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Rigg und Segel
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mb-11-05.htm / 03.2011
erschienen in ModelWerft 09/2010

b00k.jpg Die Fortune 612 II

Test- und Tuningbericht von Jürgen Schacht

Die Kyosho Fortune 612 II wurde bereits vorgestellt, in diesem Bericht wollte ich nur über die Tuning-Möglichkeiten berichten, leider hat der Baukasten dann doch einen Strich durch diese Überlegung gemacht, denn dieser Baukasten kann so nicht unkommentiert bleiben.

Das Modell der Fortune 612 II RTR (= ready to run = fertig zum Fahren/Segeln) ist schon einige Zeit auf dem Markt und soll die Käufer/Modellfahrer anlocken, die gerne segeln und dafür keinen Bauaufwand betreiben wollen oder können. Der Kasten enthält den fertigen Rumpf mit allen Lackierungen, Aufklebern, das Schwert mit Ballast, das Ruder, den Bootsständer sowie die 2-Kanal-Fernsteueranlage, sogar die 5-köpfige Besatzung wurde nicht vergessen. Nur Zusammenstecken und schon kann es losgehen. ( Bild 1)

Der erste Schritt ist das Auspacken und ich habe einen guten Eindruck von den Einzelteilen, die Verpackung ist sehr gut, nichts kann auf dem Transport beschädigt werden. Den ersten Schreck bekam ich aber mit einem Blick auf die Bauanleitung, sie ist in Japanisch und Englisch ausgeführt, der zweite Blick brachte Erleichterung, in den Details der Baustufen wird alles auch in Deutsch, Französisch und Spanisch beschrieben ( Bild 2 ). Dieses RTR-Modell wird nach den Baustufen 11 – 17 zusammengesetzt und kann je nach Fingergeschick in 1-2 Stunden ohne Probleme montiert und ins Wasser gesetzt werden. Die Baustufen 2 – 10 werden nicht benötigt. Einziges benötigte Zubehör für Boot und Fernsteuerung sind 12 Akkus oder Batterien der Größe AA.

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Bild 1 - Inhalt des Baukastens Bild 2 - Bauanleitung auch auf Deutsch Bild 3 - das krumme Schwert Bild 4 - fehlende Segelbahnen, die Saling verbiegt das Großsegel

Gut gefallen haben mir einige Tipps am Ende der Bauanleitung, hier bekommt der Segel-Einsteiger, wie der Mast eingestellt werden kann, wie auf den verschiedenen Kursen Segel und Ruder stehen sollten und etliche Hinweise zum sicheren Betrieb des Bootes mit der Fernsteuerung fehlen auch nicht.

Dies ist die Theorie, jetzt geht es ans Praktische, jedes Teil wird genau angesehen, ob es auch OK ist. Der Rumpf gefällt mir sehr, die Form gleicht exakt den großen Vorbildern des America-Cup, das Ruder ist gerade, jetzt noch das Schwert. Leider ist hier in der Herstellung etwas daneben gegangen, das Schwert ist krumm ( Bild 3 ). Auch der vordere Lukendeckel erweckt kein Vertrauen. Da auch er sich verzogen hat, könnte ziemlich leicht Wasser ins Schiff gelangen. Das Rigg ist komplett mit Fock- und Großsegel und den Wanten und Stagen fertig, es ist durch Klebestreifen für den Transport fixiert, nichts baumelt herum. Beide Bäume sind aus ziemlich weichem Plastikmaterial, hier wirkt das Rigg sehr billig gemacht. Jetzt entferne ich die Klebestreifen und leider gibt es jetzt einen Wermutstropfen, auf der einen Seite des Großsegels verschwinden die aufgedruckten Segelbahnen, der Kleber war etwas stärker ( Bild 4 ).

