Das geht
bei einem Relief entweder von oben oder von unten.
Das Eindrücken von unten hat den Vorteil, daß man nicht mit dem Minibölzchen zu operieren braucht, sondern daß das drücken mit dem Klöbchen erfolgen kann. Allerdings muß so der Bolzendurchmesser etwas unter dem Bohrungsdurchmesser liegen.
Schnitzen vollplastischer Figuren | -.- | |
Sich des eigenen Daseins bewußt zu werden, ist eine Fähigkeit, die allgemein nur den "höheren Affen" zuerkannt wird. Außerdem ist der Bewußtseinsvorgang umstritten, und eine Diskussion hierüber endet meist im Bereich des Transzendentalen. Die Möglichkeit hingegen, ein Stück Ich in ein Werk zu legen und es dann von außen zu betrachten, ist unumstritten. Und genau das tun alle Bildhauer, Maler, Musiker und ... Modellbauer. Wahrscheinlich ist es das, was mit dem etwas ausgeleierten Wort Selbstverwirklichung gemeint ist.
Welches Material? | -.- | |
Die vollplastische Schnitzerei nahm im historischen Schiffsbau einen wesentlichen Platz ein.
Doch vor dem Einstieg in diesen schwersten Teil der Ausschmückungsarbeit noch eine allgemeine
Beachtung über die Wahl des Materials. Vorausgesetzt sei, daß jede Art von Material vorhanden ist.
Während es bei unseren historischen Vorbildern nur einen Werkstoff gab; nämlich Holz, hat der
moderne Modellbauer Ausweichmöglichkeiten. Die Frage ist, wann weicht man aus? Das ist als erstes
davon abhängig, ob man zum Schluß natürliches Holz sehen will oder ob die Plastik mit Farbe oder
Gold abgedeckt wird. Für den ersten Fall ist die Frage beantwortet. Wenn jemand im zweiten Fall
Holz verwendet, obwohl ein besseres zu handhabendes Material zur Verfügung steht, ist das zwar
originalgetreu, es bringt aber weder Ruhm noch Ehre. Es sieht ja keiner. Wer aber nichts Besseres
findet, der bleibt bei Holz. Ich tu's zumindest bei Einzelstücken auch.
Welches Material man auch verwendet - wenn es sich um Verzierungen handelt, die nur je einmal vorkommen, muß jedes dieser Einzelstücke mühevoll herausgearbeitet werden. Wenn hingegen der gleiche Pusteengel über jedem Fensterbogen hängt und dann auch noch vergoldet ist, besteht die Möglichkeit, nur einen ganz besonders gut zu machen, eine Form herzustellen und abzugießen. Munter einen nach dem anderen, so viele, wie man braucht. Das gleiche gilt für sich wiederholende Ornamentteile. Die Erfahrungen hierzu werden in einem besonderen "Gießartikel" veröffentlicht.
Korrigieren der Vorlage | -.- | |
Der erste Schritt, der zu einer Vollplastik fährt, ist genau wie beim Relief das Aufbringen eines Abbildes auf den als viereckige Säule ausgebildeten Holzrohling. Je nachdem, was der Plan hergibt, fallen zwei Ansichten an: vielleicht eine von vorne und eine von der Seite. Aber selbst wenn der Plan eine zweite Ansicht zeigt, so ist diese fast nie gleich einer technischen Zeichnung mit Höhenlinien verbindbar. Hier heißt es, sich für die beste Darstellung zu entscheiden und die dazugehörige Ansicht daneben zu zeichnen.
Ein paar Höhenlinien helfen dabei, die wesentlichen Punkte zu finden. Das alles findet natürlich in einem vergrößerten Maßstab statt, mit anschließender Verkleinerung auf der Fotokopiermaschine.
