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fib-03-04.htm
12.2004 |
erschienen in MODELLWERFT 02/05
Fertigung eines Ankerstockes
Vorwort
Nach dem Verlassen der Gießerei (MODELLWERFT 11/2004) stoßen wir wieder auf den Zimmermann:
Ein Anker braucht einen Anker-Stock. Ohne ihn würde er wirkungslos auf dem Meeresboden
entlangrutschen. Daß man für den Querbalken Holz verwendet, ist nicht von ungefähr. Dieser Balken
hat nur die Aufgabe, die Ankerhand in Greifposition zu bringen, das Gewicht an dieser Stelle ist
zweitrangig.
Der Ankerstock ist im Sinne der Fertigung ein stinknormales Holzteil, dessen Fertigung weder
besonderer Kenntnisse noch eines besonderen Tricks bedarf Der Grund, warum hier trotzdem ein
detaillierter Ablauf aufgezeigt wird, ist die nachträgliche Erkenntnis, daß die von mir über die
Jahre gebastelten Stöcke alle auf verschiedene Weise gebaut wurden.
Eine schriftliche Niederlegung, auch wenn sie nur der eigenen Lektüre dient, unterliegt einer
Art Zensur, die dann wiederum den (nächsten) Ablauf positiv beeinflußt.
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Operationsfolge |
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- Op. 1: Sägen des Holzrohlings mit der Breite "A", die der Länge des Ankerstocks entspricht,
und der Stärke B/2. Die Länge "L ergibt sich aus der Stückzahl mal (Höhe "H" plus Sägebreite)
plus Zugabe zur Anlage am Anschlag. (Abb. 1)
- Op. 2: Das Sägen der Ankerschaft-Nute er folgt auf Umschlag in die bei Op. 1 gesägte Platte.
Hierbei entspricht die Breite "d" der Stärke des Ankerschafts und die Tiefe "b" der halben Breite
des Schafts im Stockbereich.
- Op.3: Zum Schneiden der Stock hälften "H" stehen drei Möglichkeiten zur Auswahl:
- a) Sägen zwischen Anschlag und Säge. Nur geringe Zugabe für die Länge "L", aber geringe
Maßdifferenzen möglich. (Abb. 2)
- b) Sägen am Queranschlag. Hierbei muß das Maß "L" so viel vergrößert werden, daß beim letzten
Schnitt noch genügend Anlage vorhanden ist. Die Zustellung erfolgt durch Verschieben des
Werkstücks vor Schnittbeginn bis an das Hilfsstück "x", das darin entfernt wird. (Abb. 3).
- c) Das Sägen am Längsanschlag mit Zustellung ist die sauberste Art zu sägen, falls die Säge
mit einer präzisen Zustellungsmöglichkeit ausgerüstet ist (Abb. 4). Andernfalls gibt es da noch
den Trick mit dem Zwischenstück mit der Breite des zu schneidenden Streifens, in diesem Falle Maß
"H".
- Die Alternative für Op. 1-3 (für geringe Stückzahlen): Sägen von Streifen H x B/2
mit der Länge "A". Nut b x d auf Umschlag am Einzelstück sägen mit Hilfe des Queranschlags.
- Op. 4: Sägen der beiden unteren Schrägen des Stocks. Hierzu bedarf es eines
Aufnahmeschlittens. (Abb. 5) Der Ablauf. Seite 1 sägen, wenden, Seite 2 sägen.
- Op. 5: Bohren der Scheinbolzenbohrungen.
- Op. 6: Hälften zusammenleimen.
- Op. 7a: Sägen der seitlichen Schrägen. Erste Seite sägen, schwenken um 180 Grad, zweite
Schräge sägen. (Abb. 6)
- Op. 7b: Dritte Seite sägen, schwenken um 180 Grad, vierte Seite sägen. (Abb. 7). Bei allen
Sägeoperationen wird bei dem Punkt "P" mit einer Dreikantfeile schräg gegen An- und Auflage
gedrückt. Ein 1-mm-Stift fängt den Druck in der Schnittrichtung auf. Als Werkzeug dient ein
Hartmetallsägeblatt 80x1,6x10 mit 24 Zähnen.