Der Bootsständer wird zusammengesteckt, im Rumpf werden die Klebestreifen der Transportsicherung entfernt, das Schwert kommt in die Kieltasche und wird an Deck verschraubt, das Ruder wird in den Koker geschoben, der Anlenkhebel wird aufgesteckt und mit einer Rändelmutter auf dem Ruderschaft fixiert, alles paßt sehr gut. Jetzt ist das Rigg an der Reihe, die Klebestreifen sind entfernt und der Mast wird in den Mastkoker gesteckt. Dies bedeutet für jeden Modellsegler einen großen Vorteil, der Mast mit allen Wanten steht erst einmal, der Modellsegler kann alles allein erledigen, braucht keine dritte oder gar vierte Hand für die Montage. Die Wanten und Stage werden eingehakt und mit den Wantenspannern erst einmal provisorisch fixiert. Jetzt sieht das Ganze schon aus wie ein richtiges Segelboot. Es folgen sehr fummelige Einstellungsarbeiten bis der Mast ordentlich steht, mit Augenmaß und einer Türkante als exakt senkrechte Hilfslinie ist aber auch diese Arbeit gut zu erledigen. Zu guter Letzt folgt die Fernsteuerung, zuerst erhält der Sender 8 Akkus und dann das Boot seine 4. Der Batteriehalter wird durch Klettband gehalten, es bereitet etwas Mühe, ihn aus dem Rumpf zu bekommen, denn die Montageöffnung ist nicht sehr groß. Akkus rein, den Halter wieder in den Rumpf packen. FERTIG ( Bild 5).

Die Bauanleitung gibt für einen Anfänger auch jetzt sehr gute Informationen: erst die Antenne ausziehen, dann den Sender und danach den Empfänger einschalten!

Wenn genau nach der Bauanleitung gearbeitet wurde, kann jetzt gesegelt werden, die Betätigung des Ruderservos und auch des Segelservos zeigen, das alles funktioniert. Der Mast wird durch Ober- und Unterwanten in Position gehalten, damit sind vielfältige Einstellungsmöglichkeiten gegeben. Aber auch hier gibt es ein wenig Essig in den Wein, ganz ohne Vorkenntnisse der Mechanik und des Segelns ist ein Anfänger schnell am Ende, die Einstellungen müssen in kleinen Schritten erfolgen und durch die automatische Mittelstellung des Segelservos läßt sich nur mit viel Mühe eine ausreichende Funktion herstellen. Dazu sollte der Segler aber über gute Kenntnisse des Segelns im Allgemeinen und über die Trimmung des Riggs verfügen, was aber bei einem Anfänger natürlich noch nicht vorhanden ist. Das Focksegel steht sehr dicht am Mast und kann nur geringfügig nach vorne verstellt werden, damit streift die hintere Segelkante auch nach vielen Änderungsversuchen immer wieder am Mast, hier ist viel Geduld gefragt, der ungeübte Käufers kann hier schon verzweifeln . Wenn alles entsprechend eingestellt ist, geht es an den See. Bei meinem ersten Versuch wehte der Wind sehr schwach, das Boot trieb mehr als daß es segelte. Einige Zeit später gab es gute Segelwetter mit 2 - 3 Windstärken, jetzt sollte die Fortune 612 II ihr Potenzial zeigen. Fernsteuerung an, den Bootsschalter auf ON, das Boot ins Wasser und ab ging die Post. Das Boot segelt gut, wenn der Wind von achtern bis leicht querab kam, hier segelt die Fortune richtig ordentlich. Soll das Boot aber hoch am Wind segeln, dann kippt das Boot auf die Seite, kommt zwar immer wieder hoch, es läßt sich aber kaum noch lenken. Es sind zwei Dinge, die dies bewirken, das Segelservo ist zu schwach, um die Segel gegen den Winddruck zu verstellen und bei starker Schräglage zeigt das kurze Ruder einfach zu wenig Wirkung. Diese Erkenntnisse führen zu den nachstehend beschriebenen Änderungen.