Wie immer kommt ein Beispiel, das sich in der Praxis zugetragen hat, der ganzen Sache am nächsten. Die auf Abbildung 18 gezeigten Detailansichten stammen aus einem sehr guten Plan. Während hier jedoch die Konstruktionslinien millimetergenau sind, kommt bei den Ornamenten der Künstler durch - und der wirft die zweite Ansicht aus seinem Vorstellungsvermögen nur so hin. Dabei kommt der Handwerker etwas zu kurz, für den es wichtig ist, daß zum Beispiel der Arm in beiden Ansichten in der gleichen Höhe liegt. In unserem Beispiel liegt nur die rechte Hand, diktiert von dem vorspringenden Podest, in der gleichen Höhe. Alles andere muß in der zweiten Ansicht zurechtgebogen werden. Daß hier die Seitenansicht (b) der Figur bevorzugt wurde, hat einen praktischen Grund: Würde man die Heckansicht aufs Holz bringen, hätte man beim Sägen eine unmögliche Schnittiefe. Eine weitere Begründung ist eine Regel, die im Abschnitt "Anlagebereich" aufgeführt ist. Natürlich ließe sich die Figur auch holzsparend auf einem wesentlich schmaleren Stück unterbringen, aber damit ginge die hilfreiche Orientierungsmöglichkeit zur Grundlinie "G" verloren.
Auf der Abbildung 18 ist klar zu erkennen, daß die Zierleistenhöhen in beiden Ansichten übereinstimmen, daß der Kopf der Seejungfer jedoch tiefer liegt. Außer der Handfläche der rechten ausgestreckten Hand liegen alle Körperteile der Heckansicht in falscher Höhenposition. Außerdem liegt die linke Schulter viel zu weit im Raum. Die auf Abbildung 18 dargestellte Heckansicht (a) hebt diese Mängel auf. Sie ist das Resultat einfacher konstruktiver Logik. Ob diese "Logik" einiger Korrekturen bedarf, erfährt man erst in der Endphase des Schnitzvorganges. Trotz größter Sorgfalt schleicht sich gerade bei solchen schief im Raum liegenden Gestalten oft eine Ähnlichkeit mit dem Glöckner von Notre-Dame ein. Man sollte sich in einem solchen Falle damit trösten, daß auch mancher große Künstler sein Werk zerschlagen und von vorne angefangen hat.
Ehe man jetzt das auf der Fotokopiereinrichtung entsprechend verkleinerte Bild endgültig aufs Holz aufbringt, macht man hier wie beim Reliefschnitzen eine letzte Kontrolle, indem man eine Kopie ausschneidet und am Schiff probiert. Wenn sich dabei herausstellt, daß das Bild insgesamt zu groß oder zu klein ist, ist der Korrekturaufwand nahe Null. Wenn aber die Körperhaltung von Mensch oder Tier nicht den vorhandenen Raumverhältnissen entspricht, geht alles wieder von vorne los. Wo also die Möglichkeit besteht, diese Kontrolle ganz nach vorne zu legen, sollte man das tun.
Übertragen der Vorlage | -.- | |
Das auf die benötigte Größe fotokopierte Bild wird nach der in der "ModellWerft" 09/2003 dargestellte Weise aufgebracht. Dabei muß kleinlaut zugegeben werden, daß wir Modellbauer vom Fortschritt in anderen Hobbybereichen überholt worden sind: Die Seidenmalerinnen nehmen nämlich schon immer, wie vorgeschlagen, eine normale Fotokopie, nur übertragen sie das Bild mit einem auf "Leinen" eingestellten Bügeleisen.
Für unseren Bereich sieht das dann so aus: Die Kopie wird mit der Bildseite auf das Holz gelegt und an zwei Stellen außerhalb des zu übertragenden Bildes mit Ponal festgeheftet, die Holzoberfläche muß dafür eben und glatt sein (600er bis 800er Schmirgelpapier und sehr feine Stahlwolle). Der eigentliche Bügelvorgang erfolgt wie in "Vereinfachtes Gießen von Verzierungsteilen" beschrieben
Span für Span | -.- | |
Beim anschließenden Aussägen erweist sich eine senkrechte Haltung der Laubsäge als eine gute Krücke für den Nichtkünstler. Es genügt nämlich nicht, die Figur nur in der Bildebene schön nach Anzeichnung auszuarbeiten, denn die peripheren Punkte liegen meist nicht in der Bildebene, sondern im Bereich der Rohlingsdicke. Der rechte Arm zum Beispiel hat nichts davon, wenn er in der Bildebene exakt ausgearbeitet ist, denn er liegt nahe der Rückseite. Und nur wenn das Profil durch senkrechten Schnitt nicht nur in der Bildebene, sondern in der ganzen Tiefe stimmt, kommt er dem Arm zugute.
