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Technik
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mb-02-05.htm; 04.2002

Segelherstellung
von Willi Pülmanns

Eines vorweg:
Segel sind so unterschiedlich, wie die Schiffe, die sie fuhren. Es scheint fast, daß es zu jedem Schiffstyp und zu jeder Epoche unterschiedliche Segel gab und zwar nicht nur in Hinblick auf ihren Zuschnitt (das natürlich sowieso) sondern auch Details, wie z.B. die Breite der Kleider, der Verlauf und die Art der Nähte, das Material, die Farbe, die Art und Weise, wie das Liektau angenäht worden ist, seine Stärke usw, usw. Ohne Plan sieht man da ganz schön alt aus und es füllt Bücher, das Thema umfassend zu behandeln. Wenn also hier unter Tips und Tricks trotzdem etwas über die Segelherstellung geschrieben wird, kann es nur sehr allgemein sein, zumal ich bei meinen Recherchen zu dem Thema feststellen mußte, dass ich bestenfalls über ein gefährliches Halbwissen verfüge. Ich beschränke mich daher nur auf die bescheidenen paar Tips zu ihrer Herstellung im Modell.

mb-02-05-b01.gif Nach der Auswahl des Tuches (auch hierzu spare ich mir eine nähere Betrachtung, zu sehr hängt das von den persönlichen Vorlieben, von der Epoche, dem Schiffstyp, seiner Größe, dem Maßstab und der zugedachten Geschwindigkeit ab) hat es sich für mich als günstig heraus gestellt, dass man dieses zunächst komplett mit den Nähten versieht, die die Bahnen der Kleider imitieren sollen.

Dazu muß man natürlich wissen, wie breit waren die Kleider im Original. Da gab es durchaus Unterschiede und die oftmals publizierte, sich durch die durchschnittliche Breite eines Webstuhls ergebende Breite der Kleider von ca. 1m kann nur in Ermangelung von detaillierten Segelplänen als Notbehelf angesehen werden. Auch in welcher Weise genäht wurde, war unterschiedlich. Da gibt es den sog. Z- Stich, den Zick-Zack-Stich und den Reihenstich, um nur einige zu nennen.

Hierzu nur das Folgende: die Stichlänge eher etwas kleiner, als zu grob einstellen und einen Faden verwenden, der farblich keinen zu großen Kontrast zur Segelfarbe bildet. Oft ist es sogar so, dass die Bahnen der Kleider im Original nur gegen das Licht erkennbar sind, oder dadurch, dass der sich bildende Bauch bei Winddruck durch die Nähte eingeschnürt wirkt, aber nicht durch Farbkontraste.

Ab Maßstab 1: 20 empfiehlt es sich, die Kleider nicht nur durch eine einfache bzw. doppelte Naht anzudeuten, sondern hier den Stoff umzuschlagen.

Für kleinere Maßstäbe hier ein Tip, der von Veith Unger aus Chemnitz stammt: An seiner Yacht im Maßstab 1:33 stellte er die Naht nicht durch eine Blindnaht, oder Umschlag dar, sondern indem er einen Faden aus dem Segel entfernte- der Effekt ist verblüffend! (Überhaupt scheinen unsere Mini-Sailors aus der ehemaligen DDR immer gut zu sein, für verblüffende, einfache Lösungen, geboren aus dem Ideenreichtum durch Mangelwirtschaft. Dabei wird bescheiden dann noch die anerkennend vorgestülpte Unterlippe mit dem fast entschuldigenden Satz quittiert: “M’r hotte jo nüschts ünd ‘s gob nüschts zu käüfe.!” )

Anschließend wird das Schnittmuster inklusive der dreifachen Saumbreite als Zugabe aufgezeichnet und zwar so, dass die Ausrichtung der Kleidernähte stimmt. Man sagt, dass die Nähte der Schratsegel nach seinem Achterliek und die der Rahsegel senkrecht zum Kopfliek verlaufen, aber auch das kann nur als Faustregel angesehen werden, Abweichungen sind auch hier möglich (siehe z.B. den Verlauf der Nähte bei einigen Klüversegeln).