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Bild 5 - Fortune 612 II ist fertig zum Segeln Bild 6 - neuer Mast mit Großbaumbeschlag Bild 7 - die Fortune mit neuem Mast und Ruder Bild 8 - der neue Lukendeckel

Damit die Segel richtig getrimmt werden, können habe ich mit den Originalsegeln, einem neuen Mast, neuen Groß- und Fockbäumen ein neues Rigg gestellt. Der Mast, aus 5mm Kohlefaserrohr, die Bäume für Fock und Groß bestehen aus 4mm Kohlefaserrohr. Der Großbaumbeschlag besteht aus einem passenden Messingrohr, an das zwei Ösen angelötet wurden. Der Lümmelbeschlag ist ein Kugelkopf, an dem sich der Großbaum ohne Probleme drehen kann. Die Schoten werden mit O-Ringen oder Klipsen aus dem Drachenzubehör befestigt ( Bild 6 ). Jetzt läuft die Fock ohne Probleme am Mast vorbei, die Trimmung ist sehr einfach einstellbar. Zusätzlich habe ich ein neues Ruder ( zur Erprobung ganze 5 cm länger als das Original ) erstellt, ein altes Rotorblatt von einem Hubschrauber macht den Bau ziemlich einfach ( Bild 7 ). Das Ruderservo habe ich beibehalten, ein neues 6 Kg - Segelservo reicht aus, die Segel bei jedem Wind zu betätigen. Am Segelverstellarm habe ich noch einen Block befestigt, damit läuft die Schot leichter. Der vordere Deckel wird ersetzt ( Bild 8 ) ein Akku-Pack mit 6 V und 800 mAh machen den Umbau fertig. Zur Sicherheit habe ich die Empfangsantenne nach außen verlegt. Bei etwas schwachem Wind geht es wieder ans Wasser, ich stelle kaum Unterschiede zu vorher fest. Ich muß wohl doch auf mehr Wind warten. Endlich ist wieder richtiges Segelwetter, der Wind bläst in Stärken um 2 - 3 Beaufort, das ist für das Boot der ideale Wind. Auch jetzt zeigt sich, daß sich das Segelboot kaum ausreichend in Bewegung setzt, die Verformung im Großsegel unterbricht die gewünschte Windströmung und bremst dadurch das Boot wieder ab.

Also wieder in die Werkstatt, es entsteht ein komplett neues Rigg, das Fock und das Großsegel haben die gleichen Abmessungen wie das Original. Der Unterschied ist ganz deutlich, diese Segel sind profiliert, damit sollte das Schiffchen merklich besser laufen. Leider ist einige Zeit kein rechtes Segelwetter, mal ist zuviel, mal zu wenig Wind, einige Male legt sich der Wind, wenn ich an den See komme, so langsam werde ich ungeduldig. Der Tag ist gekommen, mit neuem Rigg geht’s an den See der Immenstaader Modellbaufreunde, der Wind ist richtig gut, der Unterschied ist gut zu erkennen, das Boot legt sofort los, die Anströmung am Segel ist gut, das Boot nimmt sehr schnell Fahrt auf. Durch das größere Ruder und das neue Rigg entstand fast ein neues Boot, welches auch noch gut segelt ( Bild 9 ).

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Bild 9 - mit neuem Ruder, Antenne, Lukendeckel - mit Besatzung an Deck - mit neuem Mast - mit neuem Ruder, Antenne, Lukendeckel

Fazit

Das Boot macht mit dem neuen Rigg und Ruder richtig Spaß, es springt sofort auf jeden Windhauch an, liegt wesentlich besser auf dem Ruder und kann auf jedem Kurs stabil gesegelt werden, beim Segeln hoch am Wind geht das Boot richtig los ( Bild 10 ). Das Boot hat das Potential als Regattaboot eingesetzt zu werden, durch seine kleinen Abmessungen ist zudem noch sehr transportfreundlich. Mit ein bißchen mehr Denkarbeit bei der Entwicklung und auch in der Produktion hätte ein gutes Boot mit guten Segeleigenschaften entwickelt werden können. Die mir zur Verfügung gestellte Fortune 612 II RtR ist aus dem Baukasten heraus fast nicht segelbar, ein Anfänger wird das Boot sehr schnell in die berühmte Tonne werfen und ist damit als Modellfahrer und wohl auch als Kunde verloren. Nachstehend einige Änderungswünsche, damit Kunden und auch der Hersteller zufrieden sind.

Änderungswünsche:

Bilder vom Segeln und Änderungen:
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- Original bei schwachem Wind - mit neuem Rigg hoch am Wind - mit neuem Rigg

Jürgen Schacht

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