Der Vorgang zur Erreichung eines senkrechten Schnittes läßt sich in zwei Gefühls-
beziehungsweise Finanzstufen einteilen: Stufe 1: Sägen mit der Laubsäge.
Diese von Kindesbeinen an praktizierte Art des Schneidens kostet fast nichts. Wenn auch der bei
uns zu Hause gebräuchliche Spruch "Wat nix kos, dat es och nix" nicht unbedingt zu stimmen
braucht, so ist auch hierbei die Gefahr, daß das Sägeblatt schief läuft, so groß, daß ein bißchen
mehr Abstand vom Strich notwendig wird. Dies wiederum kann sich beim nachfolgenden Schnitzvorgang
nachteilig auswirken. Der Fehler vergrößert sich mit der Dicke des Rohlings.
Zusammengefaßt heißt das: Wenn es sich um ein paar Figürchen handelt, ist dieser Weg durchaus in Ordnung. Hier müssen eben die Seitenflächen mit Kleinstecheisen, Schmirgelholz und Feile rechtwinkelig nachgearbeitet werden. Wenn hingegen die ganze Bordwand nur so von Schnitzereien wimmelt, sollte man schon über den Eintritt in die zweite Stufe nachdenken: 2. Stufe - der Einsatz einer Dekupiersäge mit Lotse zum Sägen von Schnitzrohlingen Feinschnitt- oder Dekupiersäge. Die auf Abbildung B01/C01 gezeigte Galionsgruppe wurde auch mit der Hand gesägt, aber auch hier empfiehlt sich der Schnittiefe wegen die nächste Stufe.
Das leidige Problem mit dem Sägemehl, das sich genau da ablagert, wo man was sehen möchte, wird durch den in Modellwerft 02/96 vorgeschlagenen Aquariumsdurchlüfter gelöst.
Die zweite Ansicht läßt sich meist nicht mehr aufbringen. Nicht nur, weil die Oberfläche schlecht ist, sondern auch weil, die Strecke durch die Formgebung unterschiedlich verlängert ist. Hier muß man mehr schlecht als recht die wesentlichen Punkte, von der Bildfläche ausgehend, mit dem Stechzirkel übertragen, indem man sich an den beim Zeichnen entstandenen Höhenlinien orientiert. Aus diesen Punkten entsteht die zweite Ansicht.
Wenn es sich um eine säulenförmige Plastik (Breite ist gleich annähernd Tiefe) handelt, ist ein Sägeschnitt in der zweiten Ebene möglich. Je nach Form müssen zu einer sicheren Auflage Hilfsstücke stehenbleiben. Wenn dagegen die Breite einer Plastik das Vielfache der Tiefe beträgt ist eine Bearbeitung der zweiten Ebene mit der Laubsäge nicht mehr denkbar.
Als echte Alternative bietet sich die Möglichkeit einer Bearbeitung auf der kleinen Kreissäge. Hier lassen sich, mit dem Grundkörper (G) am Längsanschlag geführt, Orientierungshilfen (auf Abbildung 17/8 mit kleinen Pfeile gekennzeichnet) einsägen. Wenn man sich trotz aller Sorgfalt nach dem Sägevorgang beim Betrachten des Ergebnisses vollkommen mutlos fragt: "Warum ausgerechnet ein Schiff mit geschnitzten Verzierungen, wo es so viele wunderschöne Modelle gibt, die ohne diesen Schnickschnack auskommen", so ist diese Reaktion nicht nur normal, sondern auch positiv. Schlimm wäre nur, wenn man die Scheußlichkeit des Objekts nicht erkennen würde. Nur dieses Erkennen führt zur Verbesserung. übrigens, beim Sägen immer so um 0,2 mm Zugabe lassen, sonst ist die Möglichkeit zur Verbesserung schnell weg. Und immer darauf achten, daß die Grundlinie erhalten bleibt, so lassen sich während des Schnitzens immer wieder Punkte auf der Zeichnung abgreifen und am Objekt kontrollieren. Die aufgebrachten Zeichnungen sind ja schon nach dem ersten Vorschnitzen weg.
Das Wesentliche ist, nicht den Mut zu verlieren: Es sind ja erst zwei Ansichten bearbeitet, und
rein theoretisch ist die Zahl der Ansichten eines Körpers unendlich.
Eine gute Hilfe wäre die Erstellung von ein oder zwei Zeichnungen aus anderen Blickwinkeln.
