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fib-01-07.htm
07.2004 |
erschienen in MODELLWERFT 2/96 und 4/96
Fenster, Leisten schrägen, Sägemehlbläser
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Vorwort |
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Einstmals alles beherrschende Kraft, antreibend und zerstörend, braucht man den Wind heute nur
noch zur alternativen Energieerzeugung und in ganz kleinen Dosen zum Wegpusten von Sägemehl. Und
das ist unser Thema. Weggepustet werden muß es, weil es beim Laubsägen die Striche verdeckt.
Die natürlichste Methode den benötigten Wind zu erzeugen, ist Blasen mit dem Mund. Wenn jedoch
ein Vergrößerungsglas dazwischen liegt, wird's umständlich, es sei denn, man geht mit einem
Schlauch um das Glas herum. Der Nachteil hierbei ist die niederschlagende Feuchtigkeit der
Atemluft, und überhaupt geht einem die Blaserei mit der Zeit ganz nett auf die Nerven.
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Bild 110: Haltevorrichtung |
Bild 111: Fenster der Luxusklasse" |
Bild 112: Fenstereinbau direkt im Modell |
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Windmaschine, Sägemehlbläser |
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Die im Anschluß vorgeschlagene "Windmschine" ist auch wieder eine zweckentfremdete im Handel
erhältliche Einrichtung. Es ist ein Aquarium-Durchlüfter (Luftfördermenge ca. 2.000 cm'/min) mit
einem Ständer, der die Düse hält. Über die Pumpe selbst gibt es nichts zu sagen. Ein ebenfalls im
Aquariengeschäft erhältliches Stück Schlauch wird auf der einen Seite am Gerät angeschlossen und
auf der anderen mit einer Düse versehen, bestehend aus einem Messingrohr (4 mm Durchmesser und
ca. 100 mm lang), welches vorn leicht flachgedrückt ist. Für größere auszusägende Teile wird das
Rohr entsprechend länger gewählt. Zur Erstellung einer Halteeinrichtung bedarf es keines größeren
Aufwandes (Bild 110). Wer das Loch in der Sägeplatte vermeiden will, stellt ein Gewicht auf die
Halterung. In diesem Falle ist es hilfreich, die Auflagefläche mit Schmirgelpapier zu
bekleben.
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Bild 113: Schablone zum Anfassen |
Bild 114: Gegenschablone (simulierte Fensteröffnung) |
Bild 115: Fensterbögen; Fertigung paarweise |
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Fenster |
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Wind, der im vorherigen Kapitel künstlich "gemacht" wurde, kann andererseits sehr störend
sein: In größeren Mengen auftretend, wirbelt er Hüte vom Kopf und Papier vom Tisch. Im ersten
Falle hilft ein Stück Schnur, für den zweiten wurden die Fenster erfunden. Vom offenen Loch mit
Klappe über Butzenscheiben zum fast makellos geblasenen Flachglas, ist auf Schiffen des Altertums
alles zu finden. Und alles wird in unseren Modellen so getreu wie möglich wiedergegeben.
Auf der Chebec, die vorwiegend Seeräuber und ähnlich rauhe Gesellen beherbergte, sprachen die
verschiedensten Gründe gegen Glasscheiben. Um jedoch der Überschrift "Fenster" gerecht zu werden,
und vor allen Dingen einen größeren Bereich der Fensterfertigung abzudecken, schmuggeln wir ein
paar Fenster von der Luxusklasse ein. Die auf Bild 111 gezeigten Fenster dürften hinsichtlich des
Schwierigkeitsgrades die meisten anderen Formen mit einschließen.
In Abhängigkeit von der Einbausituation ergeben sich zwei Verfahrensweisen:
A) Einbau der Fensterrahmen direkt im Modell,
B) Einbau in ein Element außerhalb des Modells.
Für jeden dieser beiden Fälle geht wie überall bei komplexen Teilen die Erstellung einer etwa
5fach vergrößerten Zeichnung voraus (Bild 112).
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Einbau von Fenstern direkt im Modell |
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Was das Modellbauerleben in dieser Situation so erschwert, ist die Tatsache, daß es kaum
möglich ist, die Einzelelemente des Fensterrahmens da zusammenzupassen und miteinander zu
verbinden, wo sie hingehören, nämlich direkt in der Fensteröffnung des Modells. Das wiederum
erfordert die Simulation der Fensteröffnungen außerhalb des Modells. (Die in MW 12/95
vorgestellte Quartergalerie ist ein Grenzfall, doch auch hier empfiehlt sich der Zusammenbau der
Rahmen in einer simulierten Fensteröffnung.)