- Op. 8: Anlegen der Spannringe. Als Erstes werden Streifen geschnitten. Am besten geeignet ist
Kupferblech von 0,1-0,2 mm Stärke. Es läßt sich gut löten und auch schwärzen. (Schwefelleber 1:
100 in Wasser auflösen und auf 50'C erwärmen. Das Lot sollte sehr sparsam angewandt werden. Wenn
trotzdem eine unschöne Wulst erschienen ist, sollte man einen Mini-Schleifstein benutzen; das
erstarrte Lot ist ziemlich hart. Das Zurechtbiegen geschieht am besten an Ort und Stelle. Wenn
man beim Umbiegen einen geringen Spalt läßt und den Ring dann nicht am "Einsatzort" lötet,
bekommt er an der endgültigen Stelle etwas Spannung. Wie der Ankerstock sich ausmacht, wenn er da
ist, wo er hingehört, sieht man auf dem Foto. Die weit verbreitete Scheu vor dem Hartlöten ist
der Anlaß zu der Löt-Arie im nächsten Abschnitt.
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Abb. 1: der Ankerstock |
Abb 2. Op. 3a
LA = Längsanschalag,
V = Vorschub
Z = Zustellung |
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Abb. 3: Op 3b
LA = Längsanschlag
Q = Queranschlag
x = Hilfsstück
Z = Zustelllung |
Abb 4. Op. 3c
LA = Längsanschalag,
V = Vorschub
Z = Zustellung (präszise) |
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Das Lötsyndrom |
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Syndrom ist ja das Fremdwort für "Krankheit" oder "Störung", deshalb sollte ich hier vielleicht
besser von der Lötsyndrom-Therapie sprechen. Beim Hartlöten ist vor allem der Zeitfaktor zu
berücksichtigen, ebenso die Temperatur (zu erkennen über die Erwärmungsfarbe) und die Lotmenge.
Daraus ergibt sich bei Blechteilen von 0,1 bis 0,5 mm (in unserem Fall Kupfer) folgender
prinzipieller Ablaufauf:
- Erwärmung mit Flußmittelzugabe unter Beobachtung der Glühfarbe. Wenn sie hellrot ist,
Beifügung des Lots bei weiterer Wärmezuführung, bis das Lot fließt. Die Lotmenge wird durch
vorherige Versuche genau festgelegt. Dieser gesamte Ablauf ist je nach Blechstärke eine
Angelegenheit von drei bis acht Sekunden. Wenn diese Zeit wesentlich überschritten wird, ehe der
Lötbereich warm genug ist, ist die Flamme zu klein. Wenn das Lot fließt und der zu verbindende
Bereich nicht warm genug ist, beginnt eine Art Bratvorgang. Das heißt nicht nur so, sondern das
Lot nimmt dann auch eine Form an, die einer Frikadelle sehr ähnlich sieht. Da eine weitere
Wärmezufuhr hier nichts mehr ausrichtet, geht das Teil in das Erfahrungsnirwana (sprich den
Mülleimer) ein. Bei der Entfernung dieser Bratschicht von einem Teil, in dem viel Vorarbeit
steckt, wird oft der Geplagte nur von einem Gedanken beherrscht: "Nie wieder Hartlöten". Damit
niemand an einem solchen Punkt seine teuer erworbene Lötflamme ins Korn wirft, sei anschließend
noch einmal eine Beschreibung der kritischen Phase aufgezeigt.
- Unabhängig davon, ob ein Flußmittel gebraucht wird oder nicht, gibt es zwei
Vorgehensweisen:
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- Das Lotstückchen wird an Ort und Stelle platziert. In diesem Fall muß die Flamme so gehalten
werden, daß, während der gesamte Lötbereich erwärmt wird, das Lot immer im Flammschatten liegt,
bis es letztlich auch glüht und fließt. Das heißt aber auch, daß das Werkstück je nach seiner
Form von unten zugänglich sein muß.
- Zuerst wird der Lötbereich hellrot erwärmt, und dann wird die festgelegte Lotmenge zugegeben.
Der Vorteil hierbei ist, daß das Lotstückchen nicht verrutschen kann und an die richtige Stelle
geführt wird.