Für einen Künstler ist das keine Kunst, aber der kommt paradoxerweise mit einer Zeichnung aus. Was dem Nichtprofi jetzt ans Ziel bringt, sind nicht "Tricks", wie mancher Außenstehende vielleicht glauben mag, sondern elende Maloche: schnippeln, vergleichen, schnippeln, vergleichen, einmal von der linken Seite, einmal von der rechten Seite.
Ein Blick auf die paar großen Könner im Modellbaubereich hilft uns normalen Fußgängern nicht weiter, es gibt aber natürlich viel, was sich lernen läßt. Wenn man zum Beispiel einen Hund oder ein Krokodil darstellen will, muß man wissen, wie oft und nach welcher Richtung die Beine eingeknickt sind. Ohne solche Einblicke in die Anatomie der betreffenden Spezies ist auch ein Künstler hilflos. Aber die kann sich jeder verschaffen, und das ist schon viel. So lassen sich zum Beispiel an einer Künstler-Gliederpuppe die Verhältnisse der menschlichen Körperteile zueinander erkennen. Viele gezeichneten oder geschnitzten Figuren sehen nämlich nicht wegen des künstlerischem Unvermögens ihres Schöpfers bei Detaildarstellungen scheußlich aus, sondern nur, weil er diese Verhältnisse nicht berücksichtigt hat.
Am schlimmsten sind die Gesichter. Wenn jemand, aus welchem Grund auch immer, ein möglichst
geistloses Gesicht schnitzen will, bedarf es nicht der geringsten Anstrengung. Doofe Gesichter
schnitzen sich nahezu von selbst, und sie haben fast immer männliche Züge. Aber im Laufe der Zeit
werden sie auch ganz von selbst ausdrucksvoller. Erschwerend bleibt jedoch die Tatsache, daß für
das gesamte Spektrum der möglichen Gesichtsausdrücke meist nur ein paar Millimeter zur Verfügung
stehen. Die hier verwendeten Werkzeuge sind genau die gleichen, die auch für die Reliefschnitzerei
vorgeschlagen wurden.
Vermehrt kommt bei Vollplastiken der Einsatz eines Kleinschleifers mit 0,5er Kugelfrßser hinzu.
Hierbei ist zu sagen, daß es Leute gibt, die wahre Wunderwerke mit diesem Ding zustande bringen.
Für weniger Geübte ist die Spanabnahme an diffizilen Partien meist etwas zu intensiv. Natürlich
gibt es auch Bereiche, die mit dem Stecheisen oder Messer nicht mehr zu erreichen sind, so zum
Beispiel der Rücken der auf Abbildung 16 dargestellten Königin oder
die Kronenhohlräume. Allgemeine Regeln, was wo am besten einzusetzen ist, sollte man hier nicht
aufstellen. Es muß nur festgehalten werden, daß Abweichungen von der festgelegten Form bei
symmetrischen Elementen am meisten ins Auge fallen, sowohl beim Relief als auch bei der
Plastik.
Der Anlagebereich | -.- | |
Bisher wurde nur von der Plastik selbst gesprochen. Daß jedoch die Plastik oder auch das Relief sich irgendwo anschmiegen muß, ist selbstverständlich. Nur daß sie das tun, ist nicht selbstverständlich - sie sind ja nicht aus Gummi. Sich auf die Vorstellung, daß das jeweilige Verzierungselement am Modell gezeichnet ist und somit die richtige Form hat, zu verlassen, ist mehr als geführlich. Ein sicherer Weg ist es, das vorgeschnitzte Element da anzupassen, wo es hingehört. Eine Möglichkeit des Anpassens wurde bereits beim Bau der Galerie ("ModellWerft" 12/95) beschrieben. Eine etwas aufwendigere Art, das jeweilige Schmuckstück zum Anliegen zu bringen, ergibt sich aus dem Umstand, daß der entsprechende Bereich schon fertig lackiert ist und beim Anpassen beschädigt würde.
Der nachfolgend beschriebene Ablauf soll das verhindern:An dieser Stelle noch ein Blick zurück zum Zeichnen der zweiten Ansicht: Es ist kein Fehler, wenn man die hier gewonnenen Kenntnis der genauen Form der Anlagefläche mit in die Ansicht "a" einfließen läßt.