Grundsätzlich zergliedert sich die Herstellung in die Arbeit des Zimmermannes und die des
Glasers. Wenn man jedoch die Scheiben nicht einzeln einsetzen will, was bei einem Maßstab um 1:50
auch unüblich wäre, ergibt sich folgender Ablauf:
- Schablonen einpassen
Um Maß- und Formunterschieden der einzelnen Fensteröffnungen gerecht zu werden, muß für jedes
Fenster eine gesonderte Schablone eingepaßt werden. Zur Handhabung wird in der Mitte ein
Griffstück angeklebt (Bild 113).
- Gegenschablone bauen
Nachdem die Schablonen auf einem Brett provisorisch befestigt sind, werden sie mit Leisten, deren
Dicke unter der der Rahmenleisten liegt, eingefaßt (Bild 114). Wenn die Einzelschablone jetzt
entnommen wird, liegt ein maßliches Abbild der Fensteröffnung in gut zugänglicher Arbeitsebene
vor uns.
- Herstellung der Fensterleisten und des Bogens
Wie man die hier notwendigen kleinen Leisten herstellt, ist in MW 1/94 beschrieben. Die noch
fehlende Schräge läßt sich schmirgeln. Etwas über den möglichen Einsatz der Kreissäge ist in Heft
12/95, Bild 102, zu finden. Die Fertigung der Fensterbögen ist auf Bild 115 dargestellt. Die
Leisten werden mit den geschrägten Seiten gegeneinandergeklebt. Dabei wird der Klebstoff so
aufgebracht, daß die Trennflächen freibleiben. Zum Anreißen muß die Schieblehre herhalten. Zur
zusätzlichen Sicherheit beim Bohren kann das Leistenpaar eingespannt werden. Nachdem dann die
beiden Leisten auseinandergebrochen und die Bogenoberkanten bearbeitet sind, wird die Außenform
mit der Schieblehre angerissen. Das mit den Halbbohrungen ist nichts neues. Anders jedoch ist das
mit den beiden nächsten Arbeitsgängen (hoffe ich wenigstens).
- Rahmen einpassen
Nach dem Einpassen und Einlegen des Bogens werden die drei übrigen Leisten nacheinander angepaßt.
Und jetzt kommt's: Der gesamte Abläng- und Anpaßvorgang erfolgt nach der "Analogmethode" (auch
Blindflugmethode genannt) unter Verwendung einer Schieblehre als Analogablänggerät und einem
"Analogwinkler" (siehe Bild 116). Das Wort "analog" wurde gewählt, weil die Spanabnahme nach
Abgreifen bzw. nach Sicht erfolgt, ohne das wirkliche Maß zu kennen. Der eigentliche Prozeß
besteht darin, daß man die Strecke mit der Innenmeßseite der Schieblehre abgreift und dann das
Leistchen an der Tiefenmeßzunge auf einer Hartholzunterlage mit dem Kleinstecheisen absticht
(Bild 117). Die dann meist noch zu erzeugende Schräge wird vorgestochen und auf dem Analogwinkler
nachgearbeitet. Zum Aufbau und zur Funktion ist noch zu sagen, daß ein im Schreibwarengeschäft
erhältlicher Winkelmesser im Zentrum gebohrt ist und einen 0,5er Messingstreifen aufnimmt, der
seinerseits um die Rundungskante gebogen und so mit einem Lederstückchen unterlegt wird, daß er
sich gerade noch der Scalenkante entlang verschieben läßt. Während das abzulängende bzw.
abzuschrägende Leistchen an diesen Streifen angelegt und festgehalten wird, wird die
Materialabtragung durch Auf- und Abbewegung der Platte Teil 4 erreicht (Bild 118). Die
Vorschubbewegung liegt in der Elastizität dieser Platte.
- Einlegen und Kleben des Rahmens
Um zu demonstrieren, wie die eingangs lauthals vorgeschlagene Verwendung einer simulierten
Fensteröffnung schwer ins Wanken geraten ist, muß daran erinnert werden, daß der Rahmen nach dem
Abbinden des Klebstoffs wieder unbeschadet aus der Form raus muß. Selbst bei feinster Dosierung
des Sekundenklebers klappt das nie. Auch Zwei-Komponenten-Kleber spielt meist nicht mit, weil
sich hier ebenfalls die Klebermenge nur schwer dosieren läßt. Versuche mit Kaltleim und Pattex
waren auch nicht zufriedenstellend. Was fehlte, war eine Isolierschicht zwischen Rahmen und Form.