Das Problem ist die Tatsache, daß häufig ein diffizil ausgerichtetes Teil durch diese
Lotzuführung aus der Richtung gebracht wird. Hier muß also ein Weg gefunden werden, wie man das
Lot an die richtige Stelle heranführt, ohne das Arrangement zu erschüttern. Das schafft ein
0,3er-weich-geglühter Stahl-Bindedraht (Faden aus einem Bowdenzug). Jetzt braucht man nur noch
das Lotstückchen, das man mit einem Seitenschneider von der Stange abknipst, an einem Drahtende
zu befestigen. Man kann es aber auch bis zur Rotglut erwärmen und mit dem Ende des Drahts
berühren. Sofort kugelt es sich bereitwillig und blitzschnell um das Drahtende. Mit der so
geschaffenen Wünschelrute lässt sich das Lot exakt und erschütterungsfrei an Ort und Stelle
bringen. Dort wird es von der Wärme angezogen und fließt dahin, wo es hingehört.
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Hier noch ein paar Allgemeinheiten: |
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Eine brauchbare Löteinrichtung ist die "Miniflam" von Selva, sie kostet allerdings so viel wie
ein Wochenendausflug. Lot mit Flußmittel haben die auch: 22 € für fünf Stangen, wobei ein
Durchschnitts-Modellbauer mit einer Stange ein Leben lang auskommt. Ein Nur-Kupfer-Lot ohne
Flußmittel (wie ich es verwende) haben die nicht. Da gibt es einmal Instalot 92 der Firma
Cronitex mit 1,5 mm Durchmesser und LCUP6 2x2 mm. Ummantelte Lotstangen sind in unserem Bereich
nur bedingt einsetzbar.
Als Abschlüsse noch ein Vorschlag für eine Vorbereitung oder auch vorbereitende Übung:
Als Übungsobjekte b legt man eine Reihe von auf Abb. 8 dargestellten Sechsen. Wenn man den
Berührungspunkt als Lötpunkt gebraucht, spart man die Ausricht- und Fixierungsarbeit.
Verschiedene Blechstärken (0, 1-0, 5 mm) und Breiten (1-3 mm) geben die Gelegenheit.
Brennergrößen und damit Flammstärken und Lotmengen zu probieren - In jedem Fall sollte man vor
dem wirklichen Lötbeginn mit einer Probesechs gleicher Masse die Spitzengröße und Lotmenge
ermitteln.
Diese paar Zeilen machen aus einem Lötbanausen noch keinen Lötmeister. Das macht die Übung.
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Abb. 5:
Aufnahmeschlitten,
Op, 4 - Sägen der unteren Schrägen (1 und 2).
Links der Säge Einstellung 5 Grad.
AS = Anlagestift,
D = Druckpunkt (manuell),
L = Längsanschlag. |
Abb. 6:
Sägen der seitlichen Schrägen (1 und 2) mit Op. 7 a.
Links der Säge Einstellung auf 4 Grad.
P = Druckpunkt,
AS = Anlagestift,
L = Längsanschlag. |
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Abb. 7:
Sägen der seitlichen Schrägen (3 und 4) mit Op. 7 b.
Rechts der Säge Einstellung auf 8 Grad.
P = Druckpunkt,
AS = Anlagestift,
L = Längsanschlag. |
Abb. 8:
eine Sechs als Übungsobjekt. "L" ist das Lotkörnchen. |
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Und zuletzt... |
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Op. 9: Bolzen eindrücken. Die Herstellung der Bolzen ist in MODELLWERFT 10/98, S.64-65,
beschrieben. Seither hat sich die Fertigung aber wesentlich vereinfacht:
- einen Vierkant ä 1 x 1 mm sägen,
- Kanten brechen;
- rund schleifen auf 1 mm + 0,05 mm Durchmesser mit zusammengefalteten 240er-Schmirgelleinen
und einem Kleinbohr-Schleifmaschinchen, angeschlossen an ein Netzgerät, auf 3 Volt
geschaltet.
- Kopfrundung manuell schleifen auf' 400er-Schleifpapier-,
- etwa 3,5 mm nach vorn spannen, auf 3-Kant-Felle konisch feilen und abbrechen. Das Eindrücken
erfolgt mit einem Stempel mit einer Bohrung in der Tiefe der Kopfhöhe. Ehe man jedoch den Stempel
einsetzt, ist es klug, vorsichtig zu prüfen, ob das Bölzchen nicht zu dünn ist, denn in diesem
Fall ist der Kopf weg und schlecht wieder rauszukriegen.
Günter Bossong