Der zu Anfang angedeutete zweite Grund für die Auswahl der Ansicht "b" ist folgende Regel: Die als erste auszusägende Ansicht ist immer die, die auf der Anlagefläche liegt. Die ausgesägte Profilkante liegt damit senkrecht zu dieser Anlagefläche. So kann die Anlageseite (in diesem Falle der Rücken der Seejungfer) gleichzeitig mit dem Profilieren der zweiten Ansicht angepaßt werden. Dieser Anpaßvorgang ist genauso hoch zu bewerten wie die Formgebung der Plastik selbst. Die feinste Detailarbeit ist nämlich ohne Wirkung, wenn die schöne Maid den Eindruck macht, als wäre sie gerade aus dem Spielwarengeschäft an die Bordwand gehüpft, ohne sich da recht wohl zu fühlen. So sieht man zum Beispiel auf dem Heckausschnitt (Abbildung B08) daß die obere Nixe Arme und Schwanz elegant an die Bord wand anschmiegt, während die Schönheit darunter etwas unbehaglich auf der Kante sitzt und das Bein vorstreckt. Wahrscheinlich wäre dieses Körperteil schon beim ersten Schiffsmanöver abgebrochen, wenn nicht schon vorher der Kapitän den zwar schönen, aber störende Vorsprung heimlich abgehackt hätte.
Ein weiteres Beispiel ist eine stehende Hochfigur von der Projizierung der zweiten Ansicht bis zum Fertigteil.
Bild 24:
2. Ansicht, Projektion |
Bild B25:
Erste Schnitzstufe |
Bild 26:
Geschnitzt und teilvergoldet |
Bild 27:
Geschnitzt und teilvergoldet |
Hier hat es sich erwiesen, daß die Winkeligkeit der Seitenflächen, aus der sich in jeder Ebene die gleiche Profilform ergibt, eher erreicht wird, wenn man vor dem Sägen nicht nur an einigen Punkten bohrt (MODELLWERFT 4/1998), sondern ringsum etwa 0,5 mm von der Kontur entfernt mit möglichst geringem Lochabstand.
Das Gleiche gilt für Bohrungen, die man am besten an Orientierungspunkte legt, zum Beispiel an Achselhöhlen, Bauchnabel oder dorthin, wo die Beine zusammenkommen. Wenn man sich bis zu solchen Stellen vorgeschnitzt hat, ist ja logischerweise jede Orientierung, die von der Zeichnung gegeben war, weg. Durch diese Vorkehrungen sind die Nachzügler-Figuren besser geraten als die auf der Backbordseite.
Wenn man später feststellt, daß eine oder mehrere Bohrungen zu nahe an der Außenkontur gebohrt
waren und eine Bohrung in die Figur eingeschnitten hat, so ist das kein Beinbruch. Die wird dann
einfach mit einem Stäbchen aus dem gleichen Holz geschlossen (Siehe Bild B10 Erste Schnitzstufe).
überstehende Stifte lassen sich problemlos mit einem in die Klein-Schleif-Bohrmaschine
eingespannten Minikreissägeblättchen abschneiden,
Der Palmzweig, den die eine Maid in der Hand hat, läßt sich auch nicht "einfach so" herstellen. Das geht nur auf einem Umweg: Man klebt ein etwa 0,5 mm dickes Holzplättchen mit Ponal auf ein Klötzchen, schnitzt es und läßt es dann in Wasser wieder ab. Eine eventuell notwendige Biegung läßt sich mit Wasser auf einem Lötkolbenschaft erreichen.
Freude am Schnitzen | -.- | |
Die Sonderheit dieses Artikels besteht darin, daß er aus reiner Freude entstand, der gleichen Freude, die sich aus dem Schnitzen des abgelichteten Heckspiegels ergeben hat (Abbildung C02). Während bei den übrigen Beschreibungen zu diesem Thema immer Erfahrungen mitspielen beziehungsweise aufgezeigt wurden, ist bei diesem Artikel - was mich anbetrifft alles Lehrgeld bereits bezahlt. Es ist alles erreicht, was man als Handwerker erreichen kann: Pferde und Löwen sind, obwohl sie Flügel und Schwänze haben, als solche erkennbar, Männlein und Weiblein sind klar zu unterscheiden, und die 1,5 mm hohe Wappeninschrift ist noch lesbar.