Diesmal kam die Lösung aus der literarischen Ecke: Wenn man in diesem Fall mal annimmt, daß das
"P" in "Pattex" für "Power" bzw. "Festhalten" steht, und man es jetzt durch ein "L" für
"Loslassen" ersetzt, kommt man mit etwas Phantasie zu "Latex", und das ist genau der Stoff, der
weder klebt noch sich kleben läßt. Also bestens geeignet, die Klebebereiche innerhalb der Form
mit einer dünnen Schicht zu bestreichen. Nach einer Stunde können der Rahmen eingelegt und die
Verbindungsstellen mit Sekundenkleber betupft werden. Der Rahmen ist zwar durch die Latexschicht
etwas eingeklemmt, aber mit etwas Vorsicht läßt er sich entnehmen.
- Fensterkreuz einsetzen
Um alle Schwierigkeiten mit einzuschließen, wurde hier ein schrägliegendes Fensterkreuz gewählt.
Damit der Mittelholm parallel zu den Seitenholmen verläuft, ist es notwendig, ein Arischlagstück
zu verwenden, dessen Breite "B" sich aus der Hälfte der Strecke zwischen den Außenholmen,
reduziert um die halbe Strecke "x" ergibt und so als Anschlag für eine dünn angeschliffene Feile
dient (Bild 119 a). Der gerade Bereich der Ausnehmung (Strecke x) bekommt so seine genaue
Position. Die Ecken können dann weggestochen werden. Bei dem jetzt folgenden An- und
Einpaßvorgang hilft kein Bohrwerk der Welt, wie klein und präzise es auch immer sein mag. Das
geht wirklich nur "zu Fuß" und Schritt für Schritt.
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Bild 116: Analog-Winkler |
Bild 117: Analog-Ablängung |
Erster Schritt: analog ablängen mit ca. 0,5 mm Zugabe. Wenn wir als zweiten Schritt die erste
Seite des Mittelholmes in die Ausnahme einpassen, kommt unser AnalogWinkler wieder voll zum
Einsatz. Die erforderlichen Korrekturen der je drei in einem Winkel liegenden Stirnflächen lassen
sich durch Schwenken des Armes Teil 3 genau dosieren, wobei man sich die jeweils letzte Position
merken kann. Das ist auch schon eine gute Ausgangsposition für die zweite Seite, die
grundsätzlich die gleichen Winkel hat. Ohne die Möglichkeit dieser genauen Dosierung beim
Abwinkeln würde das, was die Ausnahme sein sollte, zur Regel: Jedesmal, wenn die drei Winkel der
zweiten Seite passen, ist die Leiste zu kurz geworden.
Der gleiche Vorgang wiederholt sich beim Einsetzen der waagerechten Fenstersprossen. Auch hier
ist die parallele Lage zum unteren Fensterholm nur durch den Einsatz eines Hilfsstückes zu
erreichen (Bild 119 b). Wenn die Leistchen so eingepaßt sind, daß sie gerade nicht herausfallen,
kann mit Sekundenkleber geklebt werden, ohne Auflage. Wenn sie mal nicht halten, versucht man's
mit etwas verdünntem Kaltleim auf einer Glasplatte als Unterlage. Übrigens, da Sekundenkleber in
die feinsten Ritzen läuft, tut es der Klebung keinen Abbruch, wenn man den Jeweils überflüssigen
Klebstoff mit dem Tempotuch abtupft.
Bild 118: Analog-Winkler; Fertigungszeichnung
- Aufkleben der Folie
Zum Aufkleben einer ca. 0,2 mm dicken Folie als Fensterscheibenimitation wird erst die Rückseite
des Rahmens auf einem 220er Schmirgelholz egalisiert. Nachdem Sekundenkleber mit einem
Zahnstocher auf den Rahmen aufgebracht wurde, wird die Klebeseite ein- oder zweimal ganz kurz auf
Papier aufgedrückt. So vermeidet man beim anschließenden Aufkleben auf die Folie, daß
überflüssiger Klebstoff in die Scheibe läuft. Die Folie, die um lästiges Ausrichten zu
verhindern, etwas größer gewählt wurde, kann jetzt abgeschnitten und egalisiert werden.