Zum Aufzeichnen eignet sich hervorragend ein sog. Phantomstift. Das ist ein Filzstift, dessen Strich sich unter Einwirkung von Feuchtigkeit in Nichts auflöst. Er ist i.d.R. in allen vernünftigen Bastelgeschäften zu bekommen.

mb-02-05-b02.gifAls weiteres hervorragendes Hilfsmittel hat sich der Prittstift erwiesen. Die Säume der Segel, aber auch die der Dopplungen, Verstärkungen, Reffbänder usw. schlägt man am besten mehrfach um, daher die Zugabe der dreifachen Saumbreite beim Zuschneiden. Jeder Umschlag wird separat gebügelt, weil erst nach dem Bügeln geprüft werden kann, ob man einen geraden Verlauf hinbekommen hat oder nicht. Ist der Saum gelegt und gebügelt kommt der Prittstift zum Einsatz. Mit ihm wird nun der vorläufig ja nur gefaltete Saum geklebt. Keine Bange, der Kleber ist wasserlöslich und meine Erfahrungen haben gezeigt, dass er beim Nähen mit der Maschine nicht an der Nadel kleben bleibt, wodurch das Nähen irgendwann unmöglich würde. Dabei ist es nun überflüssig einen speziellen Saumfuß zu verwenden (da kann nich jeder mit ömm), allerdings empfiehlt sich die Verwendung einer kräftigen (Jeans-) Nadel, da an den Stellen, wo der Saum auf die Dopplungen der Kleider trifft, das Segel zu einem dicken Stoffpacket wird. Die Verwendung des Prittstiftes hat sich besonders bei der beidseitigen Anbringung von Reffbändern bewährt. Ein Reffband (fertig genäht) wird entsprechend seines vorgesehenen Verlaufes aufgeklebt. Von der anderen Seite wird das gleiche gemacht, dessen Verlauf jedoch gegen eine Lichtquelle mit dem des ersten in Übereinstimmung gebracht. Wenn das sehr sorgfältig (!!) erledigt wurde, können beide Reffbänder in einem Vorgang genäht werden, ohne dass zu befürchten wäre, dass bei einem der Bänder die Naht aus diesem heraus verläuft.

Genauso wird mit allen anderen aufzubringenden Segelteilen verfahren.

Das Anbringen des Liektaues ist eine knifflige Angelegenheit, die nur zu Fuß, also manuell zu bewerkstelligen ist. Trotzdem sollte man die Nähmaschine nicht ganz aus den Augen verlieren. Ohne das ein Faden in die Nadel eingelegt ist, kann man mit der Nähmaschine in den Saum eine Reihe Löcher stanzen, deren Abstand zueinander durch die gewählte Stichlänge exakt definiert ist. So ergibt sich bei der anschließenden Näherei per Hand ein sehr gleichmäßiges und sauberes Bild.

Übrigens war ich bis vor kurzem dem Irrtum aufgesessen, dass das Liektau eine Art Stoßkante, bzw. Reibungsschutz für das Segel sein soll. Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Das Liektau hat wohl mehrere Bedeutungen (nur eben nicht diese), die ich noch nicht alle kenne, aber eine ist z.B. die, dass die Zugkräfte beim Steifsetzen des Luvlieks (bei Rahsegeln) aufgenommen werden sollen.

Diese Tatsache (dass es sich nicht um ein Schutztau vor Reibung handelt) hat Konsequenzen. Wäre das nämlich der Fall, würde sich eine oftmals beschriebene Art, das Liektau anzunähen verbieten: die, wo der Faden um das Liek herumgeführt wird und der Faden sich dabei in die Keepen zwischen den Kardeelen legt (wie beim wurmen), die wäre dann natürlich unsinnig. Sinn würde dann nur machen, wenn der Faden durch das Liektau hindurch führen würde, wie das z.B. in der Segelmacherei der Bataviawerft praktiziert wird. Das ist aber nicht immer so.


Also dann: viel Erfolg!
Euer Willi Pülmanns


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