Die Schwelle vom Handwerk zur Kunst zu über schreiten, d. h. durch Haltung und Physiognomie Stimmungsbilder zu erzeugen, sollten wir der Kunstwelt überlassen, außerdem macht das ein Schiffsmodell - und davon sprechen wir hier auch nicht viel besser.
Um das leidige Schnitzthema, das trotz aller guten Worte manch einem nicht zur Freude gereicht, endgültig abzuschließen, lassen Sie sich noch diesen Anhang zu obigem Thema gefallen: Die Welt der Schnitzer läßt sich unter anderem in zwei Gruppen einteilen.
Die erste sind die Angehörigen einer kleinen Elite, die eine einmal als gut erkannte Schneidenform des jeweiligen Werkzeuges bei jedem Nachschliff rein manuelle wieder treffen. Die weniger Glöcklichen schaffen das nicht. Das bedeutet erstens, daß die Schnittqualität unterschiedlich wird, und zweitens, daß oft ein Mehrfaches des zur bloßen Schärfung notwendigen Abriebes getätigt wird.
Hier heißt es also, das jeweilige Messer in eine feste wiederholbare Position zum Schleifkörper zu bringen. Der Schleifkürper ist wie beim Handabzug 500-er beziehungsweise 800-er Naßschleifpapier.
Nur wird es hier auf eine 2 mm dicke Plexiglas Scheibe geklebt, und während beim normalen Schleifen mit der Hand das Schleifpapier stillliegt und das Messer bewegt wird, ist es hier das Schleifpapier, was sich bewegt. Für die geringe Spanabnahme, die bei solch kleinen Messern anfällt, ist der auf Abbildung 2 sichtbare manuelle Kurbeltrieb durchaus ausreichend. Die schleifgerechte Position wird durch zwei Schrägstifte erreicht. Der Stift bei Position A ist um 108° zur Scheibenmitte geneigt. Der Winkel ist so gewählt, daß sich die Schneide durch Umstecken von beiden Seiten schleifen läßt. Um es genauer auszudrücken, diese Schräge zum Zentrum hin neigt das Messer in Querrichtung um 15°, und das sowohl nach links aufgesteckt als auch gewendet und nach rechts aufgesteckt. Diesem Winkel ist unter den gegebenen Verhältnissen ein ganz bestimmter Winkel in der Längsrichtung der Schneide zugeordnet. Dieser Spitzen-Winkel muß also ohne Korrekturmöglichkeit hingenommen werden. Daß er aber bei dieser Aufnahme die gewünschte Gradzahl hat (zirka 2 x 9 = 18°) läßt sich nur als Entgegenkommen des Naturgesetzgebers werten (Abbildung C04). Bei der Position B ist die Sache wesentlich einfacher. Dieser Stift ist im Winkel von 120° mit 20-25 mm von einer x-beliebigen Tangentiale in die Grundplatte eingesetzt. Aus dem 120Grad-Winkel ergibt sich bei einem Kleinstechleisen ein Schneidenwinkel von 30° (Abbildung C05).
Herstellen der Schleifeinrichtung | -.- | |
Der Grundkörper ist eine Sperrholzplatte von 120 x 170 mm, die Drehscheibe hat einen
Durchmesser von 115 mm (ein Viertel eines Schleifpapierbogens) und wird von beiden Seiten mit
Schleifpapier beklebt.
1. Seite 500-er,
2. Seite 800-er.
Als Klebemittel ist Tesa-Maskenband 4838 sehr geeignet. Keinesfalls Klebstoffe verwenden, die in
mühevoller Kleinarbeit wieder abgekratzt werden müssen. Das hier eingesetzte Kugellager ist ein
FAG 607 RS (7 x 19 Durchmesser). Mit 2-Komponenten-Kleber in eine 19-er Bohrung eingesetzt,
widersteht es der Belastung durch Drehung und Druck spielend (Abbildung C06). Die Positionsstifte
sind aus 3mm-Messingrohr gefertigt. Sie können rings um den Teller angeordnet werden, sollten aber
mindestens um 90' voneinander entfernt sein.