- Aufkleben des Innenrahmens
Für den Fall, daß die Fenster von innen sichtbar oder von außen durchsichtig sind, muß aus
optischen Gründen ein Innenrahmen aufgesetzt werden. Dieser Innenrahmen kann in der gleichen Form
erstellt werden wie der schon gefertigte vordere Rahmen. Zum Aufkleben bedarf es einer Führung
(Bild 120). Das Aufsetzen des Fensterkreuzes erfolgt optisch. Da der Innenrahmen im äußersten
Fall schwach sichtbar wird, geben wir uns hier mit stumpf angesetzten Fensterleisten zufrieden.
Somit entfällt der Einpaßvorgang in die Ausnehmungen. Endlich mal was einfaches!
- Herstellung der Fenstereinfassung
Das Besondere dieser Einfassung ist der Bogen mit dem gefrästen Profil. Die Fertigung des Bodens
kann nach dem gleichen Prinzip erfolgen, nach dem unter laufender Nr. 3 die Bögen des
Fensterrahmens gefertigt wurden. Das Fräsen des Profils wird - wie eingangs erwähnt - im Anschluß
in einem gesonderten Kapitel behandelt. Wie auf Bild 112 zu erkennen ist, ist die Überdeckung von
Einfassung zu Rahmen so gering, daß sich die beiden Teile gerade mit Kleber verbinden lassen.
Falls man die Fenstereinfassung um die ursprüngliche Schablone baut, besteht die Möglichkeit, den
Fensterrahmen um einige Zehntel in die Einfassung hineinzuschieben und da zu kleben. Zur
Erzeugung der korrespondierenden Schrägen vom Bogen zur Geraden, sei auf Bild 103 im Kapitel über
die Galerie (Heft 12/95)hingewiesen. Gemessen am Original,geschieht im folgenden etwas extrem
Paradoxes. Die wunderbaren klaren Scheiben werden mit "Butzenscheiben" zugeklebt. Doch darüber in
der nächsten Folge mehr.
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Bild 119: Positionieren des Fensterkreuzes |
Bild 120: Fixieren des Innenrahmens |
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Einbau von Fenstern in ein Element außerhalb des Modells (B) |
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Wo sich die Möglichkeit bietet, eine gesamte Fensterfront außerhalb des Modells zu
komplettieren (siehe Bild 128a) und überall dort, wo die Fenster nicht, wie in Bild 112 (MW 2/96)
zu erkennen ist, in das Plankenwerk eingepaßt, sondern auf der Beplankung oder dem Schanzkleid
aufgesetzt sind (siehe Bild 128b), erübrigt sich die Schablonenherstellung. In diesem Fall liegen
die Fenster in Arbeitsposition vor uns. Wenn man sich jetzt entschließt, auf die Ausnehmungen für
das Fensterkreuz zu verzichten und statt dessen die Holme stumpf anzusetzen (je nach Maßstab oder
bei nachfolgendem Anstrich durchaus in Ordnung), ist der wesentlich vereinfachte Ablauf
folgender:
Bild 128: Fenster auf Außenverkleidung aufgesetzt
- Zeichnung aufkleben: Eine hinter der Fensterumrandung oder die Fensterwand geklebte Kopie der
Fensterzeichnung ermöglicht das Einpassen des Fensterrahmens und das Positionieren des
Fensterkreuzes.
- Herstellung der Fensterleisten und des Bogens: (entspricht der Beschreibung unter A/3, Heft
2/96)
- Rahmen einpassen (entspricht der Beschreibung A/4)
- Rahmen einkleben: Hierbei wird in Kauf genommen, daß die Leisten auf der unterlegten
Zeichnungskopie festkleben.
- Fensterkreuz einpassen und kleben: Nach dem Einpassen und Festkleben des Mittelholmes werden
die Querstreben nach der jetzt bekannten Methode eingesetzt. Die Ausrichtung erfolgt optisch nach
dem unterlegten Bild.
- Papier entfernen: Die beim Einkleben der Fensterelemente mit festgeklebte Kopie wird
vorsichtig abgerissen und dann auf einem Schmirgelholz abgeschmirgelt. Dieser Vorgang fällt
sowieso an, da zum Aufkleben der Folie eine ebene Auflage erforderlich ist.
- Aufkleben der Folie: Nur über den direkten Fensterbereich, Außenbereich mit dünn abgeschältem
Holz (0,3-0,5 mm) überkleben (Bild 128 a).
- Aufkleben des Innenrahmens: Hierfür gilt im Prinzip die Beschreibung A/8, nur muß in diesem
Falle die Außenform so ausgelegt werden, daß sie gut in die Ausnehmungen der Bordwand paßt.
Günter Bossong