Adaptieren der Werkzeuge | -.- | |
In den Schaft des Messers muß eine 3-mm-Bohrung eingebracht werden, deren Durchmesser so
ausgelegt ist, daß der Schaft sich so gerade auf dem Röhrchen verschieben läßt. Die Entfernung
dieser Bohrung zur Schneide liegt zwischen 40 und 60 mm, der seitliche Abstand von der Längsachse
zwischen 0 und 10 mm. Dieser seitliche Abstand hat genau wie der Abstand von der Spitze keinen
Einfluß auf den Schneidenwinkel, er bringt lediglich die Schneidfläche in einen anderen Bereich
des Schleifpapiers. Verschiedenste Bohrungsabstände dienen somit der besseren Ausnutzung, wobei
durchaus die Möglichkeit besteht, eine Bohrung links und eine rechts von der Mittelachse zu legen
(Abbildung C07/a).
Was hingegen einiger Sorgfalt bedarf, das ist die Winkeligkeit der Bohrung zur Längs- und zur
Querachse der Schneide (Abbildung C07/b).
übrigens, das Messer besteht aus einer Nadellager-Nadel in einem Messingrohr.
Handhabung | -.- | |
Hier ist es ausnahmsweise mal die Unzulänglichkeit der Anlage, die zu einem guten Arbeitsergebnis führt. Was hier als Unzulänglichkeit bezeichnet wird, ist die für eine Werkzeugmaschine unmögliche Elastizität. Diese läßt folgende Verfahrensweise zu: das jeweilige Messer wird auf den Stift (Bild C08/Position A) aufgesteckt und so weit nach unten geschoben, bis die Spitze die äußere Scheibenkante berührt. Unter leichtem Druck auf die Scheibe wird dann die Schneide etwa 3 mm vom Rand aufgelegt (Bild C08/Position a1). Wenn man jetzt die Scheibe losläßt, aktiviert der sanfte Druck von unten die Selbsthemmung des Schaftes auf dem Röhrchen (Bild C08/Position /a2). Je weiter die Schneide zum Zentrum geführt wird, desto spitzer wird der Schneidenwinkel und desto stumpfer der Spitzenwinkel, wobei sich der Druck kontinuierlich erhöht.
Um das Umgekehrte zu erreichen, muß man den Aufnahmestift möglichst nahe an die Scheibe setzen. Zum Schleifen der ersten Seite wird das Messer nach links gelegt und die Kurbel rechts herumgedreht, zum Schleifen der zweiten Seite ist es umgekehrt. Der gleiche Druck, der die Selbsthemmung bewirkt, fungiert gleichzeitig als Schleifdruck. Wenn die Bohrung im Schaft zu groß geraten oder zu groß geworden ist und der Selbsthemmungstrick nicht mehr funktioniert, wird ein Distanzröhrchen über den Schrägstift gesteckt und damit die Höhe bestimmt. In diesem Falle muß der automatische Schleifdruck durch einen manuellen ersetzt werden (Bild C08/Position A).
Alles in allem gilt das Gleiche für das Schleifen der Klein-Stecheisen auf Bild C08/Position b, nur daß es sich hier nur um eine Fläche handelt. Zum Auflegen wird die Schneidkante um 1-2 mm unter der Tischkante angesetzt und daraufgehoben. Die Schneidkante liegt gerade, wenn das Stecheisen in Richtung der Schräge aufgelegt wird. Durch Schwenken nach links und rechts wird die Schneidkante einmal schräg nach links respektive nach rechts. Wenn bei dem jeweiligen Messer die gewünschte Schneidenlage erreicht ist, sollte man den Abstand zur Scheibenkante festhalten und dem Messer zuordnen. So trifft man bei jedem Nachschliff wieder exakt auf die vorherige Schneidfläche.
Bei stark verschlissener Schneide kommt das 500-er und das 800-er Schleifpapier zum Einsatz. Das hierzu notwendige Wenden des Schleiftellers dauert zirka 20 Sekunden. Damit sich die Spannschraube beim Anziehen der Flügelmutter nicht mitdreht, ist sie abgeflacht, während die Kurbel mit einer entsprechenden Formbohrung versehen ist siehe Abbildung 30/Schleifeinrichtung. Damit beide Hände für den gesamten Schleifvorgang zur Verfügung stehen, wird die Grundplatte auf dem Arbeitstisch festgespannt oder geschraubt. Trotz der Versicherung, daß die Handkurbel genügt: Ein mechanisch betriebener Schleifteller wäre schon eine feine Sache. Aber dieser Aufwand sollte auch wieder von der Einsatzhäufigkeit abhängig gemacht werden.